Bei seinem ersten Auftritt als neuer Trainer des 1. FC Köln sprach Lukas Kwasniok über die Herausforderungen in der Bundesliga, seine Herangehensweise im emotionalen Umfeld, die Ziele - und den Sinn des Lebens.
Der erste Versuch saß für Thomas Kessler. "Lukas Kwasniok war der erste, den ich kontaktiert habe", sagte der Sportdirektor des 1. FC Köln über seine Trainersuche nach dem Bundesliga-Aufstieg.
Kwasniok sei ihm bereits in dessen Amtszeit beim 1. FC Saarbrücken aufgefallen, in Paderborn habe er kontinuierlich "mit überschaubaren Mitteln einen guten Job" gemacht. Kwasnioks Fußball habe eine "hohe Schnittmenge damit, was wir beim FC sehen wollen". Und außerdem passe die Persönlichkeit des 44-Jährigen gut nach Köln.
Am Mittwoch nun saß Kwasniok erstmals auf dem Pressekonferenz-Podium im Rhein-Energie-Stadion und sprach locker-launig 47 Minuten über ...
... seine Entscheidung für den 1. FC Köln:
"Ich habe nach dem letzten Spieltag erwähnt und angedeutet, dass ich eine Pause machen könnte. Aber wenn eine unbekannte Nummer aufploppt, hinter der der Verantwortliche des 1. FC Köln steckt, verändert sich das Leben komplett.
Ich habe die Nachricht sogar noch im Kopf: 'Hallo Lukas, hier ist Thomas Kessler. Hättest du heute im Laufe des Tages Zeit, etwas zu telefonieren?' Es gibt Momente im Leben, da trifft es dich und du kannst nicht nein sagen. Für mich war wenige Tage später klar: Ich will nur eines, nach Köln."
Ich habe gedacht: Da könnten zwei Dinge zusammenpassen. Emotionaler Trainer und emotionales Umfeld.
... seine Vorfreude auf die Bundesliga:
"Es gibt viele Gründe, wieso ich nach Köln gekommen bin und einer ist die Bundesliga. Bei allem Respekt vor anderen Vereinen: Der FC ist einer der größten Klubs in Deutschland. Ich habe gedacht: Da könnten zwei Dinge zusammenpassen. Emotionaler Trainer und emotionales Umfeld."
... die Möglichkeiten mit dem FC:
"Die Frage wurde mir in Paderborn auch gestellt nach vielen Jahren mit Auf- und Abstiegen. Beim FC gab es auch große Erfolge, den europäischen Wettbewerb, und dann Abstiege zu verkraften. Natürlich gibt es die Gefahr, dass man sich zu sehr von Emotionen leiten lässt und da möchte ich ein wenig die Balance wahren. Denn in der Emotionalität verliert der Mensch manchmal ein wenig die Intelligenz."
... seine Arbeit als Trainer:
"Ich bin ein stinknormaler Bursche, habe in der Bezirksliga mit dem Trainerdasein angefangen und lebe seitdem den Traum. Es war mein Hobby, das ist es jetzt noch - nur glücklicherweise ein bisschen besser bezahlt. Es geht mir um Flexibilität, wir werden in 34 Spielen in der Bundesliga nicht jeden Gegner dominieren können. Am Ende sind wir hier in einer Showbranche und deswegen wollen wir, dass die Fans sagen: Diese Mannschaft lässt ihr letztes Hemd, die spielen Fußball mit Herz."
Es wäre schön, wenn wir vor Gladbach landen könnten. Das gibt jetzt eine Schlagzeile, aber das war auch ein bisschen geplant.
... seine Ziele mit dem FC:
"Wenn ich erzählen würde, wovon ich träume, würde es lange dauern. Hier geht es aber erst mal darum, den Tanker in möglichst ruhige Gewässer zu führen. (...) Es wäre schön, wenn wir vor Gladbach landen könnten. Das gibt jetzt eine Schlagzeile, aber das war auch ein bisschen geplant (lacht)."
... die Vergleiche mit Steffen Baumgart:
"Wir ähneln uns auf den ersten Blick: Wir sind nicht die allergrößten und die sportliche Aktivität ist etwas her. Aber mit Blick auf das Fußballerische gibt es da schon gewisse Differenzen. Wenn wir am Ende so erfolgreich sind, wie es die Mannschaft unter Baumgart war, nehmen wir uns alle in den Arm."
... über seine Sicht auf den aktuellen Kader:
"Ein ehemaliger Vorgesetzter von mir sagte: Wir arbeiten in einem fahrenden Zug. Wir werden Abgänge und Zugänge vermelden. Geben Sie mir eine Mannschaft, ich werde irgendwie die Liebe zu dieser Mannschaft gewinnen. Unser Ziel ist, in der Bundesliga zu bestehen und an der einen oder anderen Stelle für Spektakel zu sorgen."
... mögliche Neuzugänge vom SC Paderborn:
"Ich bin verwundert, wie viele Namen da aufploppen. Aber dann hätte ich ja auch dort bleiben können ... Ich schätze die Jungs, aber wir können nicht sagen: Wir transferieren jetzt sechs Spieler aus Paderborn und versuchen es damit."
... grundsätzliche Kaderplanung:
"Man schaut überall, denn es kann ich ja auch bei uns immer etwas tun, sollte ein unmoralisches Angebot kommen. Ich sehe aber keine Positionen, die danach lechzen würden. Lassen Sie uns morgen ein Spiel absolvieren, da sind wir konkurrenzfähig. Wir vertrauen denen, die da sind und halten dennoch die Augen offen."
... das emotionale Umfeld:
"Ich freue mich auf die Arbeit mit der Presse und die Menschen, die diesen Klub spüren wollen. Wäre das anders, dürfte man es nicht machen. Ich will eine Atmosphäre schaffen, in der eine Offenheit und Herzlichkeit herrscht. Dass es Herausforderungen im Verlauf einer Saison gibt, ist das Normalste der Welt. Aber das haben sowohl Thomas als auch ich in der Vergangenheit hinbekommen, da die Kurve zu bekommen."
In der Kabine sind Frotzeleien Standard und wenn ich jemanden als Osterhase bezeichne, ist das keine Beleidigung.
... sein Umgang mit Medien und Öffentlichkeit:
"An der einen oder anderen Stelle wünsche ich mir retrospektiv, dass ich manchen Halbsatz weggelassen hätte. Das führt aber nicht dazu, dass ich standardisierte Antworten auf einen Zettel schreibe. Die Art, auch mal flapsig zu antworten, ist mir wichtig. Man sollte nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. In der Kabine sind Frotzeleien Standard und wenn ich jemanden als Osterhase bezeichne, ist das keine Beleidigung. Wir sind in einer Showbranche und wenn sie einen langweiligen Typen haben wollen, bin ich hoffentlich der Falsche."
... den Umgang mit Talenten:
"Ich habe bewiesen, dass in erster Linie die Qualität entscheidend ist. Wenn sie da ist, lasst sie laufen. Die Kunst ist aber, das dauerhaft abzurufen und nicht nur ein, zwei Mal. Da wird es Wellenbewegungen haben, aber davor scheue ich mich nicht. Wir haben einen deutschen Meister hier im Haus, der deutsche Meister der U 19 kommt aus Köln! Darüber tausche ich mich aus. Am Ende wird es auf die Mischung ankommen, aber ich werde niemanden davor bewahren, gute Leistung auf dem Platz zu zeigen."
... U-19-Nationalspieler Said El Mala:
"Er ist ein unfassbar guter Spieler. Als ich noch in Paderborn war, habe ich ihn öfter gesehen. In einem Testspiel gegen Viktoria Köln hat er unseren Rechtsverteidiger ganz schön eingedreht. Da habe ich gedacht: Wow, vielleicht können wir den nach Paderborn holen. Ich freue mich auf ihn, aber wir müssen die Kirche im Dorf lassen. Er ist ein junger Spieler mit einer tollen Entwicklung, die aber noch nicht abgeschlossen ist. Da wird es unterschiedliche Phasen geben, in denen wir ihn schützen müssen. Aber wenn es läuft, müssen wir ihn laufen lassen."

Überzeugte Lukas Kwasniok nicht erst bei der U-19-EM: Said El Mala. IMAGO/DeFodi Images
... den Sinn des Lebens:
"Der Sinn des Lebens besteht darin, gute Beziehungen aufzubauen. Da wird es auch mal unterschiedliche Meinungen geben, wenn sie jemanden deutlich besser gesehen haben als ich. Das macht das Leben aus. Wir arbeiten jetzt alle gemeinsam daran, den FC bestmöglich in der Bundesliga zu präsentieren. Darauf freue ich mich. Dauerhaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu trainieren, geht in Köln nicht. Wir sollten uns als Menschen respektieren, auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind."
Aufgezeichnet von Jim Decker