Vom Nahost-Konflikt zu sprechen, ist mittlerweile untertrieben. Es ist ein Krieg, der entgrenzt ist – politisch, menschlich, jetzt auch territorial. Die Welt hält den Atem an.
Israel führt seit fast zwei Jahren Krieg gegen die Hamas in Gaza, es ist einer der längsten in der Geschichte des Landes. Und diese Geschichte ist eng mit Kriegen verbunden. Mit dem von Deutschland angezettelten Zweiten Weltkrieg ohnehin, aber auch mit einem Krieg gleich nach Staatsgründung, als das Land von seinen arabischen Nachbarn angegriffen wurde.
Es gerät in Vergessenheit, aber diese jüngste Eskalation begann, weil die palästinensische Terrororganisation Hamas Israel in einer beispiellos brutalen Art und Weise angegriffen hat, Männer, Frauen, Kinder, Säuglinge und Senioren regelrecht abgeschlachtet hat.
Israel hat jedes Recht, sich zu verteidigen – gegen diesen Angriff und gegen jede Bedrohung, von denen es immer noch viele gibt. Denn seit Staatsgründung kämpft das Land um seine Existenz.
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Dieser Kampf geht an seine Grenzen. Was legitim begann, ist inzwischen moralisch fragwürdig. Der Gazastreifen ist zerbombt. Es gibt Zehntausende Tote. Darunter auch viele Kinder. Zwei Millionen Palästinenser flüchten sich auf dem dünnen Landstrich von Notunterkunft zu Notunterkunft. Mit einer Perspektive? Bisher nicht.
Die humanitäre Lage ist dramatisch. Weil Israel so hart vorgeht, extrem hart. Nur eben auch wegen der niederträchtigen Terrorstrategie der Hamas. Immer wieder nimmt sie die eigene Bevölkerung als Schutzschild.
Israel muss kämpfen, zerstört aber zwangsläufig Reputation
Und, hat Premier Benjamin Netanjahu seine Ziele erreicht? Die Hamas ist noch nicht zerstört. Die Geiseln? Viele sind tot, etliche noch in der Hand der Terroristen. Und um Israel herum lauern Feinde, gegen die Israel auch noch ums Überleben kämpfen muss: die Hisbollah, die Huthis, der Iran.
Es ist eine Tragödie. Israel geht gegen seine Feinde vor – und zerstört dabei gerade zwangsläufig Reputation, Solidarität, Zuneigung. In westlichen Demokratien bröckelt die Zustimmung. Wie im eigenen Land!
Der Krieg wird zur Herausforderung für die Demokratie in Israel. Denn das ist sie, und soll sie bleiben. Netanjahu aber droht, sie zu beschädigen. Die Mehrheit der Israelis wünscht sich dreierlei: die Befreiung der Geiseln, die Aufarbeitung des Sicherheitsversagens am 7. Oktober 2023 – und Neuwahlen.
Weltweit sind viele Israelis noch stärker in Gefahr als ohnehin schon
Der Konflikt ist entgrenzt – was auch daran abzulesen ist, dass Israelis weltweit jetzt noch mehr in Gefahr sind als ohnehin schon. Die antisemitischen Angriffe werden wohl steigen und eine neue Dimension erreichen. Davon zeugen die Todesschüsse auf zwei Botschaftsmitarbeiter in Washington.
Was für ein Wahnsinn. Offenbar halten es vermeintliche „propalästinensische“ Aktivisten für legitim, mit Mord gegen die Zustände in Gaza zu protestieren. Als rechtfertigte das diese ungeheuerliche Tat.
Die ganze Entwicklung wird dramatisch. Für Jüdinnen und Juden, für Israelis weltweit, aber natürlich auch für Palästinenser. Die israelische Gesellschaft wird gespalten, die Palästinenser sind ohne Hoffnung. Und beiden fehlt eine politische Führung mit dem Willen zum Frieden.
Deutschland muss nicht als Erster Sanktionen fordern, aber klare Worte finden
Der aber wäre nicht zuletzt in Jerusalem nötig, um nicht noch mehr zu zerstören: die internationalen Verbindungen. Schon wollen einige Staaten das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Israel überprüfen, es vielleicht nicht verlängern. Das wäre ein großer Schaden – für alle.
Deutschland steht hier natürlich in einer besonderen Verantwortung. Es muss nicht als Erster mit Sanktionen drohen, aber als Erster, als Freund und Partner, klare Worte finden und Wege aus der Tragödie suchen.
Die neue Bundesregierung hat da eine große Chance, sich zum Besten zu beweisen. Auf Distanz zu gehen, wäre falsch. Sie kann gerade jetzt ihren politischen Einfluss vergrößern, kann durch unablässige Diplomatie Verhandlungen herbeiführen, Allianzen fördern, neue und bestehende, die für Israel und die ganze Region wichtig werden. Schließlich haben auch die Nachbarn in der Region eine Verantwortung, die tückische Hamas-Ideologie aus den Köpfen der Palästinenser zu bekommen.
Und vor dem Hintergrund umso besser darauf zu dringen, die entsetzliche humanitäre Lage zu ändern. Alles das ist Staatsräson.