Mediengipfel in München: Weimer und Söder schicken Berlusconi Grüße

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„Lieber Herr Berlusconi, ich empfehle Ihnen, lassen Sie die Redaktionen in Unterföhring herzhaft kochen, doch achten Sie bitte darauf, dass die Dinge für die Mitarbeiter nicht anbrennen. Sie haben versprochen, den Pro-Sieben-Standort München zu stärken. Das werden wir genau im Auge behalten.“ Kulturstaatsminister Wolfram Weimer verpackte bei der Eröffnung des Mediengipfels der Medientage München seine Bestürzung über die Abberufung der Pro7Sat.1-Chefetage am Vorabend in Kochprosa. Er wollte das als dringenden Warnhinweis verstanden wissen.

Und dann brach die Technik zusammen

Dagegen verblasste seine Solidaritätsadresse an die deutschen Kinoproduzenten, deren Förderung man „dramatisch“ neu aufgestellt habe mit Förderquoten von 30 Prozent und einer Verdopplung der Fördersumme. „Wir geben mit dieser Bundesregierung im Medien-Kulturhaushalt so viel Geld aus wie nie zuvor“, sagte Weimer und verkündete, es werde ein Sonderprogramm „Liebling Kino“ geben: Lichtspielhäuser, die Arthouse-Filme zeigen, bekämen eine besondere Förderung.

Danach brach im „House of Communication“, wo die Medientage zum dritten Mal in Folge stattfinden, die Kommunikation zusammen. Für mehr als 20 Minuten ging nichts mehr. Wechselweise wurde gemutmaßt, daran sei Sabotage aus Italien (Berlusconi) oder dem Weißen Haus schuld, bevor die Moderatorin Eva Schulz bekanntgab, dass man eine analoge Mikroleitung verlegt habe, denn „die digitale ist abgestürzt“. Wieder sprechfähig mit Mikro, verlieh Wolfram Weimer noch seiner Hoffnung Ausdruck, dass das Monopol der US-Big-Tech-Konzerne gebrochen wird.

Söder: „Wir haben klar formuliert“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder blickte auf die deutsche Medienszene. Um RTL mache er sich keine Sorgen, denn CEO Stephan Schmitter sei Münchner und damit schon „genetisch prädestiniert, die Sachen gut zu machen“. Bei Pro Sieben Sat.1 sei es eine ungleich größere Herausforderung. „Für uns ist wichtig, dass für Pro Sieben Sat.1 der Medienstandort hier erhalten bleibt. Wir haben sehr klar formuliert, was wir erwarten, und hoffen, dass es wieder aufwärts geht, denn die Sendergruppe war in den letzten Jahren nicht so erfolgreich, wie sie sein könnte.“ Der Standort München eigne sich dazu hervorragend, weil er nicht nur in klassischen Medien viel zu bieten habe, sondern auch „bei KI eine der ersten Adressen in Europa“ sei. „Ich hoffe, dass das erfolgreich bleibt, denn ohne Medien ist es saulangweilig.“

Gegen die Sorge, dass Pro Sieben Sat.1 zur Abspielstation italienischer Inhalte verkümmere, brachte Söder das bayerische Mediengesetz in Stellung: Es greife, wenn es keine oder einseitige Inhalte gäbe. Es gab ein Bekenntnis zum Standort, sogar dessen Ausbau. Dass personelle Änderungen stattfänden, sei plausibel, „wenn die Zahlen nicht so stimmen wie sie Anteilseigner erhoffen. Seit Kirch, der alles aufgebaut hat, war Pro Sieben Sat.1 immer fremdbestimmt, amerikanische Investoren haben hier auf den Medientagen Shows abgezogen und es trotzdem verkauft.“ Es sei zu hoffen, dass Pro Sieben Sat.1 „unter neuer Führung eine starke, demokratische Marke bleibt und der Standort München davon profitiert“.

„Dann haben wir null Einfluss“

Man müsse sich in Deutschland „endlich eingestehen“, setzte Söder fort, dass nicht hier entschieden werde, wie die Welt sich drehe. Die USA nutzten jede Gelegenheit, um „ihre Interessen maximal durchzusetzen“. Man müsse „eine Balance finden zwischen der maximalen Regulationswut mit 260 Digitalgesetzen bei uns und der Entfesselung, die die Amerikaner fordern“.

Auf Weimers Vorschlag einer Abgabe für die Digitalkonzerne, die der Kulturstaatsminister in ein Gesetz gießen will, entgegnete Söder: „Wir brauchen Regulation, aber das technische Genom darf nicht bei anderen landen. Denn dann haben wir null Einfluss. Wir brauchen eine gewaltige Kraftanstrengung, um selber eigene Standards und eigene Technologie herzustellen. Wenn es Europa schafft, vom Weltmeister der Rechtssetzung zum Weltmeister der Innovation zu werden, dann haben wir gute Chancen.“ Damit bereitete Söder das Feld für den RTL-CEO Stephan Schmitter. Er bat um eine schnelle Aufhebung von Werbe- und Kartellbeschränkungen. Die Kunden liefen massenhaft zu anderen Plattformen und Streamern davon. RTL warte Monate auf eine Entscheidung des Bundeskartellamts, Netflix und Amazon könnten über Nacht den Austausch von Daten vereinbaren.

„Wenn wir nicht aufpassen“, sagte Schmitter, „rutschen wir viel schneller ab, als wir gerade denken. Wir brauchen jetzt einfach Tempo.“ Das macht im Augenblick allerdings vor allem Pier Silvio Berlusconi bei Pro Sieben Sat.1.

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