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Paul-Anton Krüger
Hauptstadtbüro
Weiter Beratungen auf Fraktionsebene
Auf der Fraktionsebene weiterhin Gewusel. Die parlamentarischen Geschäftsführer sondieren, wann der nächste Wahlgang stattfinden könnte. Die Bundestagsfraktionen von CDU und CSU würden demnach gemeinsam mit der SPD-Fraktion einen gemeinsamen Vorschlag zur Wahl von Friedrich Merz einbringen. Die AfD hat dem Vernehmen nach dem Bundestagspräsidium gegenüber signalisiert, dass sie auch einer zweiten Abstimmung noch an diesem Dienstag zustimmen könnte. Die Verhandlungen zwischen den Fraktionen laufen allerdings nach Informationen des SPIEGEL ohne die AfD. Sowohl bei der Union als auch bei der SPD wurde bislang der Mittwoch als nächster möglicher Termin genannt. Über das Ergebnis der Abstimmung zwischen den Geschäftsführern sollen zunächst die Fraktionen informiert werden.
Linkenchef Jan Van Aken freut sich – nach kurzem Nachdenken – ebenfalls über die Merz-Blamage. Ein wenig Sorge um die daraus folgende Instabilität zeigt er dennoch. »Merz und Klingbeil wurden abgewatscht«, sagt er.
Florian Gathmann
Redakteur im Hauptstadtbüro
In politisch so aufregenden Zeiten muss man auch mal die kleinen Dinge loben: In Schloss Bellevue gibt es für die wartenden Journalisten nicht nur Kaffee und Wasser – sondern nun auch ofenwarme Butterbrezeln!
Florian Gathmann
Hauptstadtbüro
Präsidialamt: Zweiter Wahlgang heute möglich
Die Sprecherin des Bundespräsidenten hat gerade im Großen Saal von Schloss Bellevue vor den ausharrenden Journalisten gesagt, dass ein Wahlgang im Laufe des Tages weiterhin möglich sei. Dazu sprächen gerade die Fraktionen im Bundestag miteinander.
Janita Hämäläinen
Aus dem Plenarsaal
Wer sich über das Scheitern offen freut, ist AfD-Politiker Maximilian Krah. Egal, wie die Konsequenzen für das Land aussehen.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Politikwissenschaftler: Zauber des Anfangs ist verpufft
Der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte sieht einen Dämpfer für die angestrebte Schwarz-Rote-Koalition. CDU-Chef Friedrich Merz habe jetzt ein Glaubwürdigkeitsproblem, dass er beim ersten Wahlgang nicht gewählt worden sei, sagte Korte im TV-Sender Phoenix. »Die Startmöglichkeiten für ihn, mit vielleicht auch Zauber des Anfangs daherzukommen, die sind verpufft.«
Zugleich sei aber ein solides Regieren auch nach einer Kanzlerwahl im zweiten oder einem dritten Wahlgang möglich, machte Korte deutlich. Er wies darauf hin, dass bei Ministerpräsidentenwahlen in Landtagen wiederholt mehrere Wahlgänge erforderlich gewesen seien. Die Wählerinnen und Wähler würden Dinge auch schnell vergessen. Wenn durch die Regierungsarbeit bis Herbst einige Vorhaben auf den Weg gebracht würden, könne sich dies ausgleichen. Jedoch: »Mehrheiten muss man machen, sie sind nicht einfach da.«
Maria Fiedler
Hauptstadtbüro
Was wurde aus der politisch stabilen Bundesrepublik?
Auf den Tag genau sechs Monate ist das Ampel-Aus jetzt her. Am 6. November brach die Koalition aus SPD, Grünen und FDP. In einer denkwürdigen Pressekonferenz schob Kanzler Olaf Scholz seinem Finanzminister Christian Lindner die Schuld für das Scheitern zu. Es war ein politisches Beben. Heute, am 6. Mai, wieder Chaos. Eigentlich gilt Deutschland als Hort der politischen Stabilität. Doch damit scheint es nun vorbei. Auch wenn Merz im zweiten Wahlgang zum Kanzler gewählt wird: Das Desaster im Bundestag zeigt, wie bröckelig seine schwarz-rote Mehrheit ist.
Severin Weiland
Hauptstadtbüro
Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer spricht im Bundestag unaufhörlich in ihr Handy, nimmt immer wieder Passagen neu auf. Sie habe auf der Tribüne des Bundestags gesessen, neben Botschaftern aus anderen Ländern. »Die dachten, was geht denn hier gerade ab«, spricht sie in ihr Handy und filmt sich dabei. Es sei »mucksmäuschenstill« gewesen im Plenum, als die Bundestagspräsidentin Julia Klöckner das Ergebnis des ersten Wahlgangs verlesen habe.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Brantner: CDU und SPD müssen sich beweisen
»Wir wünschen uns für Europa und Deutschland eine handlungsfähige Regierung«, sagte die Grünenvorsitzende Franziska Brantner der Nachrichtenagentur dpa. Bedauerlicherweise hätten Friedrich Merz (CDU) und der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil dafür die Mehrheit ihrer eigenen Fraktionen nicht sichern können. »Sie müssen nun beweisen, dass sie das jetzt, aber auch für vier Jahre können«, fügte sie hinzu.
Florian Gathmann
Redakteur im Hauptstadtbüro
Falls sich jemand fragt, was Staatsoberhaupt Steinmeier nun tun wird: Sollte man sich im Bundestag auf einen zweiten Wahlgang heute oder in den kommenden Tagen einigen, wird er sich nicht öffentlich äußern, ist aus dem Präsidialamt zu hören – andernfalls schon.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Wer regiert denn jetzt?
Olaf Scholz (SPD) hatte gestern seinen großen Zapfenstreich, Friedrich Merz (CDU) wollten die Abgeordneten heute nicht zum neuen Bundeskanzler wählen. Wer ist denn dann jetzt gerade Kanzler?
Nach dem Scheitern von Friedrich Merz bekommt Scholz eine ungeplante Verlängerung. Denn Artikel 69 Grundgesetz bestimmt, dass der Bundeskanzler die Amtsgeschäfte »bis zur Ernennung seines Nachfolgers« weiterführt. Dazu ist er verpflichtet. Auch die Ministerinnen und Minister des Bundeskabinetts bleiben vorerst geschäftsführend im Amt.
Severin Weiland
Hauptstadtbüro
Weidel rechnet für Mittwoch mit zweitem Wahlgang
Im Bundestag machen Gerüchte die Runde, der zweite Wahlgang könnte noch heute stattfinden. Die AfD-Co-Fraktionschefin Alice Weidel wird im Medienbereich danach gefragt, ob ihre Fraktion einer dafür notwendigen Fristverkürzung zustimmen würde. »Ja«, sagt sie.
Weidel geht eigenen Angaben zufolge aber davon aus, dass der zweite Wahlgang zur Kanzlerwahl erst am Mittwoch stattfinden werde. Dafür sei die »Unordnung« in den künftigen Koalitionsfraktionen aus Union und SPD zu groß, behauptet Weidel.
Anna Reimann
Hauptstadtbüro
Bundestagspräsidentin Klöckner sucht Raum zum Reden
Julia Klöckner (CDU) irrt auf der Fraktionsebene im Bundestag herum. Die Bundestagspräsidentin sucht einen Raum, um mit Vertretern der Fraktionen zu sprechen. Wie es heute weitergeht, ist unklar.
Sophie Garbe
Hauptstadtbüro
Übrigens: Genau heute vor sechs Monaten zerbrach die Ampelkoalition. Deutschland erlebt damit innerhalb eines halben Jahres die zweite politische Ausnahmesituation.
Severin Weiland
Hauptstadtbüro
SPD-Abgeordneter Stegner warnt vor Chaos im Land
Ralf Stegner (SPD) gehört dem linken Flügel seiner Partei an. Dem Bundestagsabgeordneten aus Schleswig-Holstein steht der Ausgang des ersten Wahlgangs ins Gesicht geschrieben. »Ich gehe davon aus, dass die SPD-Fraktion geschlossen für Merz gestimmt hat«, sagt er zum SPIEGEL, während er für ein TV-Interview im Medienbereich des Bundestags verkabelt wird. »Wir haben ja keine Alternative, sonst stürzt das Land ins Chaos«, sagt Stegner und hofft auf einen Erfolg im zweiten Wahlgang bei der Kanzlerwahl.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Ines Schwerdtner (Linke) sieht das wohl anders als Göring-Eckardt.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Katrin Göring-Eckardt (Grüne) warnt davor, sich über das aktuelle Chaos zu freuen.
Florian Gathmann
Hauptstadtbüro
Was sich wohl Altkanzlerin Angela Merkel gerade denkt, die auf der Besuchertribüne im Bundestag die gescheiterte Wahl von Merz im ersten Durchgang miterleben konnte?
Janita Hämäläinen
Aus dem Plenarsaal
Özdemir: »Kein guter Tag für das Land«
Cem Özdemir, scheidender Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, wirkt in einer ersten Reaktion auf das historische Scheitern von Merz ratlos. Das Interview im Video.
Florian Gathmann
Hauptstadtbüro
Dass sich die wartenden Journalisten weiterhin im Großen Saal von Schloss Bellevue aufhalten dürfen, spricht dafür, dass man im Präsidialamt das weitere Prozedere noch nicht einschätzen kann.
Christian Teevs
Hauptstadtbüro
Klingbeil: »Auf uns ist Verlass«
SPD-Chef Lars Klingbeil sagte in der Fraktion gerade laut Teilnehmern, er habe »nicht den geringsten Hinweis, dass die SPD nicht vollständig gestanden hat«. 85 Prozent Zustimmung beim Mitgliedervotum seien ein Auftrag an die Fraktion, und sie erfülle diesen. »Auf uns ist Verlass«, beteuerte Klingbeil. Klar, was soll er anderes sagen?
Henrik Bahlmann
Nachrichtenressort
Zum ersten Mal in der Geschichte fällt mit Friedrich Merz ein designierter Kanzler im ersten Wahlgang durch. Die Fotos eines außergewöhnlichen Tages (hier gibt es noch mehr):
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Alice Weidel spricht bereits von Neuwahlen. Friedrich Merz (CDU) solle sich zurückziehen, sagt die Chefin der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften AfD.
Paul-Anton Krüger
Hauptstadtbüro
Kein zweiter Wahlgang am Dienstag
In der Unionsfraktion wird das weitere Vorgehen so erklärt: Im ersten Wahlgang habe der Bundestag über einen Wahlvorschlag des Bundespräsidenten abgestimmt. Für einen zweiten Wahlgang könnte der Wahlvorschlag aus der Mitte des Bundestags kommen. In diesem Fall gilt eine Ladungsfrist von 48 Stunden, deswegen werde es an diesem Dienstag keinen weiteren Wahlgang geben. Wenn sich die Fraktionen auf einen Fristverzicht einigen, könnte der zweite Wahlgang am Mittwoch stattfinden. Der reguläre Termin mit Fristwahrung wäre am Freitag. Die Fraktionen beraten demnach derzeit.
Anna Reimann
Hauptstadtbüro
Linke plädiert für zweiten Wahlgang am Mittwoch
Die Linke will am Mittwoch erneut wählen lassen. »Wir sind für einen zweiten Wahlgang morgen. Freitag hat die Linke ihren Bundesparteitag«, erklärte der kommissarische Fraktionsvorsitzende Sören Pellmann gegenüber dem SPIEGEL. »Wir ermöglichen einen Fristverzicht«, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Christian Görke.
Wenn sich die Fraktionen mit einer Zweidrittelmehrheit auf einen Fristverzicht einigen, könnte der zweite Wahlgang am Mittwoch stattfinden. Der reguläre Termin mit Fristwahrung wäre am Freitag. Die Fraktionen beraten derzeit.
Christian Teevs
Hauptstadtbüro
Fassungslosigkeit in der SPD-Fraktion
In der SPD herrscht Entsetzen. »Unverantwortlich« sei es, dass Merz im ersten Wahlgang durchgefallen sei, schreibt mir ein lang gedienter Abgeordneter. Die Genossen bemühen sich zu beteuern, dass sie es nicht gewesen seien. »Wir gehen bei uns von voller Zustimmung aus«, heißt es aus Parteikreisen. Gefehlt habe auch niemand. Ein Abgeordneter schiebt die Schuld der Union zu: Er vermute die Abweichler bei CDU und CSU, damit die SPD schlecht aussehe. Das dürfte noch ein hässliches Blame Game werden in den kommenden Tagen.
Solveig Grothe
Geschichtsressort
Historisch: Wer stimmte gegen Schröder?
Ein besonders bemerkenswertes Ergebnis erzielte 1998 Gerhard Schröder (SPD): Obwohl die rot-grüne Koalition nur 345 Abgeordnete umfasste, wurde er mit 351 Stimmen gewählt. Es war das erste Mal, dass ein deutscher Bundeskanzler ganz offensichtlich auch Stimmen aus der Opposition bekam. Im Sitzungsprotokoll ist vermerkt, dass der Beifall nach der Ergebnisverkündung nicht nur von SPD und Bündnis90/Die Grünen, sondern auch von den PDS-Bänken kam. Vier Jahre später war das ganz anders: Die Koalition umfasste 306 Sitze, Schröder erhielt 305 Stimmen, was eine sofortige Suche nach dem Abweichler auslöste.
Florian Gathmann
Hauptstadtbüro
Das Wort Staatskrise will im Bundespräsidialamt niemand hören. Es wird darauf verwiesen, dass man mit Frank-Walter Steinmeier ein amtierendes Staatsoberhaupt habe, das mit allen relevanten politischen Akteuren und Institutionen im Gespräch sei.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Dax rutscht ins Minus
Friedrich Merz’ Schlappe wirkt sich offenbar direkt auf die Börse aus. Der Dax rutscht weiter ins Minus, nachdem der CDU-Chef bei der Wahl zum Bundeskanzler im ersten Wahlgang gescheitert ist. Der deutsche Leitindex fällt um mindestens 1,1 Prozent auf 23.083 Punkte, nach einem zunächst freundlichen Handelsstart.
Janita Hämäläinen
Aus dem Plenarsaal
Videoanalyse: Merz bekommt nicht genug Stimmen aus dem eigenen Lager
Die Stimmung im Plenarsaal ist angespannt. Hauptstadt-Korrespondent Konstantin von Hammerstein mit einer ersten Einschätzung der Lage im Video.
Jonas Schaible
Hauptstadtbüro
Aus dem Fraktionssaal der Union dringt anhaltender Applaus nach draußen, sehr lange. Die Abgeordneten haben dem im ersten Wahlgang gescheiterten Kanzlerkandidaten stehend applaudiert, berichten Abgeordnete.
Jonas Schaible
Hauptstadtbüro
Merz geht in die Fraktion
Friedrich Merz geht jetzt in den Fraktionssaal. Bis eben hat er sich beraten. SPD-Chef Lars Klingbeil war bis gerade auch dabei. Was war das alles? »Wahnsinn«, sagt ein Abgeordneter.
Severin Weiland
Hauptstadtbüro
AfD erteilt »Einverständnis« für neue Abstimmung am Mittwoch
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, kommt in den Medienbereich des Bundestags. Er rechnet damit, dass der zweite Wahlgang zur Kanzlerwahl erst morgen stattfindet. Er habe soeben in einer Runde der Bundestagspräsidentin Julia Klöckner mit den Ersten Parlamentarischen Fraktionsgeschäftsführern der anderen Parteien für die AfD sein »Einverständnis« für die Abstimmung am Mittwoch erteilt. »Wir wollen ja jetzt wissen, was ist«, sagt Baumann.
Er selbst habe nicht damit gerechnet, dass Merz im ersten Wahlgang scheitere. Baumann freut sich. »Ich hoffe, dass die nicht abgegebenen Stimmen aus den Reihen von CDU und CSU kommen, von Abgeordneten, die der Ansicht sind, dass es so mit der Union nicht weitergehen kann«, sagt Baumann dem SPIEGEL.
Marc Röhlig
Hauptstadtbüro
Linkenchefs sehen Wahlniederlage als Ergebnis von Merz' AfD-Abstimmung
Bei den Linken sorgt die Wahlniederlage erwartbar für Häme. »Wenn er noch nicht mal das Vertrauen von seinen eigenen Leuten in der Berliner Blase bekommt, wie soll er dann das Vertrauen der Menschen gewinnen, die mit den realen Problemen des Alltags kämpfen«, sagt Parteichef Jan van Aken. Merz gelinge es nicht zu verbinden, sondern nur zu spalten. Und seine Co-Chefin Ines Schwerdtner sekundiert: »SPD und CDU sollten das Votum ernst nehmen. Alles andere fördert nur weiter die sowieso steigende Politikverdrossenheit.«
Schwerdtner erinnert an die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD noch im alten Bundestag. Damals noch Unionsfraktionsführer, wollte Merz ein Zeichen für eine härtere Migrationspolitik durchsetzen. »Es war von Anfang an ein Fehler von Merz, das Vertrauen der demokratischen Parteien zu verspielen und mit den Faschisten zu paktieren«, sagt nun Schwerdtner. »Er hat die Brandmauer eingerissen und bekommt nun die Rechnung.«
Florian Gathmann
Hauptstadtbüro
Nachdem zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland der designierte Kanzler die notwendige Mehrheit im ersten Wahlgang verfehlt hat, ist die Frage: Wie schwer wiegt das? Angesichts der angespannten innen- und außenpolitischen Lage macht jedenfalls unter Journalisten bereits das Wort Staatskrise die Runde.
Paul-Anton Krüger
Hauptstadtbüro
Auf der Fraktionsebene im Reichstagsgebäude hat sich im Nordturm eine große Traube von Journalisten gebildet. In Raum 3 N 019 hat der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU ein Büro und die Fraktion Beratungsräume. Hierhin hat sich Friedrich Merz zurückgezogen nach seiner Niederlage im ersten Wahlgang. Thorsten Frei, designierter Kanzleramtsminister, ist dazugestoßen, auch Bundestagspräsidentin Julia Klöckner. Die Fraktion soll zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Ein weiterer Wahlgang, so heißt es aus der Fraktion, wäre nur möglich, wenn alle Fraktionen auf die Einhaltung von Fristen verzichten. In der Diskussion ist der Freitag.
Jonas Schaible
Hauptstadtbüro
Die Unionsfraktion hat sich zur Beratung in den Fraktionssaal zurückgezogen. Noch sind aber nicht alle da. Es wird viel geredet. Wann immer sich die Tür öffnet, sieht man Abgeordnete eifrig diskutieren. Man sei vollzählig, heißt es.
Jonas Schaible
Hauptstadtbüro
Angela Merkel hat vor ein paar Minuten die Ehrentribüne im Plenarsaal verlassen. Sie stoppte für einen kurzen Plausch mit Verena Hubertz, die nun erst mal doch noch nicht Bauministerin wird. Niederlage im ersten Wahlgang: Merkel ist so etwas nicht passiert.
Florian Gathmann
Hauptstadtbüro
In Schloss Bellevue, wo sich Dutzende Journalisten inklusive Fotografen und Kamerateams versammelt haben, um der Ernennung des neuen Kanzlers durch den Bundespräsidenten beizuwohnen, herrscht Verwirrung. Keiner weiß im Moment, ob und wie es hier weitergeht, nachdem Merz die Kanzler-Mehrheit im Bundestag verfehlt hat. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, so heißt es, berate sich derzeit im kleinsten Kreis zum weiteren Prozedere.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Erstmals Kanzlerwahl im ersten Wahlgang gescheitert
Es ist ein Novum: Noch nie ist nach einer Bundestagswahl und erfolgreichen Koalitionsverhandlungen ein designierter Kanzler im ersten Wahlgang gescheitert.
Severin Weiland
Hauptstadtbüro
Omid Nouripour von den Grünen ist einer der Vizepräsidenten des neuen Bundestags. Kaum ist der erste Wahlgang für die Kanzlerwahl von Friedrich Merz gescheitert, wird er im Medienbereich des Bundestags von Journalisten gefragt, ob nun die Grünen im nächsten Wahlgang mit aushelfen müssten. Nouripour sagt, Union und SPD hätten »eine eigene Mehrheit«. Und: »Ich hoffe, sie kriegen das Problem schnell gelöst«, sagt er.
Alexander Schmitt
Crossmedia-Ressort
Die Stimmung im Bundestag ist angespannt. Das ist auch Parlamentspräsidentin Julia Klöckner anzumerken, als sie das Ergebnis des ersten Wahlgangs verliest. Friedrich Merz ist nicht zum Bundeskanzler gewählt: 310 Jastimmen hat er bekommen, 316 hätte er gebraucht. Die Sitzung wird zunächst unterbrochen.
Konstantin von Hammerstein
Aus dem Plenarsaal
Über Merz’ Kanzlerschaft hängt schon jetzt ein Schatten
Es hatte sich abgezeichnet. Wenige Minuten vor der Bekanntgabe des Wahlergebnisses stand Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hinter ihrem Sitz mit den Managern der Parteien zusammen. Ernste Gesichter, ernste Diskussion. Etwas schien passiert zu sein, was die Regisseure dieses Tages nicht vorhergesehen hatten. Dann Bekanntgabe des Ergebnisses. Merz versucht zu lächeln, aber er weiß wohl schon, dass er verloren hat. Er steht auf und verlässt mit seinem Tross den Saal. Es ist eine bittere Niederlage. Auch wenn er im zweiten oder dritten Durchlauf jetzt doch gewählt wird, hängt nun ein Schatten über dem Beginn seiner Kanzlerschaft.
Und so reagiert Friedrich Merz auf das Ergebnis der Wahl.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Kanzlerwahl scheitert im ersten Wahlgang
Friedrich Merz (CDU) verpasst die Wahl zum Bundeskanzler im ersten Wahlgang. Die Abgeordneten stimmten nicht mehrheitlich für Merz. Er hätte 316 Stimmen gebraucht. CDU/CSU (208) und SPD (120) verfügen zusammen über 328 Mandate. 12 mehr, als für die Mehrheit benötigt.
Insgesamt wurden 621 Stimmen abgegeben.
Jastimmen: 310
Neinstimmen: 307
Enthaltungen: 3
Ungültig: 1
Weiland, Severin
Hauptstadtbüro
Die Cafeteria auf der Plenarebene des Bundestags ist ein demokratischer Ort. Alle sitzen hier an Tischen nah beieinander, Abgeordnete, Journalisten. Etwa die AfD-Politikerin Beatrix von Storch mit drei ihrer Kollegen, gleich nebenan an einem weiteren Tisch der künftige Bundesinnenminister Alexander Dobrindt. Noch ist er nicht vereidigt. Er hat Familie mitgebracht. Am Nebentisch sitzen zwei seiner Personenschützer. Seinem jungen Sohn – lange Haare, dunkelblauer Anzug, weiße Sneakers – holt der CSU-Politiker von der Theke eine Flasche Coca-Cola – mit Strohhalm.
Janita Hämäläinen
Aus dem Plenarsaal
Die längste Fan-Schlange bildet sich wohl bei Astronaut Alexander Gerst. Aktivistin Luisa Neubauer ist auch da, allerdings offenbar ohne ein Pappschild; damit hatte sie bei der Sicherheitskontrolle am Eingang Schwierigkeiten. Es ist nicht klar, was draufstand. »Es ist schwer, Aktivistin zu sein«, sagte sie bei der Kontrolle.
Konstantin von Hammerstein
Aus dem Plenarsaal
Schwarz-Grün lebt, auch wenn diese Koalitionskombination jetzt nicht zum Zuge gekommen ist. Merz hat noch geduldig lächelnd ein paar Selfies mit Abgeordneten über sich ergehen lassen, dann hat er den Plenarsaal verlassen. Da steht Britta Haßelmann auf. Die grüne Fraktionschefin schlendert zur Bundesratsbank, steigt eine Stufe nach oben und fällt Daniel Günther um den Hals. Küsschen rechts, Küsschen links mit dem Kieler CDU-Regierungschef, der in seiner Partei immer noch zu den Anhängern einer schwarz-grünen Machtoption zählt. Viele sind es nicht mehr. Also setzen Haßelmann und Günther an diesem Morgen mit ihrer demonstrativen Vertrautheit ein deutliches Zeichen gegen den Trend.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Neben Politikern und der Familie Merz sind auch einige Prominente im Bundestag anwesend. Unter anderem DFB-Präsident Bernd Neuendorf und der deutsche Astronaut Alexander Gerst. So spannend ein Besuch im Bundestag auch ist, einen Flug zur ISS kann er wohl kaum toppen. Gerst scheint trotzdem Spaß zu haben.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Für wen Herr Merz wohl gestimmt hat?
Severin Weiland
Hauptstadtbüro
Während im Plenum die Namensliste der Abgeordneten verlesen wird, sitzt die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, in der Cafeteria und unterhält sich. Die 56-jährige SPD-Politikerin wurde im Mai 2020 in das Amt gewählt. Ihre fünfjährige Amtszeit endet also bald. Demnächst gibt sie in ihrer Funktion einen Jahresempfang. Eine Frage ist bislang – zumindest nach außen hin – offen: Wird sie die Funktion auch in Zukunft weiter ausüben können?
Solveig Grothe
Geschichtsressort
Historisch: Merkels Abweichler
Kanzlerin Angela Merkel (CDU), erste und bisher einzige Frau in diesem Amt, wurde im Besonderen an der Zahl der Abweichler gemessen: Bei ihrer ersten Wahl 2005 fehlten mindestens 51 Stimmen der Großen Koalition, 2009 neun Stimmen aus den Reihen von Union und FDP. 2013 gab es unter Merkel dann wieder eine Große Koalition und man zählte 42 Abweichler. Bei ihrer letzten Wahl 2018 fehlten mindestens 35 Stimmen aus dem eigenen Lager und es wurde sogar über »Leihstimmen« der Opposition spekuliert. Für die nötige Mehrheit reichte es bekanntlich trotzdem jedes Mal.
Janita Hämäläinen
Aus dem Plenarsaal
Der designierte Kanzler hat offensichtlich beste Laune. Kein Wunder: Friedrich Merz ist kurz davor, sein Ziel zu erreichen.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Auszählung beginnt, Sitzung unterbrochen
Bundestagspräsidentin Klöckner (CDU) schließt die Wahl. Die Auszählung beginnt. In 25 Minuten soll das Ergebnis stehen.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Das Alphabet wurde einmal durchdekliniert, alle Namen wurden aufgerufen, verkündet Bundestagspräsidentin Klöckner (CDU). Danach tritt ihre Vorgängerin Bärbel Bas (SPD) zu ihr nach vorn. Offenbar ebenfalls für einen freundlichen Austausch.
Solveig Grothe
Geschichtsressort
Historisch: Opposition im eigenen Lager
Fast noch interessanter als die Zustimmungen sind bei einer Kanzlerwahl oft die »Abweichler«, also jene Abgeordneten der Regierungskoalition, die »ihren« Kanzler NICHT gewählt haben. Bei Kurt Georg Kiesinger (CDU) dürfte die große Differenz erwartbar gewesen sein: Während die Koalition 447 Stimmen umfasste, erhielt er nur 340. Dafür gab es 109 Neinstimmen, obwohl die FDP als einzige Oppositionspartei nur 49 Abgeordnete hatte. Kiesinger war ins Amt gekommen, nachdem eine Koalition aus CDU/CSU und FDP zerbrochen war. Wegen seiner früheren Karriere zu Zeiten des NS-Regimes war er umstritten.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Linnemann: »Merz wird einer der erfolgreichsten Bundeskanzler werden«
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann setzt auf schnelle erste Entscheidungen der künftigen schwarz-roten Bundesregierung. »Wenn wir jetzt nicht am Anfang liefern, werden die Leute uns nicht vertrauen«, sagte er kurz vor der Kanzlerwahl im Bundestag dem TV-Sender Phoenix. Deswegen seien die ersten 100 Tage entscheidend. Die Zeit bis zur parlamentarischen Sommerpause Mitte Juli werde vermutlich die wichtigste für die komplette Wahlperiode, sagte Linnemann. »Was da zugeknöpft wird, ist entscheidend für den Erfolg.«
Mit Blick auf den wohl künftigen Kanzler Friedrich Merz (CDU) sagte er: »Ich glaube fest daran, dass er dieses Land überraschen wird.« Als eine Haupteigenschaft von Merz nannte Linnemann Führungsstärke. »Er wird einer der erfolgreichsten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werden.« Das sei »eine kecke These«, aber er gebe sie aus.
Konstantin von Hammerstein
Aus dem Plenarsaal
Auch das wird in Zukunft zum Kanzlerdasein gehören – den Rivalen die Hand ausstrecken. Immer noch werden die Namen aufgerufen. Inzwischen ist der Buchstabe N an der Reihe, N wie Konstantin von Notz. Da steht Friedrich Merz auf und geht rüber zur Bundesratsbank. Er wechselt ein paar nette Worte mit Hendrik Wüst, dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten. Ihm wird nachgesagt, dass er Merz gerne als Kanzler beerben würde. Dann schüttelt Merz Boris Rhein, dem hessischen Ministerpräsidenten, die Hand. Von Rhein ist bekannt, dass er den Führungsstil von Merz intern immer wieder kritisiert hat. Ihn störte, wie der CDU-Chef die mächtigen Landesfürsten oft genug als seine Filialleiter in der Provinz behandelte. Und selbst Kai Wegner, der Regierende Bürgermeister von Berlin, bekommt an diesem Morgen einen warmen Händedruck des zukünftigen Kanzlers. Ausgerechnet Wegner, der sich in den vergangenen Jahren vom Merz-Fanboy zu einem seiner schärfsten parteiinternen Kritiker entwickelt hat. Aber das soll heute, an diesem historischen Tag, keine Rolle spielen.
Henrik Bahlmann
Nachrichtenressort
Friedrich Merz und Lars Klingbeil, klar. Aber abgesehen von den beiden Parteispitzen war vor der Verkündung der Ministerposten nicht alles klar. Etwa die CDU sorgte mit Digitalminister Karsten Wildberger, eigentlich Mediamarkt-Saturn-Manager und nun Neupolitiker, für eine echte Überraschung. Alle Kabinettsmitglieder können Sie hier in unserem Quartett vergleichen.
Janita Hämäläinen
Aus dem Plenarsaal
Nach diversen Plauderrunden widmet sich Altkanzlerin Merkel wieder ihrem Handy – ein vertrautes Bild.
Christian Teevs
Haupstadtbüro
Auch SPD vollständig
Auch die SPD-Fraktion war beim Zählappell vollständig. Somit sind alle 208 Unionsabgeordneten und die 120 Abgeordneten der SPD anwesend. Friedrich Merz (CDU) muss mindestens die Stimmen der Mehrheit der Bundestagsmitglieder erhalten – das sind bei 630 Abgeordneten mindestens 316. CDU/CSU (208) und SPD (120) verfügen zusammen über 328 Mandate, also nur zwölf mehr, als sie unbedingt brauchen.
Konstantin von Hammerstein
Aus dem Plenarsaal
Während das Bundestagspräsidium für die namentliche Abstimmung einen Abgeordnetennamen nach dem anderen aufruft, stehen die wichtigsten Koalitionäre im vertrauten Gespräch zusammen: der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz, der neue Unions-Fraktionschef Jens Spahn und SPD-Chef Lars Klingbeil. Merz gestikuliert, Klingbeil lacht und Spahn sieht zufrieden aus. Die Anspannung dürfte bei allen drei Männern groß sein. Steht die Koalition gleich bei der Kanzlerwahl? Wird sie ihre knappe Mehrheit ausspielen können?
Solveig Grothe
Geschichtsressort
Historisch: Kiesinger stimmte nicht für sich
Im Prinzip ist es möglich und wohl auch wahrscheinlich, dass sich ein Bundeskanzler auch selbst wählt. Sicher weiß man das natürlich fast nie, schließlich ist die Abstimmung geheim. Konrad Adenauer soll später einmal auf die Frage, ob er für sich selbst gestimmt habe, geantwortet haben: »Selbstverständlich, etwas anderes wäre mir doch als Heuchelei vorgekommen.« Eine bekannte Ausnahme gibt es allerdings: Kurt Georg Kiesinger (CDU) kann sich 1966 nicht selbst gewählt haben. Denn der bis dahin amtierende Ministerpräsident von Baden-Württemberg war zu diesem Zeitpunkt kein Mitglied des Bundestages und daher nicht stimmberechtigt. Als Kanzler der ersten Großen Koalition auf Bundesebene bekam er aber auch ohne dies eine komfortable Mehrheit.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Grüße vom alten zum neuen Kanzler? Olaf Scholz (SPD) und Bald-Kanzler Friedrich Merz (CDU) halten vor der Abstimmung noch einen Plausch im Bundestag.
Konstantin von Hammerstein
Aus dem Plenarsaal
Auf der Ehrentribüne sitzen Ehemalige und Zukünftige an diesem Morgen einträchtig nebeneinander. Altkanzlerin Angela Merkel zwischen Jörg Kukies, dem nur noch wenige Stunden amtierenden Finanzminister. Auf ihrer anderen Seite die frühere CDU-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth. In der Reihe dahinter sitzen die Neuen, die nicht Mitglied im Bundestag sind. Katherina Reiche, die designierte Wirtschaftsministerin, Karsten Wildberger, der das neue Digitalministerium aufbauen soll und Karin Prien, die zukünftige Bildungs- und Familienministerin. Der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer sitzt zwischen dem zukünftigen Regierungssprecher Stefan Kornelius und Prälat Karl Jüsten, dem Vertreter der Katholischen Bischofskonferenz in Berlin. So viel Harmonie lässt sich meist nur am ersten Tag einer neuen Regierung beobachten. Aber diese Stunden scheinen alle zu genießen.
Sophie Garbe
Hauptstadtbüro
Bundestagspräsidentin neu im Job
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner begrüßt die Abgeordneten mit »Guten Morgen«, bevor sie sich hinsetzt. Der lapidare Gruß löst etwas Gelächter im Plenum aus, Klöckner ist offensichtlich etwas verunsichert. Sie dreht sich zur Seite zu ihren Präsidiumskollegen, fragt: »War was falsch?« Für Klöckner ist es erst die zweite Sitzung als Bundestagspräsidentin.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Kanzlerwahl eröffnet
Die Wahl ist eröffnet. Die einzelnen Angeordneten werden nun alphabetisch aufgerufen, um ihre Stimmkarten abzuholen und dann abzugeben.
Solveig Grothe
Geschichtsressort
Historisch: Abgeordnete bestochen
Der einzige Fall, in dem ein Kanzlerbewerber an der absoluten Mehrheit scheiterte, ereignete sich 1972. Mehrere Abgeordnete aus Willy Brandts sozialliberaler Koalition waren zur Unionsfraktion gewechselt, die daraufhin rein rechnerisch über eine knappe absolute Mehrheit verfügte. CDU-Chef Rainer Barzel wollte deshalb Brandt mit einem konstruktiven Misstrauensvotum ablösen. Bei der Abstimmung jedoch erhielt er zwei Stimmen weniger als erwartet. Später wurde bekannt, dass die DDR-Staatssicherheit mindestens zwei Unions-Abgeordnete bestochen hatte, Barzel die Zustimmung zu verweigern.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Die Sitzung hat begonnen. Die neue Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) gratuliert erst mal einigen Abgeordneten zum Geburtstag und begrüßt unter anderem die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), bevor es zu Punkt eins übergeht: die Kanzlerwahl.
Paul-Anton Krüger
Hauptstadtbüro
Drei Regierungen im Plausch: Kurz vor Beginn der Bundestagssitzung ein kurzer Austausch auf der Besuchertribüne: Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) ist gekommen, sie steht mit dem scheidenden Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (SPD) zusammen, der ein Bundestagsmandat in seiner Heimatstadt Hamburg verpasst hat. Dazu gesellt sich der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, und der neue Regierungssprecher, Stefan Kornelius, der über Merkel schon mehrere Bücher geschrieben hat.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Unionsfraktion offenbar vollständig
CDU-Chef Friedrich Merz kann bei der Kanzlerwahl wohl darauf setzen, dass alle 208 Unionsabgeordneten anwesend sind. Nach dem Zählappell teilte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger (CDU), nach Angaben von Sitzungsteilnehmern mit, die Union sei vollzählig.
Konstantin von Hammerstein
Aus dem Plenarsaal
Die Familie Merz sitzt schon in der ersten Reihe der Ehrengastribüne. Alexander Dobrindt, der designierte CSU-Innenminister, hat es sich nicht nehmen lassen, Merz-Ehefrau Charlotte persönlich zu ihrem Platz zu führen. Die Stimmung scheint bestens zu sein. Als Erstes macht eine der Töchter ein Selfie von allen. Inzwischen ist auch Friedrich Merz gekommen. Er steht mit etlichen Kollegen aus der Fraktion zusammen, darunter auch der neue Unionsfraktionschef Jens Spahn.
Solveig Grothe
Geschichtsressort
Historisch: Kanzlerwahl überschattet
Manch einer mag heute Morgen zuerst auf die Nachrichten aus den USA geschaut haben, ob es da mal wieder Überraschungen gibt. Denn auch eine Kanzlerwahl ist nicht davor gefeit, von anderen Ereignissen überschattet zu werden. So erging es übrigens Helmut Kohl (CDU) bei seiner Wahl zum ersten gesamtdeutschen Bundeskanzler am 17. Januar 1991. In der Nacht zuvor hatten die USA die »Operation Wüstensturm« gestartet und bombardierten zahlreiche Ziele im Irak. Die Aktion sollte Machthaber Saddam Hussein zum Rückzug aus Kuwait zwingen. Damit begann der zweite Golfkrieg. Direkt nach seiner Vereidigung ging Kohl mit einer Regierungserklärung darauf ein und betonte, der Einsatz geschehe in voller Übereinstimmung mit den Vereinten Nationen und würde von der Bundesregierung mitgetragen.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Merz gilt als Mann mit Wirtschaftskompetenz, allerdings hatte er noch nie ein Regierungsamt inne. Ist Fachkenntnis in Sachen Wirtschaft gut für einen Kanzler? Mein Kollege Christian Reiermann hat sich mit dieser Frage beschäftigt und schreibt, was Merz von seinen Vorgängern lernen kann. Lesen Sie hier den ganzen Artikel.
Röhlig, Marc
Hauptstadtbüro
Merz will mit eigens angekarrtem Bier aus dem Sauerland feiern
Der erste Abend wird für den Bald-Kanzler Friedrich Merz eng getaktet: Kabinettsitzung, Fototermin, TV-Auftritt. Doch ab 20 Uhr soll Ruhe einkehren und Merz will seine Regierungsmannschaft zu einem rustikalem Abendessen ins Kanzleramt laden. Das meldet die »Bild«-Zeitung. Dafür habe er extra ein 10-Liter-Fass Bier aus seiner Heimat im Sauerland im Kofferraum seines Wagens mit nach Berlin gebracht.
Marc Röhlig
Hauptstadtbüro
Neue Regierung will zahlreiche Posten streichen
Die künftige Bundesregierung aus Union und SPD meint es ernst mit dem Bürokratieabbau – und will zum Start mehr als zwei Dutzend Sonderbeauftragte streichen. Das geht aus einer der Nachrichtenagentur Reuters am Montagabend vorliegenden Beschlussvorlage für das Kabinett hervor. Viele Funktionen sollen künftig wieder in das jeweils zuständige Ministerium eingegliedert werden oder ganz wegfallen.
Laut der Beschlussvorlage soll es künftig keinen Botschafter für feministische Außenpolitik mehr geben, ebenso keinen Sonderbeauftragten des Auswärtigen Amts für Libyen. Gestrichen wird ferner der Radverkehrsbeauftragte im Verkehrsministerium, dort ebenso Beauftragte für Ladesäuleninfrastruktur. Auch der Beauftragte für Soziale Innovationen im Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt soll wegfallen. Auch weitere Stellen wie die Sonderbevollmächtigte für Migrationsabkommen oder der Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik oder für den Schienenverkehr sollen als eigenen Stellen wegfallen.
»Beauftragte, Sonderbeauftragte und Koordinatorinnen und Koordinatoren werden künftig ausschließlich durch Kabinettbeschluss oder Organisationserlass des Bundeskanzlers bestellt, sofern die betreffende Funktion nicht gesetzlich vorgeschrieben ist«, heißt es in der Kabinettsvorlage.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Das sind die Regeln für die Wahl
Wie der Kanzler gewählt wird, ist in Artikel 63 des Grundgesetzes festgelegt. Dort heißt es, dass der Bundeskanzler auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestag ohne Aussprache gewählt wird.
- Notwendig ist die »Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages«, die sogenannte Kanzlermehrheit. Das sind im aktuellen Parlament mindestens 316 von 630 Stimmen.
- Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, kann der Bundestag binnen vierzehn Tagen nach dem Wahlgang mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen.
- Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt. Dann ist gewählt, wer die meisten Stimmen erhält. Im Grundgesetz heißt es dazu: »Vereinigt der Gewählte die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich, so muss der Bundespräsident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat der Bundespräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen.«
Paul-Anton Krüger
Hauptstadtbüro
Auf dem kleinen Parteitag der CDU hieß es noch: »Wer Friedrich Merz kennt, weiß, bei Friedrich Merz geht es pünktlich los.« Ganz so strikt scheint das heute in der Unionsfraktion nicht gehandhabt zu werden. Um 8:00 Uhr sollte die Sitzung eigentlich losgehen. Doch auch ein paar Minuten später trudeln noch Nachzügler ein. Hier wie auch beim Koalitionspartner SPD ist ein Zählappell angesetzt, bevor um 9:00 Uhr der 21. Bundestag zu seiner zweiten Sitzung zusammentritt. Auf der Tagesordnung: die Wahl des Bundeskanzlers. Die Fraktionen checken zuvor noch einmal, dass alle Abgeordneten anwesend sind und ob sie, wie geplant, CDU-Chef Friedrich Merz zum zehnten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland wählen wollen. Die neue Koalition hat im Bundestag nur zwölf Stimmen Mehrheit. Merz zeigte sich am Montagabend aber zuversichtlich, dass er alle Stimmen der Abgeordneten aus den Reihen von CDU, CSU und auch der SPD wird auf sich vereinen können. Er hatte den Genossen noch einen kurzen Besuch in deren Fraktionssitzung abgestattet und versucht, letzte Vorbehalte auszuräumen.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Das ist der Zeitplan
Um 9 Uhr soll die Bundestagssitzung beginnen. Auf der Agenda steht direkt die Kanzlerwahl.
- Für 10.20 Uhr ist eine Sitzungsunterbrechung vorgesehen, Merz soll im Anschluss seine Ernennungsurkunde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue erhalten
- Um 12 Uhr soll der neue Kanzler im Bundestag seinen Amtseid ablegen
- Danach wird die Sitzung unterbrochen, Merz soll mit seinem (künftigen) Kabinett wieder ins Schloss Bellevue. Dort bekommen die Ministerinnen und Minister ihre Ernennungsurkunden, es soll eine kurze Rede des Bundespräsidenten geben
- Für 13.30 ist im Bundestag die Vorstellung der neuen Bundesregierung vorgesehen, kurz darauf sollen die neuen Ministerinnen und Minister vereidigt werden
- Das Sitzungsende ist für 13.45 vorgesehen
- Am Nachmittag gegen 15 Uhr möchte der scheidende Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Amtsgeschäfte an Merz übergeben
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Liebe Leserinnen und Leser, herzlich willkommen zu unserem Liveblog zur Kanzlerwahl. Auf den Tag genau ein halbes Jahr nach dem Bruch der Ampelregierung soll die Bildung einer neuen Bundesregierung von CDU, CSU und SPD heute abgeschlossen werden. CDU-Chef Friedrich Merz stellt sich am Morgen im Bundestag für das Amt des Bundeskanzlers zur Wahl. Obwohl das Polster der schwarz-roten Koalition zur erforderlichen »Kanzlermehrheit« von 316 Stimmen mit zwölf Stimmen recht dünn ist, gilt die Wahl als ziemlich sicher.
Aus Berlin und Hamburg halten wir Sie über alle Entwicklungen des heutigen Tages auf dem Laufenden.