
Nothing Phone (3): Oberflächlich transparentes Design
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGELDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Vielleicht ist es besser, wir klären das gleich: Ja, die Firma heißt wirklich Nothing. Und ja, die benennen ihre Produkte immer mit simplen Namen, die auf die Funktion hinweisen: Phone für Smartphones, Ear für In-Ear-Headsets, Headphone für Over-Ear-Kopfhörer, Power für Ladegeräte. In Klammern folgt dann die Versionsnummer oder Funktionsbezeichnungen wie etwa »(c-c)« für ein Kabel von USB-C auf USB-C.
Dieser Logik folgend heißt das neue Modell schlicht Phone (3). Logisch nachvollziehbar ist die Namensgebung trotzdem nicht. Das Phone (3) ist Nothings erstes Smartphone mit einem Oberklasse-Preis, folgt aber auf das Phone (3a) Pro. Das ist trotz seiner »Pro«-Bezeichnung nur etwa halb so teuer und kann entsprechend weniger.
Ein einzigartiger Look
So wie bei früheren Nothing-Smartphones ist es nicht die Leistung, sondern das Design, das das Phone (3) einzigartig macht. In der Masse der Android-Handys fällt es schwer, aufzufallen. Alle sind rechteckig, auf der Rückseite geschlossen und meist Schwarz, weil sich so viele Menschen für diese Nicht-Farbe begeistern können. Für Designer besteht die einzige Möglichkeit, ein Smartphone erkennbar zu machen, oft darin, die Anordnung der Kameras zu variieren – wenn die Ingenieure das erlauben. Anwenderinnen und Anwender greifen zu Hüllen, um ihr Handy optisch hervorzuheben. Der Marke nützt das nichts.
Nothing ist da anders. Insbesondere, wenn man sich für die weiße Variante des Phone (3) entscheidet. Unter dem transparenten Rückglas sieht man eine dreigeteilte Anordnung von Bauteilen. Sie soll die darunter verlaufenden Verbindungskabel repräsentieren – zumindest ungefähr. Die Kameras im oberen Teil sind so wirr zueinander positioniert, dass der Gedanke naheliegt, dass hier die Ingenieure Vorgaben gemacht haben, wo die Linsen zu liegen haben. Einzigartig ist das, aber nicht notwendigerweise schön.


Nothing OS 3.5: Links monochrom, rechts mit Farben
Schön ist hingegen, dass Nothing seine Designsprache bis ins Betriebssystem fortsetzt. Dem zugrunde liegenden Android 15 hat die Firma seine eigene Benutzeroberfläche Nothing OS in der Version 3.5 übergezogen. Die ist sehr charmant, kann etwa in eine komplett monochrome Optik umgeschaltet werden. Das sieht cool aus, reduziert Ablenkungen, macht es aber auch schwer, Apps anhand ihrer Icons zu erkennen. Für einige Funktionen, etwa die Bildergalerie, das Wetter und anderes, hat Nothing eigene Apps im Nothing-Look entwickelt. Grafisch ist das sehr überzeugend. Dazu trägt auch der hochauflösende Bildschirm bei, der sehr hell und kontrastreich ist.
Was ist eine Glyph-Matrix?
Zumindest gewöhnungsbedürftig und für langjährige Nothing-Fans möglicherweise eine Enttäuschung ist das Fehlen eines Glyph-Interface. So hat Nothing bei seinen ersten Smartphones auf der Rückseite angeordnete LEDs genannt, die etwa auf neue Nachrichten hinweisen konnten. Ich kenne Nothing-Nutzer, die tagelang damit herumgespielt haben, eigene Leuchtsignale für dieses System zu basteln und auswendig zu lernen.

Glyph-Matrix (rechts oben): Die Anzeige der verbleibenden Akkukapazität ist noch vergleichsweise sinnvoll
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGELStattdessen steckt in der Rückseite des Phone (3) jetzt etwas, das die Firma als Glyph-Matrix bezeichnet. Im Grunde ein extrem niedrig auflösender Monochrom-Bildschirm mit nur 489 groben Pixeln. Die verschiedenen Funktionen dieser Matrix ruft man über eine in der Rückseite versteckte Taste auf. Welche Funktionen man aufrufen kann, lässt sich in den Einstellungen des Handys festlegen.
Zur Verfügung stehen etwa eine Uhr und eine Stoppuhr, eine rudimentäre Wasserwaage und – das hat Nothing-CEO Car Pei bei der Präsentation betont – das Spiel »Flaschendrehen«, falls man dafür Verwendung haben sollte. Das Symbol einer Flasche dreht sich dabei auf der Glyph-Matrix und stoppt nach ein paar Runden. Dies kann man etwa bei Spieleabenden nutzen, wenn man entscheiden will, wer als Nächstes dran ist, wer eine Frage beantworten oder die Rechnung bezahlen soll.
Man kann die Glyph-Matrix auch als Selfie-Bildschirm nutzen, wenn man sich mit den Hauptkameras fotografiert. Wegen der geringen Auflösung ist das allerdings nur begrenzt nützlich. Das dort gezeigte Bild ist so grob, dass es bestenfalls hilft, zu erkennen, ob man im Bild ist. Mindestens ebenso ungewöhnlich, aber nützlicher, ist die rote LED neben der Kamera. Man könnte sie für ein Designelement halten, doch sie fängt an zu blinken, sobald man ein Video dreht. Achtung, Kamera läuft!

Aufnahme läuft! Bei Videoaufzeichnungen blinkt die rote LED
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGEL50 Megapixel für alle
Wirklich lohnenswert wäre es ohnehin nur selten, die Glyph-Matrix als Selfie-Spiegel zu verwenden. Denn alle Kameras im Phone (3) haben dieselbe 50-Megapixel-Auflösung. So entspricht die Frontkamera bis auf ihren Blickwinkel der Ultraweitwinkelkamera im Rücken. Einzig die Hauptkamera kann dank eines größeren Sensors etwas bessere Aufnahmen bei wenig Licht machen.
Ohnehin bekommen die vier Kameras überwiegend gute bis sehr gute Aufnahmen hin (siehe Fotostrecke). Die Hauptkamera liefert auch bei Dunkelheit und mit mehreren Sekunden Belichtungszeit meist gut brauchbare Fotos. Die Ultraweitwinkelkamera neigt erfreulich wenig zu optischen Verzerrungen an den Bildrändern. Gut ist die Telekamera gelungen, die Nothing wegen der Bauweise als Periskop bezeichnet. Weil sie auch für Makrofotos verwendet wird, muss man für extreme Nahaufnahmen nicht extrem nah ans Motiv heran. So lässt sich vermeiden, dass man das Motiv mit den Händen verschattet oder – das gilt etwa für Insekten – verjagt.
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGEL
Nicht schnell, aber lange
Ein Punkt, der das Phone (3) etwa von Samsungs Galaxy S25 unterscheidet, ist die Leistung. Nothing verwendet Qualcomms Snapdragon 8S Gen4. Das ist beileibe kein schlechter Chip, aber weit vom Snapdragon 8 Elite entfernt, den Samsung einbaut. Aktuell macht das keinen großen Unterschied, schon der 8S Gen4 lässt das Phone (3) schnell reagieren, Apps schnell laden und so weiter. Aber Nothing verspricht, fünf Jahre lang Android-Updates und sieben Jahre lang Sicherheits-Updates zu liefern. Das ist absolut löblich und wird die Lebensdauer des Phone (3) potenziell bis in die 2030er-Jahre ausweiten. Der Chip könnte es mit dem dann hoffentlich verfügbaren Android 20 dann aber schwer haben.
Lässig ist dagegen die Akkulaufzeit. Nothing baut einen vergleichsweise großen Stromspeicher ein, dessen Kapazität durch Verwendung von Siliziumkohlenstoff-Anoden laut Hersteller zehn Prozent höher ist als bei Akkus mit Grafit-Anoden. Im Test hatte ich damit keine Probleme, das Phone (3) bis zu eineinhalb Tage ohne Aufladen zu nutzen. Mit einer Ladeleistung von bis zu 65 Watt lässt es sich dann auch in weniger als einer Stunde wieder aufladen. Kabelloses Laden dauert länger, weil das Nothing auf diesem Weg maximal 15 Watt entgegennimmt.

Das Design des Phone (3): Unverkennbar
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGELFazit
Keine Frage, das Phone (3) ist ein Flaggschiff-Smartphone. Aber nur in Nothings-Smartphoneflotte. Verglichen mit den Top-Smartphones der Konkurrenz fehlt es ihm an Leistung. Außerdem wäre ein moderneres System für das kabellose Aufladen schön gewesen. Diese Einschränkungen gleicht Nothing mit einem unverkennbaren Design aus, das sich bis in das Betriebssystem fortsetzt, mit einer überzeugenden Akkulaufzeit und einem lange andauernden Update-Versprechen.
👍 Design 👍 Ausdauer 👍 Update-Versprechen | 👎 Maßvoll nützliche Glyph-Matrix |
Bleibt die Frage, ob das ausreicht, denn noch fehlt es Nothing an Bekanntheit und damit dem Rückhalt einer großen Marke. Angesichts dessen ist der Preis von 799 Euro für die Basisversion mit 512 GB Speicher etwas hochgegriffen. Der Preisverfall hat Samsungs Galaxy S25 in vergleichbarer Ausstattung schon deutlich günstiger gemacht und selbst Apples iPhone 16e bekommt man billiger. Aber die haben keine Matrix zum Flaschendrehen.