Vor 40 Jahren saß Willy Kaipel bei Rapids 1:3-Finalniederlage gegen Everton als Co-Trainer von Otto Baric im De Kuip. Mit dem kicker sprach der 76-Jährige über seine Erinnerungen an die legendäre Europacupsaison 1984/85.

Willy Kaipel saß bei der Finalniederlage gegen Everton als Co-Trainer von Otto Baric auf der Bank. imago images/Sportfoto Rudel
Herr Kaipel, Sie waren 1985 Co-Trainer von Otto Baric, wie denken Sie heute an Rapids Europacupfinale gegen Everton zurück?
Es war eine komische Stimmung. Wir sind im Bus ins Stadion gefahren und ich habe das Gefühl gehabt, dass unser Glaube an den Sieg weg war, dass es allen reicht, im Finale zu sein. Ich bin im Bus gesessen und hab mir verzweifelt gedacht, "Heast, mach was, tu was!“.
Europacup der Cupsieger - Finale 1985
Haben Sie Otto Baric darauf angesprochen?
Das hätte ich Baric nicht sagen können, da wäre er ja beleidigt gewesen. Ich weiß nicht, ob er's auch gespürt hat. Oft ist ihm ja was eingefallen, es war immer gut. Aber manchmal geht’s halt nicht.
War der Respekt vor dem FC Everton, der ja schon englischer Meister war und im Halbfinale die Bayern rausgeworfen hat, zu groß oder hat das Wissen, dass mit Panenka und Brucic zwei wichtige Säulen gefehlt haben, die Spieler gelähmt?
Das wird mitgespielt haben. Aber ich habe ja schon im Wiederholungsspiel gegen Celtic in Manchester Otto Baric vertreten, weil er gesperrt war. Da haben wir auch keine Stimmung gehabt. Aber dann bin ich kurz hinaus und habe das volle Stadion gesehen. Zurück in der Kabine habe ich der Mannschaft gesagt. Passt's auf, wenn ihr da jetzt rausgeht, werdet ihr ein Pfeifkonzert hören, wie ihr es noch nie erlebt habt. Nur, beim Match kann's nicht ärger sein. Da sind dann die Spieler schon mit einer breiten Brust rausgegangen. Und das war dann meines Erachtens auch das größte Spiel von Rapid (1:0-Sieg durch Pacult-Tor; Anm.).
Wie sind Sie überhaupt zu Otto Baric gekommen? Sie waren ja nur bei Rapid zwei Jahre lang sein Assistent.
Es war im Frühjahr 1983, da hat Rapid in Oberwart, wo ich auf meiner ersten Trainerstation war, ein Testspiel gehabt. Da sind wir erst bekannt geworden. Ich habe ich mit ihm gesprochen und dann auch mit der Rapid-Führung. So bin ich sein Co- und Tormanntrainer geworden. Und daneben habe ich immer auch in der Bank gearbeitet.
Die Torhüterfrage war bei Rapid damals auch nicht uninteressant. Da der routinierte Funki Feurer, dort der aufsteigende Michael Konsel. Sie waren ja als Torhüter selbst Teamkandidat und Autor eines Torhüter-Fachbuches. Wie haben Sie die beiden gesehen?
Feurer war ein sehr guter Torhüter, Konsel auch, aber den habe ich nur ein halbes Jahr gehabt. Im Herbst hat noch Feurer gespielt und vor allem im Wiederholungsspiel gegen Celtic eine großartige Partie gemacht. Das war ja das Spiel, wo er von einem Fan niedergetreten wurde. Ich bin damals mit dem Masseur hingelaufen und habe dem Schiedsrichter, dem berühmten Paolo Casarin, in die Augen geschaut. Der hat gezittert. Weil er gewusst hat, dass er unmöglich abbrechen kann, weil es im Stadion keine Zäune gab. Ich habe gefragt: "Funki, geht’s?" Und er: "Jo, geht, geht." Ist aufgestanden und hat weitergespielt. Dass Konsel dann im Finale gespielt hat, war eine Entscheidung von Baric.
Bei der Gelegenheit muss ich auch nach Weinhofer und der Whiskyflasche in Glasgow fragen. Da ist man sich ja bis heute nicht einig, wie schwer er getroffen wurde. Was meinen Sie?
Er ist da gelegen und neben ihm die Flasche. Also für mich war das ganz real.
Zurück zum Finale. Baric war ja bekannt dafür, dass er seine Mannschaft perfekt auf den Gegner einstellen konnte. Zur üblichen Vierer-Abwehr hat er zusätzlich Kienast als Sonderbewacher für Starstürmer Andy Gray abgestellt. Der Respekt vor Everton muss schon auch bei ihm groß gewesen sein?
Baric war ein Motivierer und ein guter Taktiker. Aber es hat nicht sollen sein. Everton war schon gut. Wir haben trotzdem 'bissen, 'bissen, 'bissen und bis zur Halbzeit das 0:0 gehalten. In der Pause hat er ihnen noch einmal etwas mitgegeben, an den Wortlaut kann ich mich nicht mehr erinnern, aber dann haben wir nach schweren Fehlern die ersten zwei Tore bekommen. Nach dem späten 1:2 von Krankl wollten wir noch drücken, haben aber zwei Minuten später aber einen Konter gekriegt und Everton hat das dritte gemacht.
Wie ist es nach dem Finale weitergegangen?
Es waren natürlich alle enttäuscht, trotzdem haben wir den Finaleinzug auch als Erfolg betrachtet. Zurück in Wien hat es dann einen Empfang bei Bürgermeister Zilk gegeben. Aber nach der Saison haben sich unsere Wege getrennt. Baric ist nach Stuttgart gegangen und ich als Cheftrainer nach St. Pölten. 1988 war ich dann noch einmal U-21-Trainer bei Rapid. Da sollte ich eigentlich Cheftrainer werden, aber es haben sich dann im Verein doch andere durchgesetzt.
Steht diese Europacupsaison mit Rapid an erster Stelle in Ihrer Trainerkarriere?
Es war schon ein Erlebnis. Aber das Größte in meiner Karriere war für mich, dass ich 1992 als Sportclub-Trainer von den Journalisten zum Trainer des Jahres gewählt wurde.
Interview: Horst Hötsch