Viele Angaben über den Kriegsverlauf wie Opferzahlen oder Details zu Kämpfen stammen von ukrainischen oder russischen Behörden und lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg.
Wichtige Updates
Ukrainisches Militär: Russische Raketensysteme in Brjansk beschossen
Tote und Verletzte nach Drohnenangriffen in der Ukraine
Drohnen treffen Stromnetz im besetzten Teil der Ukraine
Trump nach Telefonat mit Putin: Kein sofortiger Frieden
Putin bezweifelt Willen der Ukraine zu Friedensgesprächen
Papst fordert Putin zu Friedensgeste auf
Papst Leo XIV. hat Russlands Präsident Wladimir Putin zu einem friedensfördernden Zeichen im Krieg mit der Ukraine aufgerufen. Wie das vatikanische Presseamt am Mittwochabend mitteilte, telefonierte Leo XIV. am Nachmittag mit Putin und appellierte an Russland, „eine Geste zu setzen, die den Frieden begünstigt“. Der Papst habe in seinem ersten Gespräch mit dem Kremlchef zudem betont, wie wichtig der Dialog sei für die Herstellung positiver Kontakte zwischen den Parteien und die Suche nach Lösungen des Konflikts.
Putin und der Papst sprachen auch über die humanitäre Lage und die Notwendigkeit, Hilfe zu leisten. Außerdem, so der Vatikan weiter, sei es um die kontinuierlichen Bemühungen um den Gefangenenaustausch gegangen und um die Bedeutung der Arbeit, die Kardinal Matteo Zuppi als päpstlicher Beauftragter hierbei leiste.
Der Kreml nannte das Gespräch konstruktiv. Beide Seiten hätten sich dafür ausgesprochen, den Kontakt aufrechtzuerhalten. Der Kreml sprach von Bemühungen zum weiteren Ausbau der Beziehungen auf der Grundlage gemeinsamer geistiger und moralischer Werte, um eine gerechtere Weltordnung zu schaffen. Putin und Leo XIV. strebten eine weitere Vertiefung der Zusammenarbeit in kulturellen und humanitären Angelegenheiten und für den Schutz der Christen und ihrer heiligen Stätten in der ganzen Welt und insbesondere im Nahen Osten an, hieß es aus Moskau.
Putin würdigte den Angaben zufolge die Bereitschaft des Papstes, zur Lösung der Krise beizutragen. Der Präsident schätze „die entpolitisierte Beteiligung des Vatikans an der Lösung dringender humanitärer Probleme“. In dem Telefonat bekundete Putin seine Bereitschaft, „mit politischen und diplomatischen Mitteln Frieden zu schaffen“. Laut Kreml betonte er, für eine endgültige, gerechte und umfassende Lösung müssten die Ursachen der Krise beseitigt werden. Er beschuldigte zugleich die von Russland angegriffene Ukraine, den Konflikt zu eskalieren.
Ukrainisches Militär: Russische Raketensysteme in Brjansk beschossen
Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben Raketensysteme in der russischen Region Brjansk beschossen. Sie seien für Angriffe auf die Ukraine vorbereitet worden, teilte der ukrainische Generalstab auf Telegram mit. „Ein russischer Raketenwerfer ist explodiert, und zwei weitere wurden höchstwahrscheinlich beschädigt.“ Wahrscheinlich sei die ukrainische Hauptstadt Kiew Ziel des geplanten Raketenangriffs gewesen, den die Einheit in Brjansk vorbereitet habe. Brjansk grenzt an die Ukraine und ist immer wieder Ziel ukrainischer Angriffe.
Tote und Verletzte nach Drohnenangriffen in der Ukraine
Bei russischen Angriffen in der Nacht sind nach Behördenangaben mehrere Menschen in der Ukraine getötet und verletzt worden. In der Stadt Pryluky in der nordukrainischen Region Tschernihiw kamen dem Gebietsgouverneur Wjatscheslaw Tschaus zufolge fünf Menschen bei Drohnenattacken ums Leben, darunter ein einjähriges Kind. Außerdem seien sechs Personen verletzt worden. Demnach wurden Häuser in einem Wohngebiet beschädigt.
Bei einem Drohnenangriff auf die Großstadt Charkiw wurden nach Angaben der Polizei 18 Menschen verletzt. Auch dort traf der Angriff demnach Wohnhäuser.
Drohnen treffen Stromnetz im besetzten Teil der Ukraine
Die russische Besatzung im Süden der Ukraine meldet erneut ukrainische Drohnenangriffe mit Stromausfällen für Zehntausende Menschen in den Gebieten Saporischschja und Cherson. Im Gebiet Cherson sei das zentrale Umspannwerk absichtlich getroffen worden, teilte der von Moskau eingesetzte Verwaltungschef Wladimir Saldo mit. Er sprach von 67 000 Haushalten ohne Strom, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass meldete.
Im besetzten Teil des Gebietes Saporischschja waren nach russischen Angaben Städte wie Melitopol oder Primorsk ohne Strom, aber auch Enerhodar, das direkt am russisch kontrollierten Kernkraftwerk Saporischschja liegt. Die notwendige Stromversorgung des abgeschalteten AKW sei aber nicht betroffen, teilte eine Sprecherin des Werks laut Tass mit.
Russische wie ukrainische Militärblogger verzeichneten einen ukrainischen Drohnenangriff auf die besetzten Gebiete, aber auch auf das russische Kernland. Schon am Dienstag war die Stromversorgung in den besetzten Territorien nach Angriffen zeitweise zusammengebrochen.
Gleichzeitig herrschte mit Tagesanbruch des Donnerstags in weiten Teilen der Ukraine Luftalarm, weil sich russische Kampfdrohnen in der Luft befanden.
Trump nach Telefonat mit Putin: Kein sofortiger Frieden
US-Präsident Donald Trump sieht nach einem erneuten Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin keine Chance auf eine sofortige Lösung im Ukraine-Krieg. „Es war ein gutes Gespräch, aber kein Gespräch, das zu einem sofortigen Frieden führen wird“, schrieb Trump nach dem Telefonat auf der Plattform Truth Social.
Das Gespräch habe etwa eine Stunde und 15 Minuten gedauert, schreibt Trump. Es sei um die jüngsten Angriffe der Ukraine auf Militärflugzeuge im russischen Hinterland gegangen sowie um andere Angriffe von beiden Seiten. Putin habe „sehr deutlich gesagt“, dass er auf die Angriffe der Ukraine reagieren müsse.
Von dieser Drohung war in den Angaben des Kremls zu dem Gespräch nicht die Rede. Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow verwies auf zwei Zugunglücke mit Toten, die mutmaßlich auf ukrainische Sabotageakte zurückgehen. Die Ukraine habe dadurch direkte Gespräche torpedieren wollen, sagte Uschakow. „Die russische Seite ist nicht auf diese Provokation hereingefallen. Die zweite Runde hat, wie bekannt, in Istanbul stattgefunden.“
Trump und Putin hatten erst Mitte Mai zuletzt miteinander telefoniert. Der US-Präsident hat mehrfach ein direktes Treffen von Putin und Selenskij angeregt und angeboten, selbst mit dazuzukommen. Dazu kam es bislang aber nicht. Vertreter der Ukraine und Russland hatten zuletzt unter Vermittlung der USA in der Türkei direkte Gespräche über eine mögliche Lösung des Konfliktes aufgenommen. Trumps wiederholte Forderung nach einem sofortigen Ende der Kämpfe fand bislang jedoch keinen Widerhall.
Putin bezweifelt Willen der Ukraine zu Friedensgesprächen
Der russische Präsident Wladimir Putin wirft der Ukraine die Sabotage von Friedensgesprächen vor. Die jüngsten Angriffe in der Region Kursk und Brjansk sollten Verhandlungen verhindern, sagte er laut der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Die Attacken seien Verbrechen gegen Zivilisten und Terror. Die ukrainischen Anschläge seien ein Beweis dafür, dass die Regierung in Kiew „zu einer terroristischen Organisation verkommt und ihre Sponsoren zu Komplizen von Terroristen werden“, wird Putin zitiert.
Die täglichen russischen Drohnen- und Raketenangriffe auf die 2022 überfallene Ukraine erwähnte er nicht. Bei einem im russischen Fernsehen übertragenen Treffen mit hochrangigen Beamten sagte Putin, dass „das derzeitige Regime in Kiew überhaupt keinen Frieden braucht“.
Russische Ermittler sagten, die Ukraine habe am Samstag eine Autobahnbrücke über einer Eisenbahnstrecke gesprengt, gerade als ein Personenzug mit 388 Menschen an Bord darunter durchfuhr. Die Anschläge ereigneten sich kurz vor den Friedensgesprächen in der Türkei am Montag. „Worüber soll man da reden? Wie können wir mit denen verhandeln, die auf Terror setzen?“, sagte Putin. Jeder Waffenstillstand würde lediglich dazu genutzt werden, die Ukraine mit westlichen Waffen zu versorgen. Die Ukraine hat sich zu den Brückenanschlägen nicht geäußert, aber darauf verwiesen, dass Russland in der Nacht zu Montag eine Rekordzahl an Drohnen auf die Ukraine abgefeuert hatte. Dabei starben mehrere Menschen.
Militärhilfe für Kiew aus den Niederlanden
Die Niederlande wollen weitere Rüstungsgüter an die Ukraine liefern. Verteidigungsminister Ruben Brekelmans kündigte in Brüssel ein neues Unterstützungspaket für die maritime Sicherheit in Höhe von 400 Millionen Euro an. Dazu gehörten Patrouillenboote, Transportboote, Abfangjäger, Spezialeinsatzfahrzeuge – „also ein breites Spektrum von mehr als 100 Schiffen“, sagte der Niederländer bei dem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe.
Darüber hinaus umfasse das Paket auch mehr als 50 Seedrohnen sowie Waffensysteme, Sensoren, Ersatzteile und Ausbildung. Das sei sehr wichtig, da die russischen Bedrohungen beispielsweise sowohl im Schwarzen Meer als auch rund um Cherson zunähmen. Die Niederlande lieferten der Ukraine bislang unter anderem F 16-Kampfflugzeuge sowie Artillerie, aber wenig Waffen für den Einsatz auf See.
Bericht: Jeweils 500 Gefangene sollen am Wochenende ausgetauscht werden
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hat offenbar den nächsten Austausch von Kriegsgefangenen für das kommende Wochenende angekündigt. Man werde zwischen dem 7. und 8. Juni insgesamt 500 Gefangene aus Russland nach Hause bringen, sagte er vor Journalisten, wie der Kyiv Independent berichtet.
Bei den Friedensgesprächen am Montag in Istanbul hatten Russland und die Ukraine einen Austausch vereinbart. Im Anschluss hieß es vonseiten Russlands, jeweils 1000 Menschen sollten auf beiden Seiten freigelassen werden. Zudem wolle man 6000 Leichen gefallener Soldaten austauschen. Russland habe der Ukraine noch keine Liste der Gefangenen vorgelegt, die es freilassen wolle, sagte Selenskij laut Kyiv Independent.
EU-Kommission will Schutz für aus der Ukraine Geflüchtete bis 2027 verlängern
Die EU-Kommission will den besonderen Schutzstatus für Flüchtlinge aus der Ukraine um ein weiteres Jahr verlängern bis März 2027 - angesichts des andauernden Krieges und der volatilen Situation im Land, wie die Behörde mitteilt. Die Mitgliedstaaten könnten diesem Vorschlag bereits kommende Woche zustimmen.
Aktuell ist der Status ukrainischer Flüchtlinge über die EU-Richtlinie für vorübergehenden Schutz geregelt: Sie müssen kein Asylverfahren durchlaufen und haben einen vergleichsweise guten Zugang etwa zum Arbeitsmarkt und zu Sozialleistungen. Nach aktuellem Stand läuft dieser Status im März 2026 aus. Seit 2022 sind nach Angaben der Kommission mehr als 4,3 Millionen Menschen aus der Ukraine in die EU geflohen. Deutschland hat mit gut 1,2 Millionen die meisten von ihnen aufgenommen.
Zugleich empfiehlt die Kommission den Mitgliedstaaten, die Rückkehr der Geflüchteten vorzubereiten. So sollen sie zum Beispiel prüfen, ob andere Bleibeperspektiven bestehen, etwa in Form eines Arbeits- oder Studentenvisums. Zudem sollen Geflüchtete mehr Informationen über Rückkehrmöglichkeiten erhalten und ihre Heimat leichter besuchen können. Diese Empfehlungen wären auch bei Zustimmung der Mitgliedstaaten nicht bindend. „Gemeinsam mit der Ukraine ebnen wir den Weg, damit die Menschen zurückkehren und ihre Häuser wieder aufbauen können, sobald es sicher ist“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Russland bestätigt Angriff auf Krim-Brücke, bestreitet aber Schäden
Russland hat einen ukrainischen Angriff auf die Krim-Brücke bestätigt, Schäden an dem riesigen Bauwerk allerdings bestritten. Es habe eine Explosion gegeben, die Brücke sei jedoch nicht beschädigt worden und ihre Funktion intakt, teilt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow mit. Es seien Vorsichtsmaßnahmen ergriffen worden. Peskow warf der Regierung in Kiew vor, ihre Versuche fortzusetzen, zivile Infrastruktur anzugreifen.
US-Verteidigungsminister fehlt bei Ramstein-Treffen
Wenn sich an diesem Mittwoch in Brüssel die Verteidigungsminister der sogenannten Ramstein-Gruppe der Ukraine-Unterstützer treffen, wird zum ersten Mal der US-amerikanische fehlen. Mehrere Medien in den USA berichten, dass Pete Hegseth auch nicht per Video zugeschaltet sein werde. Zwar fliege er nach Brüssel, aber er werde dort erst am Donnerstag zum Treffen der Nato-Verteidigungsminister stoßen. Das Portal Politico zitiert seinen Sprecher Kingsley Wilson mit den Worten, Hegseths „Reiseplan“ verhindere die Teilnahme. „Die Vereinigten Staaten konzentrieren sich darauf, den Krieg in der Ukraine so schnell wie möglich zu beenden, und zwar zu Bedingungen, die einen dauerhaften Frieden ermöglichen.“
Die Nicht-Teilnahme ist ein Signal, dass sich die USA aus der Unterstützung für die Ukraine zurückziehen: Der Ramstein-Gruppe, die offiziell Ukraine Defense Contact Group (UDCG) heißt, gehören mehr als 50 Staaten an, die der Ukraine militärisch im Krieg gegen Russland helfen. Sie wurde vor drei Jahren von den USA ins Leben gerufen, um die Hilfen – etwa mit Waffenlieferungen – zu koordinieren. Bis Anfang des Jahres, seit die Regierung Trump im Amt ist, wurden die Ministertreffen auch vom Verteidigungsminister der USA geleitet. Inzwischen haben Deutschland und Großbritannien die Koordinierung und Sitzungsleitung übernommen. Bei der bislang letzten Sitzung im April war Hegseth noch dabei. Laut Politico wird er heute vom Botschafter der USA bei der Nato vertreten.
Atombehörde: Gefahr eines AKW-Unfalls ist real
Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA warnt angesichts der jüngsten russischen Angriffe auf die Ukraine vor der Gefahr eines atomaren Unfalls in einem Kernkraftwerk. „Es ist klar, dass die Gefahren für die nukleare Sicherheit weiterhin sehr real und allgegenwärtig sind“, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi in Kiew. Seine Teams hätten berichtet, dass der Dienstag „der intensivste Tag mit Luftangriffsalarmen war, den sie seit Ende letzten Jahres erlebt haben“.
Die IAEA schickt regelmäßig Expertenteams zu den beiden aktiven Kraftwerken in Riwne und Chmelnyzkyj. Im inzwischen heruntergefahrenen Atomkraftwerk Saporischschja, das seit März 2022 unter russischer Kontrolle und direkt an der Frontlinie steht, sind dauerhaft IAEA-Mitarbeiter präsent. In Riwne beispielsweise hätten seine Mitarbeiter am Dienstag dreimal Schutzräume aufsuchen müssen, schreibt der IAEA-Chef. Auch wenn das Kraftwerk nicht angegriffen worden sei, mache dies deutlich, dass die Lage auch für die nukleare Sicherheit weiter gefährlich sei.
Ukraine kann auf weitere Militärhilfen hoffen
Die Verteidigungsminister aus Deutschland, Großbritannien und zahlreichen anderen Staaten wollen heute in Brüssel weitere Militärhilfen für die Ukraine koordinieren. Zu dem Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe wird auch der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow erwartet. Er soll über die Lage an der Front informieren und sagen, welche Verteidigungsgüter seine Streitkräfte derzeit am dringendsten benötigen.
Geleitet wird das Treffen im Nato-Hauptquartier von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und dessen britischen Kollegen John Healey. Dieser bringt weitere Zusagen an die Ukraine mit nach Brüssel: Nach etwa 10 000 gelieferten Drohnen im vergangenen Jahr wolle Großbritannien bis zum Ende des laufenden Haushaltsjahres im April 2026 100 000 Drohnen an die Ukraine geliefert haben. Das 350 Millionen Pfund (415 Millionen Euro) teure Drohnenpaket sei Teil einer umfassenderen, 4,5 Milliarden Pfund schweren militärischen Unterstützungsinitiative für die Ukraine in diesem Jahr, teilte die Regierung mit.
Nach erfolgreichem Schlag gegen Russland: Selenskij stellt Militärführung um
Dem ukrainischen Geheimdienst ist mit dem Schlag gegen die russische Bomberflotte ein Coup gelungen, während gleichzeitig die Armeeführung wegen Fehlern in Kritik geriet. Nun reagiert der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij darauf: Er nimmt Veränderungen an der Spitze der Militärführung vor. So sei der bisherige Heereschef Mychajlo Drapatyj von Organisationsaufgaben wie der Mobilmachung, dem Training und der Vorbereitung von Rekruten befreit worden, sagte Selenskij in seiner abendlichen Videobotschaft.
„Drapatyj wird sich als Kommandeur der vereinigten Streitkräfte ausschließlich auf Gefechtsfragen konzentrieren, damit er sich zu 100 Prozent der Front widmen kann.“ Der Kompetenzbeschneidung war ein fataler russischer Raketenangriff auf einen Truppenübungsplatz in der Region Dnipropetrowsk vorausgegangen. Drapatyj selbst hatte als Konsequenz aus dem Fiasko, bei dem seinen Angaben nach zwölf Soldaten ums Leben kamen und Dutzende verletzt wurden, vor zwei Tagen per Telegram seinen Rücktritt angeboten. Doch der 42-Jährige gilt als einer der fähigsten ukrainischen Generäle. Zuletzt stabilisierte er die Lage vor der umkämpften Stadt Pokrowsk im Gebiet Donezk. Beobachter gehen davon aus, dass Selenskij nicht auf seine Führungsqualitäten an der Front verzichten wollte.
Zudem ernannte Selenskij Oleh Apostol zum Chef der Fallschirmjägertruppen und Robert Browdi zum Chef der Drohnentruppen. Wadym Sucharewskyj solle als neuer Vizekommandeur der Heeresgruppe Ost die gesamte Kommandostruktur modernisieren, sagte der ukrainische Staatschef. Bei der seit mehr als drei Jahren andauernden russischen Invasion steht die Ukraine an der Front schwer unter Druck.
Neuer Angriff auf die Krim-Brücke
Der ukrainische Geheimdienst SBU hat nach eigenen Angaben unter Wasser einen Sprengstoffangriff auf die Straßen- und Eisenbahnbrücke verübt, die die Halbinsel Krim mit Russland verbindet. 1100 Kilogramm Sprengstoff seien am frühen Morgen gezündet worden, erklärte der SBU auf Telegram und auf der Plattform X. Dadurch seien Unterwasserpfeiler der Brücke beschädigt worden, das Bauwerk sei „faktisch (...) einsturzgefährdet“. Die 19 Kilometer lange Brücke bildet eine der wichtigsten Versorgungsrouten für die russischen Streitkräfte in der Ukraine.
Der ukrainische Geheimdienst erklärt: „Die Operation dauerte mehrere Monate. SBU-Agenten verminten die Pfeiler dieser illegalen Einrichtung.“ Weiter heißt es, der „erste Sprengsatz“ sei um 4.44 Uhr gezündet worden. Zivilisten seien bei der Explosion nicht zu Schaden gekommen.
Russland hat bislang nicht offiziell bestätigt, dass es einen Angriff gab. Die Brücke war am Morgen aber für etwa drei Stunden gesperrt. Ursache soll dabei örtlichen Medienberichten zufolge die Beseitigung der durch Teile einer abgeschossenen Drohne verursachten Schäden gewesen sein. Wenig später wurde demnach der Verkehr über die Brücke ohne Nennung von Gründen erneut eingestellt. In den Medien war von Angriffen mit Unterwasserdrohnen die Rede. Nach knapp drei Stunden wurde sie dann zum zweiten Mal freigegeben.
Die Krim-Brücke war bereits mehrfach Ziel von Attacken. Das Bauwerk führt über die Meerenge von Kertsch. In diesem Artikel aus unserem Archiv erfahren Sie noch mehr Hintergründe (SZ Plus).