Klartext beim SVS nach Walldorf-Debakel - Personelle Sorgen vor Freiburg-Spiel bleiben

vor 6 Stunden 1

Der SV Sandhausen ist ein heißes Pflaster - sowohl für Spieler als auch für Trainer. Noch sitzt Olaf Janßen trotz ausbleibender Ergebnisse allerdings im Sattel. Der Fußballlehrer, dem aktuell eine ganze Defensiv-Achse fehlt, bleibt optimistisch, legt aber auch den Finger in die Wunde.

Die Mannschaft tat Buße. Am eigentlich freien Sonntag wurde das Debakel aufgearbeitet. Das 0:4 im Derby gegen die "Feierabend-Profis" des FC-Astoria Walldorf war eine Demütigung für den SV Sandhausen. Nach der vierten Niederlage im fünften Pflichtspiel steht der Aufstiegsfavorit auf einem Abstiegsplatz.

Eine gute Vorbereitung und der Widerstand bei der 2:4-Niederlage im DFB-Pokal gegen den Bundesligisten RB Leipzig hatten die Träume vom direkten Wiederaufstieg genährt. Doch jetzt weiß nicht nur Trainer Olaf Janßen: "Unser Weg wird lang und steinig sein."

Der 58-jährige Fußballlehrer legte den Finger in die Wunde: "Was wir gegen Walldorf an Emotionalität und Gier gezeigt haben, war grausam. Wir hätten sogar höher verlieren können." Präsident Jürgen Machmeier beklagte "Teilnahmslosigkeit", Kapitän Pascal Testroet sagt: "Es war ein Schlag auf die Fresse."

Nicht mal zwei Kilometer liegen die Stadien auseinander. 2006 wollte SAP-Gründungsmitglied Dietmar Hopp gemeinsam mit Sandhausen und Walldorf in die Bundesliga. Als das Wort "Farm-Team" fiel, scherte der stolze SV Sandhausen aus, ging den eigenen Weg von der Oberliga bis in die 2. Liga.

Defensivsorgen beschäftigen Janßen

Zwei gute Eigenschaften zeichnen Janßen aus. Er weiß, dass Fußball mindestens so viel mit dem Kopf wie mit den Beinen zu tun hat. Und er ist ein optimistischer Mensch, der andere mitreißen kann und der sich bemüht, das Positive im Negativen zu sehen.

Sandhausen hat in den vier Regionalliga-Spielen elf Gegentore kassiert. Janßen meint: "Tore zu verhindern, ist einfacher zu trainieren, als Tore zu schießen." Aber um die Löcher zu stopfen, fehlen dem Trainer zumindest derzeit die Alternativen. Jannik Graf, Yanis Outman, David Mamutovic, Berk Inaler fallen verletzt längerfristig aus. In Walldorf fehlte auch Leon Ampadu, bisher ein Lichtblick, und Denis Pfaffenrot muss im Heimspiel am Sonntag gegen den SC Freiburg II wegen einer gelb-roten Karte pausieren.

"Mir stehen gerade noch 14 Feldspieler zur Verfügung", ruft Janßen einen personellen Notstand aus. Weitere Neuzugänge sind nicht ausgeschlossen. 23 sind es bis zur Stunde, 34 haben den Verein verlassen. Es war erwartbar, dass der Neuaufbau, übrigens nicht der erste in den vergangenen Jahren am Hardtwald, seine Zeit benötigt. "Wie bei einem Hausbau sind tausend Dinge zu beachten", sagt der Trainer. Und: "Lieber jetzt die Krise als später. Es bleibt uns Zeit, nachdem wir schon einige richtige Schritte gemacht haben."

Es klingt plausibel. Zu denken gibt, dass Janßen den Eindruck hatte, seine Spieler hätten nach einer englischen Woche in Walldorf "körperlich und mental leer" gewirkt. Sandhausen hat junge Spieler mit Potenzial verpflichtet, von denen aber einige, laut Janßen, "bislang ihr Talent verschleuderten". Nur wenn sie zeitnah erwachsen und psychisch robust werden, kann das "Projekt" gelingen.

Die zweite spannende Frage: Bringt Machmeier die notwendige Geduld auf. Der Hardtwald war bisher kein Hort der Beständigkeit, sondern ein Ort des Heuerns und Feuerns. 12 Trainer und über 200 Neuzugänge gaben sich seit dem Zweitliga-Aufstieg 2012 die Klinke in die Hand.

Janßen hegt keine Zweifel am Wort des Präsidenten. Er lobt: "So wie sich Jürgen nach dem 0:4 in Walldorf verhalten hat, bekommt er von mir 100 Punkte." Noch ist die Hoffnung größer als die Enttäuschung über den Fehlstart. Aber: Wenn nicht bald Punkte in der Tabelle folgen, kann die Stimmung kippen.

Wolfgang Brück

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