Nach Karlsruhe-Kandidatur: Brosius-Gersdorf versteigt sich mächtig

vor 2 Tage 3

Die Staatsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf hat ihre Kandidatur für das Bundesverfassungsgericht zurückgezogen. Damit findet ein Schauspiel ein Ende, in dem sie sich wiederfand, seit die Union ihrer Wahl zur Richterin zunächst zustimmte, um sie dann abzulehnen.

Erst bejaht, dann gedrängt zu resignieren, durfte sich die Juristin als Vertreterin eines Rechts auf Abtreibung bis kurz vor dem Kreißsaal absichtsvoll falsch dargestellt und als Gefahr für das Gericht geradezu karikiert sehen. Die Töne, die ihr gegenüber angeschlagen wurden, waren mitunter bösartig.

Schmierenstück mit Plagiatsjäger

Zu dem Schmierenstück trug bei, dass ein Plagiatsjäger Übereinstimmungen ihrer Dissertation mit der Habilitation ihres Ehegatten feststellte. Nachdem die Union damit auf den letzten Drücker ihre späte Ablehnung der Juristin begründete, bestritt der Privatdetektiv, einen Plagiatsverdacht nahegelegt zu haben.

Im Einklang mit volltönend rechtsdrehenden Medien beschwerte er sich stattdessen wochenlang über die Rechtsmeinungen und die Person von Brosius-Gersdorf. Zuletzt fand er zu seinem Gewerbe zurück und vermutete aufgrund von Parallelstellen, der Ehegatte sei „Ghostwriter“ der Dissertation gewesen.

Hält sie ihre Positionen für unangreifbar?

In der Erklärung ihres Rückzugs geht allerdings auch bei Brosius-Gersdorf einiges durcheinander. So findet sie, ihre Nichtwahl aufgrund des Satzes, die Menschenwürdegarantie gelte erst ab Geburt, sanktioniere (lies: bestrafe) die Wissenschaftsfreiheit. Auch wer der Selbsteinschätzung folgt, ihre Position sei durchdacht, wird sie nicht mit dem Attribut „denklogisch“ unangreifbar nennen. Richter sind keine Subsumtionsautomaten, die das Richtige errechnen. „Wer mir nicht folgt, denkt falsch“ wäre überdies auch in Karlsruhe keine Einladung zum Streit der Argumente.

Ähnlich verstiegen ist die Behauptung, Journalisten dieser Zeitung hätten eine ehrabschneidende Kampagne gegen sie geführt. Dass die Juristin es für unstatthaft hält, dass aus anonymen Quellen zitiert wird, ist vom Presserecht nicht gedeckt. Dass sie das, was diese Quellen aus der Union sagten, in einem zweiten Schritt dem Journalisten vorwirft, kommt hinzu.

Wer sich auf seine eigene Rationalität und Wissenschaft so viel zugutehält, sollte selbst in einer schwierigen Situation nicht blind um sich schlagen.

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