Krieg in Gaza: Israel lässt offenbar keine Hilfe nach Gaza

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Die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unterbindet nach einem Bericht des israelischen TV-Senders Channel 12 erneut alle Hilfslieferungen in den Gazastreifen. Grund seien Drohungen des rechtsextremen Finanzministers Bezalel Smotrich, die Koalition zu verlassen. Zuvor hatte Netanjahu bereits die israelische Armee aufgefordert, innerhalb von zwei Tagen einen Plan zu entwickeln, wie die humanitäre Hilfe in Gaza nicht mehr von der Hamas gestohlen werden kann. Bereits ab Mitte März hatte Netanjahu alle Hilfen nach Gaza für elf Wochen gestoppt. Auch damals sprach die Regierung davon, dass verhindert werden solle, dass humanitäre Hilfe an die Hamas gerät.

Internationale Hilfsorganisationen und die Vereinten Nationen haben wiederholt darauf hingewiesen, dass es keine Belege für großflächige Diebstähle von Essen und Hilfsgütern gebe. Sie machen vielmehr die schlechte Sicherheitslage nach 20 Monaten Krieg dafür verantwortlich, dass kriminelle Banden Lebensmittel stehlen. Darunter auch eine Gruppe Beduinen unter Führung von Yasser Abu Shabab, der in der Vergangenheit wegen Drogenhandel verurteilt wurde und dessen Gruppe Verbindungen zur Terrorgruppe Islamischer Staat unterhält. Netanjahu hatte Anfang Juni eingeräumt, dass die Bande von Israel mit Waffen versorgt wird, da sie auch gegen die Hamas kämpfe. Die soll sich nach israelischen Angaben mittlerweile zu einem großen Teil aus dem Weiterverkauf von gestohlenen Hilfsgütern finanzieren, ein Vorwurf, der bisher nicht belegt wurde. Internationalen Journalisten verwehrt Israel seit 20 Monaten den Zugang zu Gaza.

Mehr als 400 Palästinenser sollen bei der Verteilung von Lebensmitteln erschossen worden sein

Seit Mai lässt Israel wieder Hilfe nach Gaza zu: einen Teil über die UN und internationale Hilfsorganisationen, der Großteil aber wird über die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) verteilt, eine Organisation, die erst vor wenigen Wochen gegründet wurde und wiederum Subunternehmen anstellt, die von ehemaligen US-Soldaten und CIA-Agenten geführt werden. Seit Beginn der Verteilung durch die GHF kommt es nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Behörden in Gaza, aber auch vieler Hilfsorganisationen, fast täglich zur Tötung von Hilfesuchenden durch die israelische Armee. Dabei sollen mehr als 400 Palästinenser erschossen worden sein, teilten die Vereinten Nationen am Dienstag mit. „Israels militarisierter Mechanismus der humanitären Hilfe steht im Widerspruch zu internationalen Standards für die Verteilung von Hilfsgütern“, sagte ein UN-Sprecher.  „Die Versorgung der Zivilbevölkerung als Waffe zu benutzen und die Einschränkung oder Verhinderung ihres Zugangs zu lebenserhaltenden Dienstleistungen stellt ein Kriegsverbrechen dar.“

Bundeskanzler Friedrich Merz hatte Ende Mai erstmals kritischere Töne gegenüber Israel anklingen lassen. Beim Kampf gegen den Terror müsse es „auch eine Verhältnismäßigkeit geben“, sagte er. Diese sei „überschritten in der Dauer, in der Härte, in der Konsequenz, wie die israelische Armee dort vorgeht“. Damals wollte Merz auch Konsequenzen nicht ausschließen. Seitdem hat sich weder die deutsche Politik verändert, noch die humanitäre Lage in Gaza.

An der mutmaßlichen Tötung der Palästinenser an den Ausgabestellen der GHF sollen auch Merkava-Panzer beteiligt sein, deren Getriebe aus Deutschland geliefert werden. Merz hatte als Oppositionsführer die damalige rot-grüne Bundesregierung immer wieder aufgefordert, für die schnelle Lieferung der Getriebe zu sorgen.

Die Vermittler Ägypten und Katar haben sich angesichts der humanitären Situation an Israel und Hamas gewandt, um neue Verhandlungen über einen Waffenstillstand zu beginnen. Die Hamas hält seit dem 7. Oktober noch 53 Geiseln in Gaza gefangen, von denen nur noch 20 am Leben sein sollen.

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