Die im Sommer aus Frankfurt geholte Sturmhoffnung Igor Matanovic spielte in den jüngsten sieben Freiburg-Partien immer - aber noch nie von Anfang an. Warum eigentlich? Vor der nächsten Möglichkeit gegen Utrecht spricht Trainer Julian Schuster über die Hintergründe.

Bisher nur als Joker gefragt, wie hier beim 2:2 gegen seine Frankfurter Ex-Kollegen: Freiburgs Sommerzugang Igor Matanovic. IMAGO/Jan Huebner
Einen emotionalen Höhepunkt im Freiburg-Trikot hat Igor Matanovic direkt in seinem ersten Einsatz erlebt. Nach etwa vierwöchiger Pause wegen eines Muskelfaserrisses, der dem Sommerzugang den Saisonstart vermasselte, wurde der neue SC-Stürmer am dritten Spieltag bei 0:1-Rückstand gegen Stuttgart eingewechselt - und half mit seinem Doppelpack maßgeblich dabei, dieses so wichtige Spiel nach dem Liga-Fehlstart zuvor noch in einen 3:1-Sieg zu verwandeln.
Direkt wurden Vergleiche zu Nils Petersen gezogen, seines Zeichens Bundesliga-Jokerkönig und Freiburger Rekordtorschütze, der 2015 mit einem Hattrick in seine SC-Zeit gestartet war. Matanovic fühlte sich geehrt, will aber, wie seinerzeit auch Petersen und grundsätzlich nahezu jeder Profi, natürlich am liebsten in der Startelf stehen.
Matanovic kam frühestens in der 64. Minute
Diese Ehre wurde dem kroatischen Nationalspieler (5 Einsätze/ 1 Tor), für den der SC im Sommer 6,7 Millionen Euro Ablöse an Eintracht Frankfurt zahlte, bislang von seinem Trainer allerdings noch nicht gewährt. Julian Schuster setzte Matanovic seit dem Stuttgart-Spiel zwar in jeder der folgenden sechs Partien in Liga und Europa League ein, jedoch immer erst als Joker, frühestens ab der 64. Minute.
Matanovic gelang in diesen Teilzeitauftritten zwar kein Scorerpunkt mehr, der kopfballstarke 1,95-Meter-Mann zeigte aber immer wieder gute Ansätze, überzeugte mit Ballsicherheit durch gute Technik, oder eben durch seine Präsenz beim Abschirmen und Ablegen von Bällen.
Was Adamu auszeichnet und was nicht
Schuster setzte in den vergangenen sechs Partien ganz vorne in der 4-2-3-1-Grundordnung auf Junior Adamu, den er vor allem für seine Lauf- und Pressingstärke schätzt. Der österreichische Nationalspieler machte seine Sache insgesamt ordentlich, traf beim 3:0 in Bremen, gab die Vorlage beim 1:1 gegen Hoffenheim und verwandelte in Bologna in Abwesenheit der beiden ersten Strafstoßschützen Vincenzo Grifo und Matanovic, der gegen den VfB auch vom Punkt getroffen hatte, einen Handelfmeter zum 1:1-Endstand.
Adamu ist ein Musterbeispiel in puncto unnachgiebiger Einsatzwillen. Der 1,83-Meter-Mann reibt sich in vielen Zweikämpfen auf, hat dabei in bisher 62 direkten Duellen in der Bundesliga auch eine gute Erfolgsquote von 58,1 Prozent. In der Luft ist er allerdings, bedingt auch durch seine Körpergröße, keine Macht und trotz erkennbarer Steigerung in diesem Bereich offenbart er weiterhin Schwächen im Festmachen und Weiterleiten von Bällen. Seine Bundesliga-Passquote von 53,6 Prozent bei 56 Pässen ist die schlechteste im SC-Kader - abgesehen von Max Rosenfelder (33 Prozent), der bisher in nur sieben Saisonminuten drei Pässe spielte. Matanovic kommt bei 25 Pässen auf die zweitniedrigste Quote im Team von 64 Prozent.
Warum also bekam Matanovic, der vor allem in seiner KSC-Zeit auch mit Laufstärke seine Pressingaufgaben erledigte und den der SC holte, um einen Stürmer zu haben, der diese Komponenten mit Zielspieler-Qualitäten und Abschlussstärke vereint, bisher noch keine Chance in der Startelf?
Schusters steile These in Bezug auf Adamu
"Es ist eben auch so, dass wahrscheinlich das größte Problem immer auch seine Mitspieler sind, weil sie es einfach auch sehr gut gemacht haben auf seiner Position", sagte Schuster am Dienstag auf kicker-Nachfrage und dürfte vor allem Adamu meinen, ohne ihn in diesem Fall explizit zu nennen.
Dafür hatte Schuster über Adamu nach dem Spiel in Bologna bei RTL gesagt: "Ich fand, er war super gut drin im Spiel. Ich weiß nicht, wie viele Zweikämpfe er führen muss, wobei jeder Zweikampf wirklich wehtut. Da will keiner von uns mit ihm tauschen." Ein eher zu überschwängliches Lob und eine steile These. Denn man kann sich kaum vorstellen, dass zum Beispiel Matanovic wirklich nicht mit Adamu tauschen und sich von Anfang an in diesen Zweikämpfen mit den gegnerischen Innenverteidigern beweisen will.
Bekommt der gebürtige Hamburger vielleicht am Donnerstagabend gegen den FC Utrecht (21 Uhr LIVE! bei kicker.de) sein erstes Startelfmandat? "Für mich ist immer wichtig, dass die Jungs sich das verdienen, sich aufdrängen. Da ist Igor einer, der wirklich Woche für Woche daran arbeitet, mir das so schwer wie möglich zu machen", wollte sich Schuster nicht festlegen und betonte, dass Personalentscheidungen immer mit Blick auf das Gesamtgefüge und den Matchplan zu treffen seien: "Deshalb wäre es zu einfach, zu sagen, es kommt einer auf die Platte, weil er das jetzt alleine verdient hat."
Das Defensivverhalten ist ein Thema
Dennoch gibt es ja Gründe, warum zuletzt immer Adamu den Vorzug bekam. Was könnte Matanovic also noch fehlen zur erfolgreichen Bewerbung für ein Startelfmandat? "Unser Anspruch als Trainer ist, die Jungs auch individuell zu verbessern, da geht es um Dinge in allen Spielphasen. Für unsere Stürmer in Freiburg ist neben dem Tore schießen, dem Bälle festmachen und ablegen eben auch die Defensive wichtig", so Schuster: "Das ist bei Igor auch ein Punkt und da sehen wir schon große Fortschritte. Das fand ich zum Beispiel gegen Frankfurt auch sehr gut. Da hat er gute Momente gehabt, wo er fleißig gearbeitet hat."
Bisher war Matanovics Defensivverhalten für Schuster und seinen Trainerstab also offenbar noch nicht gut genug, auch im Vergleich zu Adamu. Zudem weist Schuster völlig nachvollziehbar auf Matanovics Muskelblessur kurz vor Saisonstart hin. "Das sind auch Kleinigkeiten, die mitentscheiden und sich auch in der Spielzeit ein Stück widerspiegeln." Im abschließenden Test gegen Osasuna war Matanovic nämlich, wie schon zuvor in der Vorbereitung, noch in der Startelf gestanden und hätte diese Rolle - im fitten Zustand - höchstwahrscheinlich auch zum Saisonstart behalten. Dann wäre das aktuelle Thema womöglich nie eins geworden.
Da fehlt nicht arg viel. Und es kann ja gut sein, dass er schon gleich am Donnerstagabend ran darf.
Julian Schuster über Matanovic
Schuster appellierte, auch mit mit Blick auf den im gesamten Team recht hohen Konkurrenzdruck, an die Geduld von Matanovic und der anderen Herausforderer: "Wenn du weiter an dir arbeitest und darauf wartest, dann kommen die Möglichkeiten. Das ist wirklich auf vielen Positionen sehr eng."
Speziell auf Matanovic bezogen meinte Schuster abschließend vielsagend: "Da fehlt nicht arg viel. Und es kann ja gut sein, dass er schon gleich am Donnerstagabend ran darf." Ob es so kommt, erfährt man heute zwischen 19.30 und 20 Uhr, wenn die Freiburger Aufstellung gegen Utrecht veröffentlich wird. Matanovic weiß dann schon ein wenig länger Bescheid, ob seine Sehnsucht nach dem ersten Einlaufen im Freiburg-Trikot endlich gestillt wird.
Carsten Schröter-Lorenz

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