Großbritanniens Regierung beugt sich dem Druck einwanderungsfeindlicher Proteste. Sie will nun schneller über abgelehnte Asylbewerber entscheiden, die in Berufung gehen.
25. August 2025, 0:42 Uhr Quelle: DIE ZEIT, AFP, Reuters, vsp , vvö
Nach neuen heftigen Protesten gegen irreguläre Einwanderer hat die britische Regierung Änderungen im Asylsystem angekündigt. Eine neue unabhängige Stelle soll künftig die Berufungsanträge abgelehnter Asylbewerber schneller bearbeiten. Das teilte Innenministerin Yvette Cooper am Sonntag mit. Außerdem sollen die von der konservativen Vorgängerregierung eingeführten Asylhotels beendet werden.
Cooper sagte, die Änderungen dienten dazu, im britischen Asylsystem wieder "Kontrolle und Ordnung" herzustellen. Dieses sei in "völliges Chaos" abgeglitten, hatte Cooper beim Amtsantritt der Labour-Regierung im vergangenen Jahr gesagt. Ziel ist es, einen Rückstau von 106.000 Berufungsfällen abzubauen. Davon haben 51.000 eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von mehr als einem Jahr. "Wir können mit diesen völlig inakzeptablen Verzögerungen nicht weitermachen", sagte Cooper.
Großbritanniens Regierung steht seit Monaten unter Druck der in Umfragen aufstrebenden rechtspopulistischen Partei Reform UK. Die britische Regierung von Keir Starmer hat bereits ihre Abschiebepraxis für verurteilte Ausländer verschärft und angekündigt, die Zahl der in Großbritannien ankommenden Asylbewerber zu verringern. Doch die Stimmung in der Bevölkerung ist aufgeheizt. Seit Juli kommt es landesweit zu Unruhen bei einwanderungsfeindlichen Protesten und Gegenprotesten.
Demonstranten wehren sich vor allem gegen die Nutzung von Hotels für Asylbewerber –eine Maßnahme, die Großbritannien jedes Jahr Milliarden britischer Pfund kostet. Die Proteste hatten sich zunächst in Epping östlich von London entzündet und später auf weitere Städte ausgeweitet. Anwohner monieren, die Regierung gefährde ihre Sicherheit, nachdem ein Asylbewerber in Epping wegen eines mutmaßlichen sexuellen Übergriffs auf ein 14-jähriges Mädchen angeklagt worden war. Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe.
Gericht hatte Räumung des Asylhotels in Epping angeordnet
Am Sonntag versammelten sich erneut Demonstranten vor dem Asylhotel in Epping, schwenkten britische Fahnen und hielten Plakate hoch mit Aufschriften wie "Epping sagt nein" und "Stoppt die Boote". Ein Gericht hatte am Dienstag den Auszug von Asylbewerbern aus dem Hotel in Epping angeordnet. Die Regierung will gegen das Urteil Berufung einlegen.
Weitere Proteste ereigneten sich am Wochenende vor Hotels in London und in Birmingham. Auch in Schottland und Wales kam es zu einwanderungsfeindlichen Protesten, unter anderem in den Städten Bristol, Exeter, Tamworth, Cannock, Nuneaton, Liverpool, Wakefield, Newcastle, Aberdeen und Perth.
Nigel Farage von der rechten Partei Reform UK hatte am Samstag in einem Zeitungsinterview seine Pläne für Massenabschiebungen von Migranten vorgestellt, die in Kleinbooten über den Ärmelkanal nach Großbritannien gekommen sind. Farages Partei errang bei der Wahl 2024 zwar nur fünf Sitze, liegt in Umfragen zur Wahlabsicht der Briten aber aktuell vorn.
In den zwölf Monaten bis Juni dieses Jahres registrierten die britischen Behörden 111.084 Asylanträge und damit mehr als in jedem anderen Einjahreszeitraum seit Beginn der Aufzeichnungen 2001, wie das Innenministerium in London am Donnerstag mitgeteilt hatte.