US-Präsident Donald Trump darf mutmaßliche ausländische Kartellmitglieder auf Grundlage eines umstrittenen Kriegsgesetzes aus dem 18. Jahrhundert wieder abschieben. Das entschied das Oberste Gericht der USA. Die Kläger seien in Texas inhaftiert gewesen und hätten deshalb dort und nicht in der Hauptstadt Washington DC klagen sollen, urteilten die Richter.
Der Supreme Court kippte damit eine Entscheidung des Richters James E. Boasberg, der in dem «Alien Enemies Act» von 1798 keine ausreichende rechtliche Grundlage für die Abschiebungen gesehen und angeordnet hatte, sie zu stoppen. (Mehr über Trumps Taktik gegen die Justiz lesen Sie hier. )
Die »Washington Post« schrieb , das Urteil mit 5 zu 4 Stimmen sei nicht auf die rechtliche Grundlage der Klage eingegangen. Es lasse die Möglichkeit offen, dass die Migranten ihren Fall in Texas erneut einreichen können.
Drei der vier Gegenstimmen fielen auf die demokratisch tendierenden Mitglieder. Doch auch die konservative und von Trump ernannte Richterin Amy Coney Barret stellte sich zumindest teilweise gegen die Entscheidung der konservativen Mehrheit.
Das Gericht stellte allerdings auch klar, dass die US-Behörden mögliche Abschiebekandidaten im Vorfeld informieren müssen. Das soll diesen genug Zeit geben, mögliche rechtliche Schritte einzuleiten. Eine der Befürchtungen von Anwälten ist nämlich, dass die Trump-Regierung mit überstürzten Abschiebungen Fakten schaffen könnte – selbst wenn möglicherweise Fehler passiert sein könnten.
Richter Brett Kavanaugh betonte in seiner Begründung, dass sich die Richter einig gewesen seien, dass die Migranten eine gerichtliche Überprüfung erhalten sollten. Sie seien aber geteilter Meinung darüber, wo der Fall verhandelt werden sollte. Hintergrund ist die Abschiebung von mehr als 200 Venezolanern nach El Salvador im März.
Die Trump-Regierung feierte das Urteil. Präsident Trump schrieb auf seiner Plattform Truth Social in Großbuchstaben: »EIN GROSSER TAG FÜR DIE GERECHTIGKEIT IN AMERIKA!« Der Oberste Gerichtshof habe die Rechtsstaatlichkeit gestärkt, indem er dem Präsidenten ermöglicht habe, die Grenzen zu sichern und das Land zu schützen.
Heimatschutzministerin Kristi Noem jubelte, »ein aktivistischer Richter« könne den Willen des amerikanischen Volkes für ein sicheres Land nicht aufhalten. Vize-Präsident J.D. Vance schrieb, das Urteil zeige, dass ein äußerst linksgerichteter Richter in Washington nicht die Einwanderungsgesetze von Präsident Trump aufheben könne. »Das ist eine große Niederlage für die Irren und ein großer Sieg für das amerikanische Volk.«
Tren de Aragua zur Terrororganisation erklärt
Die US-Regierung gab damals an, dass es sich bei den Abgeschobenen um Mitglieder der kriminellen Organisation Tren de Aragua handele. Die venezolanische Regierung wies das zurück. Der Tren de Aragua ist eine venezolanische Bande, die in Drogenhandel, Schutzgelderpressung und Menschenhandel verwickelt ist.
Trump erklärte die Gang zu einer ausländischen Terrororganisation. Er argumentiert, dass Tren de Aragua »feindliche Handlungen» und «irreguläre Kriegsführung» gegen das US-Territorium ausübe – und erhebt den Vorwurf, die Bande folge dabei auch Anweisungen der Regierung von Venezuelas autoritärem Präsidenten Nicolás Maduro. Trump treibt seit seinem Amtsantritt einen harten Kurs in der Migrationspolitik voran. (Mehr zu den Abschiebungen in El Salvadors gefürchtetes Gefängnis lesen Sie hier. )
Zur Rechtfertigung der Abschiebung nach El Salvador beruft sich die Trump-Regierung hauptsächlich auf ein umstrittenes und kaum genutztes Gesetz aus dem Jahr 1798: Der «Alien Enemies Act» (Gesetz über ausländische Feinde) erlaubt es dem Präsidenten, Menschen in Kriegszeiten oder bei einer Invasion aus »feindlichen Nationen« ohne reguläres Verfahren inhaftieren und abschieben zu lassen. Das Gesetz wurde etwa während des Ersten und des Zweiten Weltkriegs angewandt, etwa zur Internierung von Deutschen oder Japanern.
Im Raum stand nun die Frage, ob dieses Gesetz außerhalb eines erklärten Krieges oder gegen andere Parteien als eine Nation angewendet werden kann. Trumps Regierung wandte sich nach der Niederlage vor einem Gericht in der US-Hauptstadt Washington an den Supreme Court. Sie argumentierte unter anderem, dass die Entscheidung dieses Gerichts die Fähigkeit der US-Regierung, Außenpolitik zu betreiben, gefährde. Außerdem werde dadurch die Abschiebung gefährlicher Gangmitglieder verhindert.
Aufschub im Fall von fälschlicher Abschiebung
In einem weiteren Fall entschied das Gericht ebenfalls zu Gunsten Trumps. Im Streit über die versehentliche Abschiebung eines Mannes nach El Salvador hat der Oberste Gerichtshof der US-Regierung kurz vor Auslaufen einer Frist zur Rückholung des Migranten eine Atempause verschafft.
Die Regierung hatte sich mit einem Eilantrag gegen den Entscheid einer Bundesrichterin im Bundesstaat Maryland gewandt, die angeordnet hatte, dass Kilmar Abrego Garcia, der aus El Salvador stammt, bis spätestens Montag Mitternacht (Ortszeit) in die USA zurückgebracht werden müsse. Diese Frist ist nun hinfällig.
Der Vorsitzende Richter des Supreme Courts, John Roberts, sagte zu dem Eilantrag, dass sich der Gerichtshof mit dem Fall nun noch einmal ausführlicher beschäftigen werde. Beide Seiten hätten damit mehr Zeit, ihre Argumente vorzulegen, berichtete der Sender ABC. Die »Washington Post« zitierte den Anwalt des Mannes mit den Worten, dies sei nur ein vorübergehender administrativer Aufschub.
Das Justizministerium hatte in dem Eilantrag an die Obersten Richter argumentiert, dass die Richterin ihre Befugnisse überschritten habe, als sie die Rückführung in die Vereinigten Staaten angeordnet hatte, berichteten »Washington Post« und ABC. Abrego Garcia befinde sich nicht mehr in Gewahrsam der USA, und Washington habe keine Möglichkeit, ihn zurückzuholen.
Die Trump-Regierung hat zwar in dem Fall einen «administrativen Fehler» eingeräumt – hält aber an dem Vorwurf fest, Garcia sei Mitglied der Bande MS-13.