Trump gibt den Friedensstifter
Und wieder wacht Europa zu einer neuen Lage im Nahen Osten auf. Als Vergeltung für die Bombardierung seiner Atomanlagen griff Iran gestern Abend zunächst die Udeid-Basis in Katar an, den größten US-Militärstützpunkt im Nahen Osten. Der Name der Operation: »Verheißung des Sieges«.

Nachthimmel über Doha nach dem Gegenschlag Irans: »Zeit für Frieden«
Foto: REUTERSWas zunächst nach einer Zuspitzung der Situation aussah, war eher das Gegenteil. Katar war vorgewarnt, die US-Amerikaner offenbar ebenso, die Raketen konnten abgefangen werden. Niemand wurde verletzt. Das vergleichsweise zurückhaltende Vorgehen verstärkte den Eindruck, dass Teheran nicht an einer Eskalation interessiert ist. »Es könnte Irans gesichtswahrende Exitstrategie sein«, schreibt meine Kollegin Dunja Ramadan.
Und tatsächlich bedankte sich Trump bei Iran für die Vorwarnung. In Großbuchstaben schrieb er wenig später: »Gratuliere Welt, es ist Zeit für Frieden.« Der US-Präsident kündigte eine zeitnahe Waffenruhe zwischen Israel und Iran an. Zunächst werde Iran für zwölf Stunden die Waffen schweigen lassen, anschließend Israel. Nach 24 Stunden sei der Krieg dann beendet, schrieb Trump. Er solle als »Zwölftagekrieg« in die Geschichte eingehen (alle Entwicklungen hier im Newsblog).
Nachdem Trump erst in der Nacht zu Sonntag in den Krieg eingestiegen war (mehr dazu hier ), gefällt er sich jetzt wieder in der Rolle des Friedensstifters. An einer weiteren Eskalation hatte auch er erkennbar kein Interesse. Nun muss sein Friedensplan nur noch aufgehen. Es wäre der Welt zu wünschen.
Die Analyse meiner Kollegin Dunja Ramadan finden Sie hier: Teherans Exit-Strategie
Lesen Sie dazu auch den aktuellen SPIEGEL-Leitartikel
Legal, illegal, scheißegal? Die Regierungen von Israel und den USA haben mit dem Angriff auf Iran vermutlich das Völkerrecht gebrochen. Das scheint kaum jemanden zu kümmern, auch den Bundeskanzler nicht – ein gefährlicher Fehler.
Ein Gipfel nur für Trump
Es ist einer der wichtigsten Gipfel in der Geschichte Nato, ein »Schicksalsmoment« für den Fortbestand der Verteidigungsallianz (mehr dazu hier in der Analyse ). Das Bündnis steht unter Druck, von außen, aber auch von innen. Werden die USA ihrer Rolle als Schutzmacht für Europa im Ernstfall noch nachkommen? Oder wenden sie sich von der Allianz ab?

Trump im Oval Office: Gern in königlicher Gesellschaft
Foto: Saul Loeb / AFPDer Gipfel ist allein darauf ausgelegt, dem US-Präsidenten zu gefallen (einen Kommentar zur westlichen Unterwürfigkeit lesen Sie hier ). Da ist das Festessen heute Abend im Schloss Huis ten Bosch in Den Haag. Schließlich ist Donald Trump gern in königlicher Gesellschaft. Da ist die kurze Gipfelsitzung morgen, um der Aufmerksamkeitsspanne des US-Präsidenten gerecht zu werden. Und da ist die nur eine Seite lange Abschlusserklärung, die Trumps wichtigste Forderung enthält: das Bekenntnis der Bündnispartner zum Fünf-Prozent-Ziel (mehr dazu hier ).
Vor seinem Abflug nach Den Haag hält Friedrich Merz heute im Bundestag eine Regierungserklärung. Der Sound dürfte ähnlich sein wie gestern beim Bundesverband der Deutschen Industrie. Dort sprach der Kanzler von der sicherheitspolitischen »Trittbrettfahrerei« der Europäer. Mit der soll nun Schluss sein.
Speziell Deutschland wird auf dem Gipfel als Musterschüler auftreten. Just gestern unterfütterte Finanzminister Lars Klingbeil die deutschen Zusagen mit Zahlen: Schon im Jahr 2029 sollen die Verteidigungsausgaben bei 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen, 152 Milliarden Euro. »Verglichen mit dem heutigen Budget für die Bundeswehr ist das eine Verdreifachung«, betont mein Kollege Matthias Gebauer. »Kein anderer Nato-Partner hat auch nur annähernd einen derart konkreten Plan, die Beschlüsse von Den Haag zu erfüllen.«
Die Deutschen geben sich größte Mühe, es den Amerikanern recht zu machen. Trump soll keinerlei Anlass haben, den Gipfel in einem Eklat enden zu lassen.
Alle Hintergründe zum Gipfel lesen Sie hier: Musterschüler Merz, das Ringen um die 5 Prozent und der Schatten Irans
Klingbeils Schuldenhaushalt
Für Lars Klingbeil ist – ganz unabhängig von der Nato – heute ein wichtiger Tag. Noch keine 50 Tage ist der SPD-Chef Bundesfinanzminister, da beschließt das Kabinett bereits Klingbeils ersten Haushaltsentwurf. »Und der hat es gleich in sich«, schreiben meine Kollegen Christian Reiermann und David Böcking. Denn die schwarz-rote Koalition weitet die Staatsverschuldung damit deutlich aus.

Bundesfinanzminister Klingbeil: Ohne Kanzler-Aufsicht
Foto: Bernd von Jutrczenka / picture alliance / dpaDie Zahlen sind schwindelerregend: In diesem Jahr soll die Schuldenaufnahme des Bundes insgesamt 143,1 Milliarden Euro betragen. Bis 2029 wird sie Jahr für Jahr ansteigen, bis sie schließlich 186 Milliarden Euro erreicht. Das liegt nicht nur an den stark steigenden Verteidigungsausgaben, sondern auch am Sondervermögen für die Infrastruktur, das parallel zum Haushalt beschlossen werden soll (mehr zum Milliardenprogramm lesen Sie hier ).
Das Zahlenwerk stellt Klingbeil heute in einer Pressekonferenz vor. Der Bundesfinanzminister kann sich dabei als Macher präsentieren. Anders als sein Vorgänger Christian Lindner verhandelte er mit den Kabinettskollegen über den Haushalt ohne Unterstützung (sprich: Kontrolle) des Kanzlers.
Auskosten kann Klingbeil den Moment aber wohl nur bedingt: Der SPD-Parteitag Ende der Woche wirft bereits seine Schatten voraus. Und ein Teil der Partei goutiert die üppigen Militärausgaben, die der SPD-Chef in seinem Haushalt berücksichtigt hat, überhaupt nicht.
Die Analyse von Christian Reiermann und David Böcking lesen Sie hier: Von Schulden bis Chefprinzip – sechs Trends in Klingbeils Haushalt
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Der Verlierer des Tages…
…wird um 10 Uhr feststehen. Dann verkündet das Bundesverwaltungsgericht Leipzig sein Urteil zum Verbot des rechtsextremen »Compact«-Magazins. Im vergangenen Sommer hatte die damalige SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser das Verbot ausgesprochen, doch die Richter setzten es bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren aus.

Jürgen Elsässer, Ehefrau Stephanie Elsässer samt Anwalt: Umsturz angestrebt?
Foto: Hendrik Schmidt / dpaJe nachdem, wie die Sache ausgeht, haben entweder Faeser oder »Compact«-Chefredakteur Jürgen Elsässer das Nachsehen. In der Verhandlung versuchten er und seine Frau zu beweisen, dass sie Migranten gar nicht generell ablehnen. Und schon gar keinen Umsturz anstreben, so wie es ihnen das Bundesinnenministerium vorwirft.
Die Frage ist nun, ob die Aussagen von »Compact« noch als zulässige Meinungsäußerung durchgehen oder ob das Gericht zu dem Schluss kommt, dass verfassungswidrige Inhalte prägend sind für die Arbeit des Magazins. Zur Debatte steht auch, ob es zulässig ist, das Medienunternehmen »Compact« nach dem Vereinsrecht zu verbieten, so wie Faeser das getan hat.
Für die rechtsextreme Szene wäre es ein harter Schlag, wenn das Sprachrohr »Compact« am Ende rechtskräftig verboten wäre. Für Faeser wiederum würde eine Niederlage ihr ohnehin überschaubares Vermächtnis beschädigen.
Bericht aus dem Gerichtssaal: Das Gerede vom Systemsturz? Angeblich nur PR
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Oberstes US-Gericht erlaubt Abschiebung in Drittstaaten wie Südsudan: Die USA wollen Migranten in Länder wie Libyen oder Südsudan schicken – ungeachtet ihrer Herkunft. Vor dem Supreme Court bekam die Regierung nun mit 6:3 Stimmen Recht. Eine liberale Richterin kritisierte das scharf.
Mindestens ein Todesopfer nach Unwetter in Berlin: Orkanartige Böen rissen zahlreiche Bäume aus, mehr als 500 Einsätze musste die Berliner Feuerwehr fahren. Drei Menschen wurden schwer verletzt, eine Person starb. Der Bahnverkehr kam zwischenzeitlich zum Erliegen.
NBA-Star Tyrese Haliburton erleidet Achillessehnenriss: Die TV-Bilder ließen nichts Gutes erahnen, nun steht die Diagnose: Tyrese Haliburton hat sich im letzten Finalspiel der NBA-Saison schwer verletzt. Seinen Indiana Pacers wird er lange fehlen.
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Désirée Good / 13PHOTO