Reaktionen auf Waffenruhe-Einigung: "Chance auf dauerhaftes Kriegsende" und "Hoffnung für Millionen"

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Auf die Verkündung einer Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas folgen weltweit Erleichterung und Hilfsangebote. Es gibt aber auch Kritik, Widerstand und Drohungen.

16. Januar 2025, 0:57 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, AFP,

 Die Vereinbarung zu einer Waffenruhe für Gaza sorgt überwiegend für Erleichterung.
Die Vereinbarung zu einer Waffenruhe für Gaza sorgt überwiegend für Erleichterung. © Ali Hamad/​ APA Images via ZUMA Press Wire/​dpa

Die Verkündung einer Einigung zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln stößt weltweit überwiegend auf Erleichterung und in Israel auf ein geteiltes Echo.

Der israelische Staatspräsident Izchak Herzog rief das Sicherheitskabinett und die Regierung seines Landes dazu auf, die Waffenruhe-Vereinbarung mit der Hamas zu billigen. "Wir befinden uns in einem äußerst entscheidenden Moment", sagte Herzog nach Angaben seines Büros. "Für hunderte von Tagen wurden unsere Schwestern und Brüder von niederträchtigen Mördern festgehalten und gequält – nachdem der Staat Israel seine Pflicht verletzt hat", sagte Herzog. "Er hat sie nicht beschützt und ihre Entführung nicht verhindert."

Die Waffenruhe-Vereinbarung sei "der richtige Schritt". Man müsse die israelischen Bürger zurückbringen, "damit sie sich zu Hause erholen können, oder beigesetzt werden". Gleichzeitig sagte Herzog, der Deal werde "zutiefst schmerzhafte, herausfordernde und erschütternde Momente mit sich bringen".

Dagegen kritisierte der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich das Abkommen als Gefahr für die Sicherheit Israels. "Das Abkommen, das der Regierung vorgelegt werden wird, ist ein schlechtes und gefährliches Abkommen für die Sicherheit des Staates Israel", sagte Smotrich. Die Minister seiner Partei würden gegen das Abkommen stimmen, das am Donnerstag von der israelischen Regierung bestätigt werden soll, hieß es in Smotrichs Erklärung.

Von der Gegenseite gab es triumphierende Töne. Der Vizechef der Terrororganisation Hamas stellte die Vereinbarung als Triumph über Israel dar. Es handle sich um einen "historischen Moment", sagte der stellvertretende Chef des Hamas-Politbüros, Chalil al-Haja. "Unser Volk hat die erklärten und verborgenen Ziele der Besatzung vereitelt. Wir beweisen heute, dass die Besatzung unser Volk und seinen Widerstand niemals besiegen wird", so al-Haja. Die nun erzielte Vereinbarung öffne den Weg zur Umsetzung des Strebens des palästinensischen Volkes nach "Befreiung".

Biden "begeistert", Trump reklamiert Einigung als seinen Erfolg

Der scheidende US-Präsident Joe Biden wie auch sein designierter Nachfolger Donald Trump reagierten mit großer Freude auf Vereinbarung. Biden zeigte sich am Mittwoch "begeistert" und erklärte, die Einigung sei aufgrund der "hartnäckigen und gewissenhaften" Arbeit der US-Diplomatie zustande gekommen. Biden sagte auch, mit Trump habe er dabei als "ein Team" zusammengewirkt.

Trump reklamierte unterdessen das Abkommen als seinen Erfolg. "Diese epische Waffenruhe-Vereinbarung konnte nur als Ergebnis unseres historischen Siegs im November zustande kommen", schrieb Trump in seinem Onlinedienst Truth Social.

Vielfache Forderungen nach humanitärer Hilfe für Gazastreifen

Auch Ägypten, das seit Monaten bei den Verhandlungen vermittelte, äußerte sich. Präsident Abdel Fattah al-Sisi begrüßte die Einigung und mahnte, es sei nun dringend notwendig, die Einfuhr humanitärer Hilfe nach Gaza zu beschleunigen, um die katastrophale Lage vor Ort zu lindern. Langfristig müsse ein nachhaltiger Frieden durch eine Zweistaatenlösung angestrebt werden.

Ähnlich äußerte sich UN-Generalsekretär António Guterres. Er nannte das Abkommen einen "ersten entscheidenden Schritt", um wieder humanitäre Hilfslieferungen in das Palästinensergebiet zu ermöglichen. Es sei zwingend notwendig, "dass diese Waffenruhe die großen sicherheitspolitischen und politischen Hindernisse für den Transport humanitärer Hilfe durch den Gazastreifen beseitigt", damit die humanitäre Nothilfe hochgefahren werden könne. Die Vereinten Nationen stünden bereit, die Vereinbarung zu unterstützen. Zudem müsse es einen politischen Prozess geben, um "die Besatzung zu beenden" und eine "Zwei-Staaten-Lösung zu erreichen, bei der Israel und Palästina Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben."

UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk sagte, das Abkommen verspreche "eine große Erleichterung nach so viel unerträglichem Schmerz und Elend".  Er sei "äußerst erleichtert über die Waffenruhe, und jetzt ist wichtig, dass sie hält", mahnte er. Nahrung, Wasser, Medizin und Unterkünfte hätten "oberste Priorität", sagte er.

UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher teilte mit, die Vereinbarung Waffenruhe biete "dringend benötigte Hoffnung für Millionen Menschen, deren Leben durch diesen Konflikt zerstört wurden." Die Palästinenser hätten mehr als 15 Monate lang "Trauma, Zerstörung und (...) Tod" erlebt.

Rotes Kreuz bietet Unterstützung bei Freilassung der Geiseln an

Das Rote Kreuz bot seine Unterstützung bei der Umsetzung des Waffenruhe-Abkommens zwischen Israel und der Hamas an. "Wir sind bereit, jede Freilassungsaktion zu unterstützen, damit Geiseln und Gefangene nach Hause zurückkehren können", sagte die Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz Mirjana Spoljari. Zudem könne das Rote Kreuz seine humanitäre Hilfe im Gazastreifen "massiv verstärken".

Der britische Premierminister Keir Starmer sprach von einer überfälligen Nachricht.  

Baerbock: "Tag der Erleichterung"

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte die Einigung ebenfalls. "Es ist gut, dass eine Einigung über einen Waffenstillstand und die Freilassung von Geiseln – auch deutschen – in Gaza erreicht scheint", schrieb er bei X. Das Abkommen, das nun "konsequent umgesetzt" werden müsse, biete "die Chance für ein dauerhaftes Kriegsende und die Verbesserung der schlechten humanitären Lage im Gazastreifen".

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sprach von einem "Tag der Erleichterung. Erleichterung darüber, dass das Leid auf allen Seiten nun ein Ende finden kann", teilte die Grünen-Politikerin mit. Die Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas rette Leben und gebe den Menschen in Gaza, den Geiseln und ihren Angehörigen und allen Menschen der Region nach 15 Monaten Hoffnung. "Und sie zeigt, wie wichtig es ist, auch in den dunkelsten Stunden, den Glaube an Diplomatie niemals aufzugeben", fügte Baerbock an und dankte den Verhandlern.

Appelle von arabischen Staaten

Mehrere arabische Staaten begrüßten die Einigung ebenfalls. "Mit dieser Ankündigung endet eine blutige Seite in der Geschichte des palästinensischen Volkes, das unter der israelischen Aggression schwer gelitten hat", sagte Libanons geschäftsführender Ministerpräsident Nadschib Mikati.

Die Einigung ebne den Weg, um das Leid zu beenden und um den tragischen Zuständen im Gazastreifen ein Ende zu setzen, hieß aus dem Außenministerium der Vereinigten Arabischen Staaten. Beide Seiten müssten sich an die Vereinbarungen halten, um den Leiden der Geiseln und der palästinensischen Gefangenen ein Ende zu setzen. Es sei nun dringend notwendig, humanitäre Hilfe in das abgeriegelte Küstengebiet zu lassen.

Jordaniens Außenminister Aiman al-Safadi drängte darauf, internationale Maßnahmen einzuleiten, um die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen in den Griff zu bekommen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, dessen Regierung enge Beziehungen zur Terrororganisation Hamas unterhält, lobte die Einigung. Er hoffe nun auf dauerhaften Frieden und Stabilität, schrieb Erdoğan auf X. Die Hamas nannte er eine "Widerstandsbewegung".

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