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Ausgerechnet Alaska
Die Terminkalender für das politische Berlin sind so gut wie leer, doch der Wunsch, der sich hinter dieser Leere ausdrücken mag, dass die Politik jetzt im August ruhen dürfe, dieser Wunsch erfüllt sich nicht. Es gibt ja noch das Ausland, und das ist in heutiger Zeit kein Ausland mehr, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass das, was dort passierte, weit weg und nur lose verbunden sei mit der Berliner Regierungspolitik.

Präsidenten Trump und Putin 2018 in Helsinki: Europäer außen vor
Foto: Pablo Martinez Monsivais / picture alliance / APSchalten wir also zuerst nach Alaska.
Dort wollen sich US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin treffen. Das Treffen wird die Nachrichtenlage der Woche bestimmen, obwohl und auch weil es erst am Ende dieser Woche stattfinden wird, und zwar am Freitag (mehr dazu hier ).
Warum Alaska?
Gegen Putin läuft ein internationaler Haftbefehl, den etliche Länder im Fall eines Besuchs vollstrecken müssten. Da Alaska aber als 49. Bundesstaat zu den USA gehört, wird sich Gastgeber Trump daran nicht gebunden fühlen.
Man kann nur hoffen, dass die Ortswahl nicht als Menetekel zu verstehen ist. Alaska ist nämlich als Teil der USA das Ergebnis eines Geschacheres im 19. Jahrhundert. Um die Staatskasse nach dem verlorenen Krimkrieg wieder zu sanieren, verkaufte Russland das schwierig zu bewirtschaftende Alaska an die USA.
Krimkrieg? Verkauf? Das sind alles besorgniserregende Schlüsselbegriffe: Wird der selbst ernannte Dealmaker Trump leichtfertig und um eines wackeligen Friedens willen am Freitag Bedingungen von Putin akzeptieren, die für die Ukraine nicht zu akzeptieren sind? Werden Trump und Putin der Ukraine also abverlangen, dass sie Gebiete hergibt, die sie nicht hergeben kann, jedenfalls nicht ohne Putin dabei das gefährliche Gefühl zu vermitteln, dass Angriffskriege sich lohnen? (Hier erfahren Sie mehr darüber, was Alaska als Ort des Treffens so problematisch macht.)
Besorgen muss auch, dass sich die Europäer bisher kaum eingebunden fühlen in die Vorbereitung des Treffens, und Putin sich wohl kaum darauf einlassen wird, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu dem Gipfel dazukommt.
Die Ukraine und mit ihr die Europäer brauchen ein Abkommen, das Putin abschreckt, einen Krieg in ein paar Jahren zu wiederholen. Denn Putins Waffenkammern füllen sich, die Rüstung läuft auf Hochtouren, Russland wird immer gefährlicher.
Mehr Hintergründe: Europas Angst vor Trumps Alleingang
Merz zu Unrecht in der Kritik
Schalten wir nun um nach Israel und von da aus schnell nach Berlin. Als Israels Premier Benjamin Netanyahu am Freitagmorgen verkündete, dass das Militär die Stadt Gaza einnehmen soll, tat der deutsche Kanzler Friedrich Merz (CDU), was er lange Zeit nicht tun wollte: Er verkündete, dass vorerst keine Ausfuhren von Rüstungsgütern genehmigt würden, die im Gazakrieg verwendet werden könnten (hier mehr Hintergründe dazu). Seither hat er Ärger mit der CSU, aber auch mit Teilen der CDU. Deutschlands Solidarität mit Israel sei in Gefahr, heißt es von dort.

Merz und Netanyahu 2024 in Jerusalem: Hat der Kanzler einen Fehler gemacht?
Foto: Kobi Gideon / GPO / dpaHat der Kanzler einen Fehler gemacht?
Ja und Nein.
Er hat insofern einen Fehler gemacht, als er seinen Schritt offenbar zu wenig mit seinen Parteigängern abgestimmt hat. Da muss er wirklich aufpassen. Der Streit über die Verfassungsrichterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf, der von der Union ausgegangen war, hat gezeigt, dass CDU/CSU zum Aufruhr bereit sind. Der Kanzler sollte seine Leute mit Alleingängen nicht zu sehr reizen.
In der Sache aber ist Merz nichts vorzuwerfen. Entscheidend ist, dass er die grundsätzliche Solidarität mit Israel nicht aus dem Blick verliert. Dass ihm diese Solidarität wichtig ist, betonte er zuletzt gestern in einem Interview mit den »Tagesthemen«, für das er seinen Urlaub unterbrach (mehr dazu hier).
Dass der Kanzler versucht, der Regierung Netanyahu Grenzen aufzuzeigen, ist angesichts der Lage in Gaza nötig.
Was Merz hier tut, geht nämlich durchaus: Für Israel einzustehen und zugleich Netanyahu zu kritisieren.
Denn zum Gesamtbild in Israel gehört dazu, dass am Wochenende in Tel Aviv und anderen Städten Zehntausende gegen Netanyahus geplante Eroberung der Stadt Gaza protestierten und von ihrem Premier einen Deal zur Freilassung der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln forderten (hier mehr dazu). Diese Menschen werden sich über Merz bestimmt nicht aufregen.
Mehr Hintergründe zu Merz’ Umgang mit Israel: Versuch der Schadensbegrenzung
Der Kampf der Katja Wolf
In Thüringen beginnen heute die sogenannten Chefgespräche der dortigen Finanzministerin Katja Wolf mit den anderen Ministern. Sie sind Teil der Verhandlungen für den Doppelhaushalt 2026/2027.

BSW-Politikerinnen Wolf, Wagenknecht: Die eigentliche Sorge
Foto: Jacob Schröter / IMAGOThüringen ist ein kompliziert zu regierendes Land, »nirgendwo sind die Rechtsextremen so stark wie hier, nirgendwo so radikal«, schreibt meine Kollegin Linda Tutmann in einem Porträt der BSW-Politikerin Katja Wolf, in dem es um die eigentliche große Sorge geht, die Wolf umtreibt: Ob sie, die als Widersacherin von Parteigründerin Sahra Wagenknecht gilt, den Flirt des BSW mit Rechtsextremen unterbinden kann.
Die ganze Geschichte hier: Wagenknechts Widersacherin
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Verlierer dieser Tage…

US-Demokrat Chuck Schumer vor Epstein-Trump-Plakat im Kapitol: Mehr Spielraum
Foto: Jim Lo Scalzo / EPA…ist Donald Trump. Die Welt und vor allem Europa stehen zwar in seinem Bann, aber weil das so ist, schadet es nicht, immer mal wieder darauf hinzuweisen, wie angeschlagen der US-Präsident in seinem eigenen Land wegen seiner Freundschaft zu dem verstorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein gerade ist.
Man möchte nicht in der Haut derer stecken, die mit Trump über Zölle verhandeln müssen oder die seinen sonstigen Ungezogenheiten ausgesetzt sind, doch erwägen könnten sie, ob sie ihm gegenüber nicht doch mehr Spielraum haben, als sie vielleicht denken.
Mehr Hintergründe: Wie Trumps untoter Freund Epstein den Demokraten nützt
Die jüngsten Meldungen aus der Nacht
Israel tötet palästinensischen Journalisten: Anas al-Sharif hat als einer der wenigen Journalisten aus dem Gazastreifen berichtet, nun hat die israelische Armee ihn getötet und das mit Verbindungen zur Hamas begründet. Journalistenverbände hatten zuvor vor Angriffen auf al-Sharif gewarnt.
Trump droht Obdachlosen mit Vertreibung aus Washington, D.C.: Zuletzt hatte Donald Trump über eine angebliche Kriminalitätswelle in der US-Hauptstadt gewettert. Nun will der Präsident auch gegen Menschen vorgehen, die dort auf der Straße leben. Auslöser war offenbar eine Fahrt zum Golfplatz.
Selenskyj wirft Russland Täuschung der USA vor: Wenige Tage vor dem geplanten Treffen von US-Präsident Trump mit Kremlchef Putin meldet sich der ukrainische Präsident zu Wort – und gibt sich kämpferisch. Die EU warnt: »Europas Kerninteressen stehen auf dem Spiel.«
Heute bei SPIEGEL Extra: »Unser Beruf formt uns auch dort, wo wir es nicht erwarten«

Charlie Schuck / Getty Images