Jetzt mal im Ernst: Die Buchpremiere von Robert Habeck in Berlin

vor 1 Tag 1

In langen Schlangen standen die Menschen am Mittwochabend vor dem Delphi-Kino in Berlin an, um Robert Habeck mit Micky Beisenherz auftreten zu sehen. Oder Micky Beisenherz mit Robert Habeck. So sicher war man sich da nicht.

Denn dass der Verlag Kiepenheuer & Witsch für die Premiere von Habecks neuem Buch „Den Bach rauf“ den Moderator des „Kölner Treff“ und des Podcasts „Apokalypse & Filterkaffee“ als Gesprächspartner für den Wirtschaftsminister und Kanzlerkandidaten der Grünen eingeladen hatte („Einer der klügsten Social-Media-Schlagzeilendichter“, schwärmte Verlegerin Kerstin Gleba in ihrer Begrüßungsrede über Beisenherz), gab den Ton vor.

„Sehe ich da ein Lächeln?“

Es sollte nicht nur, es musste launig werden. Wurde es dann auch. Erste Frage, als die beiden die Stufen zur Bühne erklommen hatten: „Herr Habeck, wie geht es Ihnen? Sind Sie auch froh, wenn Sie schon mal die ersten Stufen geschafft haben? Treppen rauf, Bach rauf?“

Womit Beisenherz, wie er erklärte, auf einen Auftritt von Edmund Stoiber anspielte, der 2002 als Kanzlerkandidat bei einem Auftritt in der Rheinhalle in Düsseldorf die Treppe zur Bühne beinahe hinaufgefallen und ins Wanken gekommen war – und sich in letzter Sekunde gerade noch fangen konnte. Ein symbolisches Straucheln. Das Publikum im Delphi lachte dankbar und war schon in Stimmung. Habeck lachte auch. Und so ging es lustig weiter.

Als Beisenherz die Schaumtorte erwähnte, die Christian Lindner kürzlich ins Gesicht geworfen wurde, unterbrach er sich: „Sehe ich da ein Lächeln, das Ihren Mund umspielt?“ Als Habeck das Ende der Ampel mit der Formulierung kommentierte, dass es keine Überraschung gewesen sei, aber doch überraschend, als es dann eintrat, setzte der Moderator die Pointe: „Wenn die Sonne langsam untergeht, ist man doch überrascht, wenn sie weg ist.“ So plauderten sich die beiden nett und harmlos durch den Abend.

Steilvorlage für Beisenherz

Zwischendurch sagte Habeck: „Jetzt mal im Ernst“. „Das ernsthafte Problem ist …“ Versuchte das Gespräch auf die „Verrohung der Gesellschaft“ zu lenken, seine eigenen „Fehler“ und den „Zweifel“. Er las auch ein Kapitel aus seinem Buch vor, in dem es um das Netzwerk der Autokraten und die Verteidigung der Demokratie gegen den Populismus geht.

Es endet mit Liedzeilen von Wolf Biermann. Steilvorlage für Beisenherz: „Lass dich nicht verhärten“, ob Habeck das selber oft gedacht habe? So viel Launigkeit, die nichts für ernsthaft halten sollte – war da eine Tonlage von Anfang an falsch getroffen? Ach was, Hauptsache, alle hatten einen richtig schönen Abend.

Gesamten Artikel lesen