In Thailand eskaliert die Regierungskrise rund um den Grenzkonflikt des südostasiatischen Landes mit Kambodscha – wegen eines umstrittenen Telefonats zwischen Spitzenpolitikern beider Länder.
Thailands Verfassungsgericht suspendierte am Dienstag Ministerpräsidentin Paetongtarn Shinawatra. Der 38-Jährigen werden Unehrlichkeit und Verstöße gegen ethische Standards vorgeworfen. Der Inhalt des politisch brisanten Telefongesprächs war durchgesickert und hatte landesweit Empörung ausgelöst.
Paetongtarn hatte mit Kambodschas Ex-Ministerpräsident Hun Sen über die Entschärfung des Grenzkonflikts gesprochen. Sie soll dabei einen thailändischen Kommandeur kritisiert haben. Das gilt in Thailand, wo das Militär großen Einfluss hat, als inakzeptabel. Auch wird Paetongtarn vorgeworfen, dass sie sich gegenüber Hun Sen unterwürfig verhalten habe.
Die Politikerin hat sich zwar entschuldigt und ihre Äußerungen als Verhandlungstaktik bezeichnet. Dennoch hat eine Partei als Reaktion auf das Telefonat das Regierungsbündnis verlassen und will voraussichtlich bald ein Misstrauensvotum im Parlament stellen. Bis die Entscheidung über das Amtsenthebungsverfahren fällt, bleibt Paetongtarn suspendiert. Ihre Koalition verfügt nur noch über eine hauchdünne Mehrheit. Auch in der Bevölkerung gab es Protest, bei dem der Rücktritt der Regierungschefin gefordert wurde.
Paetongtarn bleibt als Kulturministerin im Kabinett
Der Konflikt über den genauen Grenzverlauf zwischen Thailand und Kambodscha schwelt schon seit der Kolonialzeit. Zuletzt hatte er sich wieder verschärft, als Ende Mai ein kambodschanischer Soldat getötet worden war. Daraufhin hatten beide Länder ihre Militärpräsenz verstärkt.
Während das Verfassungsgericht die Vorwürfe gegen Paetongtarn prüft, übernimmt Vize-Ministerpräsident Suriya Jungrungreangkit vorübergehend die Amtsgeschäfte. Paetongtarn hat 15 Tage Zeit für eine Stellungnahme. Sie bleibt als Kulturministerin im Kabinett.
Paetongtarn ist erst seit zehn Monaten im Amt und hatte als bisher jüngste Regierungschefin Thailands die Nachfolge von Srettha Thavisin angetreten. Diesen hatte das Verfassungsgericht wegen Ethikverstößen entlassen, nachdem er einen Minister ernannt hatte, der einst inhaftiert war.