Nahost: Hisbollah-Vize rückt laut Bericht von Gazafrieden als Bedingung ab

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Hisbollah-Führer Naim Kassim ist jetzt offenbar für Diplomatie und Waffenstillstandsgespräche mit Israel. Das Ende des Gazakrieges nennt er erstmals nicht als Bedingung.

9. Oktober 2024, 2:53 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, Reuters,

 In Beiruts südlichen Stadtteilen gehen die Angriffe weiter. Hisbollah-Führer sprechen unterdessen mehr über Bemühungen um eine Waffenruhe.
In Beiruts südlichen Stadtteilen gehen die Angriffe weiter. Hisbollah-Führer sprechen unterdessen mehr über Bemühungen um eine Waffenruhe. © Amr Abdallah Dalsh/​Reuters

Nach mehreren Hinweisen, die Hisbollah sei bereit, über eine Waffenruhe mit Israel zu sprechen, haben hochrangige Mitglieder der Hisbollah im Libanon ihre Bedingungen dafür möglicherweise geändert. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters macht die Miliz einen Waffenstillstand mit Israel nicht mehr von einem Ende der Kämpfe im Gazastreifen abhängig. Zwei niederrangige Vertreter der Islamisten hatten bereits in den vergangenen Tagen diese Bedingung fallengelassen. Jetzt sagte auch der stellvertretende Hisbollah-Chef Naim Kassim, man unterstütze politische Bemühungen. Eine formelle Erklärung zu den Bedingungen für eine Waffenruhe gab die vom Iran unterstützte Gruppe jedoch nicht heraus.

"Wir unterstützen die politischen Bemühungen unter der Leitung von (Parlamentspräsident Nabih) Berri, die auf einen Waffenstillstand abzielen. Sobald der Waffenstillstand fest etabliert ist und die Diplomatie ihn erreichen kann, werden alle anderen Details diskutiert und Entscheidungen gemeinsam getroffen", zitierte CNN Kassim. Berri ist selbst Unterstützer der Hisbollah.

USA werten Aufruf als Schwäche

Das US-Außenministerium hatte den Aufruf der Hisbollah-Miliz zu einem Waffenstillstand als Schwäche gewertet. Während eines Briefings sagte Ministeriumssprecher Matthew Miller, die Aussage sei ein Zeichen dafür, dass die Terrorgruppe auf dem Rückzug und "angeschlagen" sei. "Ein Jahr lang rief die Welt zu einem Waffenstillstand auf, die Hisbollah weigerte sich, einem solchen zuzustimmen", sagte Miller. "Und jetzt, da die Hisbollah in die Defensive gerät und geschlagen wird, ändert sie plötzlich ihre Meinung und will einen Waffenstillstand." Die USA setzten weiterhin auf eine diplomatische Lösung für den Konflikt.

Die englische Ausgabe der Jerusalem Post äußerte sich vorsichtiger und schrieb, es sei "nicht klar, ob dies eine Änderung der Haltung signalisierte", nachdem die Gruppe ein Jahr lang erklärt hatte, "sie kämpfe, um sowohl die Hamas als auch das palästinensische Volk in ihrem Krieg mit Israel zu unterstützen, und würde ohne einen Waffenstillstand in Gaza nicht aufhören".

Druck auf Hisbollah wächst

Aus libanesischen Regierungskreisen erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters jedoch nach eigenen Angaben, die Hisbollah habe ihre Haltung angesichts des Drucks geändert, der inzwischen in vielen Formen auf ihr laste. Dazu gehöre auch die Massenflucht von Unterstützern aus dem südlichen Libanon angesichts der israelischen Vorstöße dort. Nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissars Filippo Grandi waren bereits Ende September mindestens 100.000 Menschen ins benachbarte Syrien geflohen. Inzwischen hat Israel die Bodenoffensive auf den Südwesten des Libanon ausgeweitet.

Auch hochrangige libanesische Politiker anderer Bevölkerungsgruppen lehnen es ab, eine Feuerpause mit dem Verlauf des Krieges zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen zu verknüpfen. "Wir werden unser Schicksal nicht an das Schicksal von Gaza binden", sagte am Montag der Drusen-Vertreter Walid Dschumblat.

Der Hamas-Vertreter Sami Abu Suhri sagte zu Reuters jedoch, seine Gruppe vertraue weiter darauf, dass die Hisbollah ihren Kampf bis zu einem Stopp der Kämpfe im Gazastreifen weiterführen werde. Aus Diplomatenkreisen verlautete, die Hisbollah habe möglicherweise zu lange gewartet. Die "vorherrschende Logik" auf israelischer Seite sei inzwischen militärischer, nicht diplomatischer Natur, sagte ein Diplomat mit Sitz im Libanon. 

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