Es heißt ja, je älter man werde, desto schneller vergehe die Zeit. Umgekehrt bedeutet das: Wenn man jung ist, scheint sie langsamer zu vergehen. Vermutlich liegt es daran, dass alles neu ist, und wenn man etwas zum ersten Mal erlebt, kommt einem die Zeit lang vor. Außer natürlich, man wartet wieder mal bei Wind und Regen auf den Bus. Das kann sich auch ziehen.
Gleichzeitig bewegen Kinder und Jugendliche sich in einer Welt, in der alles schneller wird. Also vor allem in der digitalen Welt der sozialen Medien. Die beste Chance auf große Reichweite haben bei TikTok Videos von 21 bis 34 Sekunden Länge.
Entscheidend ist, dass die Clips sofort spannend sind, sonst ist die Aufmerksamkeit weg. Und genau das erlebe ich auch im Alltag mit unseren 16-jährigen Zwillingstöchtern. Dialoge ohne Chance auf Reichweite haben dieses Muster:
Ich sage, dass ich etwas wissen/erklären/mitteilen möchte. Die Antwort: Dann sag’s doch einfach.
Ich beginne zu sprechen, sage: »Neulich waren wir ja…«, und registriere umgehend einen genervten, »Nun komm mal zum Punkt«-Gesichtsausdruck.
Irritiert beende ich den Satz und will gerade mein Anliegen nennen, da wedelt schon eine Hand durch die Luft, als sollten Hühner in den Stall getrieben werden.

Mutter und Teenagerin (Symbolbild)
Foto: Liliya Krueger / Getty ImagesAlso ungefähr so jedenfalls. Das Leben im TikTok-Takt bringt, das ist nur logisch, eine höhere Sprechgeschwindigkeit mit sich, schließlich muss man viel unterbringen, bevor man in die Abschaltgefahrenzone kommt. Ganze Sätze schmelzen zu einem Wort zusammen »Genonstadt« etwa (Ich gehe noch in die Stadt) und werden auf Nachfrage im selben Tempo wiederholt. Ich weiß schon, wissenschaftlich ist die Verschnellerung des Sprechens nicht belegt; ich bin trotzdem davon überzeugt.

Giovanni Colaneri
Für den Social Design Award 2025 von SPIEGEL WISSEN mit dem Motto »Unsere Kinder, unsere Zukunft« werden Projekte gesucht, die Kinder und Jugendliche unterstützen.
Und nicht nur ich: Kürzlich hat unsere Tochter in einer Schultheateraufführung mitgespielt, eine Inszenierung von »Die Welle«. Passt gut in unsere Zeit, dachte ich. »Wie lange dauert das?«, habe ich unsere Tochter gefragt. »Eine Stunde zwanzig«, war die Antwort, »eigentlich ist das Stück eine Stunde dreißig, aber viele sprechen sehr schnell.«
Es war übrigens ein ganz toller, bewegender Theaterabend. Schade, dass er so schnell vorbei war.
Meine Lesetipps
In manchen Bundesländern sind schon Ferien, in einigen starten sie bald. Da kann für Kinder die Zeit ganz schön lang werden, wenn die Freundinnen und Freunde schon verreist sind und sie selbst (noch) Urlaub zu Hause machen. Das Sommerheft von DEIN SPIEGEL bietet da unterhaltsame Abwechslung, mit 25 Tipps für Spiele und Basteleien und mit einem längeren Sommerrätsel. Es ist am Kiosk erhältlich oder hier bestellbar.
Ferien sind ja auch die Zeit fürs Schwimmen, im Freibad, im Badesee, im Meer. Sind Sie Brustschwimmer? Oder kraulen Sie? Ich habe schon mehrere Anläufe gemacht, um Kraulen zu lernen, bin aber gescheitert. Unsere Töchter haben leider auch eine Brustschwimmen-Lernkarriere hinter sich. Aber damals waren wir glücklich, dass wir überhaupt Plätze in einem Schwimmkurs bekommen hatten. Wie es besser gehen könnte, lesen Sie hier .
Wenn man barfuß durchs Freibad geht, dann bietet es sich an, vorzeigbare Füße zu haben. Benutzen Sie zum Beispiel einen Nagelknipser? Dann wäre es an der Zeit, ihn zu entsorgen, denn er ist, wie die Podologin Martin Schmidt erklärt, nicht präzise genug. Auch auf die richtige Creme kommt es auch an, sonst steigt gerade beim Besuch öffentlicher Schwimmbäder die Fußpilzgefahr. Wie Sie Ihre Füße Ferien-fit machen, erfahren Sie hier . Und alles, was Sie über Sonnencremes wissen sollten, lesen Sie hier .
Und dann möchte ich Ihnen den Text meiner Kollegin Heike Klovert ans Herz legen, auch wenn er wenig sommerlich leicht ist. Nehmen Sie sich die Zeit, es lohnt sich. Sie beschreibt, wie deutscher Bürokratie-Irrsinn es einer engagierten Pflegefamilie schwer macht.
Mein Moment
Gerade haben unsere Töchter schulfrei. Nicht wegen der Hitze, sondern weil an der Schule in dieser Woche Abiturprüfungen stattfinden. In zwei Jahren werden unsere Töchter dort geprüft. Bis dahin gibt es nur noch zweimal Sommerferien, aber ich hoffe, dass wir auch nach dem Schulabschluss noch zusammen Urlaube verbringen. Deshalb habe ich mich gefreut, was eine Leserin zum Text meiner Kollegin Antonia Bauer über die 18 gemeinsamen Sommer von Eltern und Kind geschrieben hat:
»Wir 4 (Eltern und beide erwachsenen ›Kinder‹) haben am Samstag den 24. Geburtstag unseres Sohnes ganz gemütlich und vergnüglich bei Hagenbeck im Zoo und danach noch ›beim Italiener‹ gefeiert.
Heute haben wir schon wieder zusammengesessen und Fotos unseres ersten Besuchs dort vor ca. 23 Jahren angesehen. Siehe da: Unsere Tochter hatte wirklich auf dem Wippelelefanten am Elefantengelände gesessen! Dass sie sich daran erinnern konnte!
Ich bin sehr glücklich, dass wir immer noch eine gute Zeit zusammen haben. Wir wissen aber auch, dass es nicht ewig so weitergeht. Daher genießen wir die Zeit.«
Und wie vergeht bei Ihnen die Zeit? Schnell oder langsam? Und haben Sie und Ihre Kinder ein unterschiedliches Zeitgefühl? Ich freue mich, wenn Sie mir schreiben:
familiennewsletter@spiegel.deHerzlich,
Ihr Marianne Wellershoff