Ein Moment der Unaufmerksamkeit kann schon ausreichen, um aus einem entspannten Abend eine Horrornacht zu machen. Mit sogenannten K.O.-Tropfen können Täter ihre Opfer – meistens Frauen – beispielsweise über ihr Getränk betäuben und damit wehrlos machen, etwa für eine Vergewaltigung oder einen Raub.
Das Vorgehen ist perfide, denn die meisten K.O.-Tropfen sind farb- und geruchlos und können schon nach wenigen Stunden nicht mehr nachgewiesen werden.
Trotzdem wird der Einsatz von K.O.-Tropfen bislang weniger hart bestraft, als wenn der Täter für den Raub oder die sexuelle Nötigung einen Holzknüppel, Seile oder gar einen Schlüsselbund zum Zuschlagen benutzt. Geht es nach einer Bundesratsinitiative aus Nordrhein-Westfalen, die am Freitag in der Länderkammer verabschiedet werden soll, wird das Strafmaß in Zukunft deutlich erhöht.
Dafür wollen die Länder, dass K.O.-Tropfen im Strafgesetzbuch als „gefährliche Werkzeuge“ verankert werden. Als solches Werkzeug gelten bislang Messer, aber auch Kugelschreiber zum Zustechen oder ein Stiefel zum Treten. Ein möglicherweise lebensgefährliches Gift, wie es die K.O.-Tropfen darstellen, dagegen nicht.
So hatte es der Bundesgerichtshof im vergangenen Jahr mit Blick auf die bestehende Rechtslage entschieden. Genau die wollen die Länder nun ändern. Schließlich hat der Einsatz von K.O.-Tropfen unvorhersehbare Folgen für das Opfer, denn die Wirkung des Gifts ist für den Täter unkalkulierbar.
Es ist an der Zeit, dass unser Strafrecht der Schwere dieser Taten gerecht wird.
Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach will härtere Strafen.
„K.O.-Tropfen entziehen den Opfern die Kontrolle über ihren Körper und jede Möglichkeit, sich zu wehren“, sagt auch der Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Benjamin Limbach (Grüne). Diese grausame Taktik werde von Tätern genutzt, um schwerste Straftaten zu begehen, die die Betroffenen für immer verfolgen würden.
Belastbare Zahlen, wie häufig K.O.-Tropfen in Deutschland verabreicht werden, gibt es allerdings nicht. In der Antwort auf eine schriftliche Anfrage im Berliner Abgeordnetenhaus von Anfang Dezember wurden für den Zeitraum von Anfang 2024 bis Dezember 2024 insgesamt 45 Straftaten mit Tatmittel „K.O.-Wirkstoff“ in der Hauptstadt ausgewiesen, neun weitere mit dem Tatmittel „GHB“ – einer ähnlichen Substanz.
Eine Mehrheit im Bundesrat scheint sicher
Die Dunkelziffer dürfte jedoch deutlich höher liegen. Manche K.O.-Wirkstoffe sind in Deutschland legal erhältlich, bereits wenige Stunden nach der Verabreichung sind sie jedoch in Blut oder Urin der Opfer nicht mehr nachweisbar. Experten raten daher, im Zweifel schnell eine ärztliche Behandlung oder ein Krankenhaus aufzusuchen und auch Anzeige zu erstatten.
Doch auch die Politik will abschreckend gegen mögliche Täter vorgehen. „Es ist an der Zeit, dass unser Strafrecht der Schwere dieser Taten gerecht wird“, sagt der Grünen-Politiker Limbach dem Tagesspiegel.
Bislang können Vergewaltigungen, die nach dem Verabreichen von K.O.-Tropfen erfolgten, mit maximal drei Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden. „Wer durch K.O.-Tropfen das Leben eines Menschen auf grausame Weise beeinflusst, muss zukünftig mit einer Mindeststrafe von fünf Jahren Gefängnis rechnen“, kündigt Limbach an.
Tatsächlich scheint der Antrag aus Nordrhein-Westfalen am Freitag eine Mehrheit im Bundesrat zu finden. Mehrere Länder signalisierten auf Tagesspiegel-Anfrage ihre Zustimmung. Dann müssen sich allerdings noch Bundesregierung und Bundestag damit befassen.