"Die Regierung hat den Plan zur Freilassung der Geiseln gebilligt", gab Benjamin Netanjahus Büro in der Nacht bekannt. Die erste Phase tritt am Sonntagvormittag in Kraft.
18. Januar 2025, 1:37 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters, AFP, jj
Nach Israels Sicherheitskabinett stimmte auch die israelische Regierung
nach stundenlanger Sitzung für die Vereinbarung zu einer Waffenruhe mit der Hamas. "Die Regierung hat den Plan zur Freilassung der Geiseln gebilligt. Das Abkommen für die Freilassung der Geiseln
wird am Sonntag in Kraft treten", teilte das Büro des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu in der Nacht auf Samstag mit.
Die Vereinbarung über die Freilassung der Geiseln tritt an diesem Sonntag in Kraft. Trotz des Widerstands einiger rechtsextremer Politiker gegen den Deal war damit gerechnet worden, dass sich eine Mehrheit für das Abkommen ausspricht.
Die Sitzung der Regierung hatte später begonnen als geplant und fand während des jüdischen Ruhetags Schabbat statt. Mehrere ultraorthodoxe Minister verließen die Sitzungen laut israelischen Medienberichten wegen des Schabbat-Beginns vorzeitig. Sie hatten demnach jedoch Sekretäre angewiesen, sie zu den Unterstützern des Abkommens zu zählen.
Nach dem Regierungsbeschluss können Gegner des Abkommens noch binnen kurzer Zeit beim obersten Gericht dagegen Einspruch einlegen. Es wird aber damit gerechnet, dass die Richter keinen Grund für ein Eingreifen des Gerichts gegen die Vereinbarung vorbringen werden.
Grenzübergang Rafah wird geöffnet
Die erste Phase der Feuerpausenvereinbarung soll im Gazastreifen am Sonntag um 11.15 Uhr MEZ in Kraft treten und zunächst für 42 Tage gelten. In der Zeit sollen 33 der insgesamt 98 verbliebenen Geiseln in der Gewalt der Hamas freikommen. Im Gegenzug werden israelischen Angaben zufolge Hunderte palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen.
Der wichtige Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und Gaza soll wieder öffnen und die humanitäre Hilfe für die Palästinenser deutlich aufgestockt werden. Vorgesehen ist auch, dass Israels Militär aus dicht besiedelten Gebieten des Gazastreifens abzieht. Die in den Süden des Küstenstreifens geflohenen Einwohner sollen sich wieder frei in Gaza bewegen und unter internationaler Aufsicht in ihre Wohngebiete im Norden zurückkehren dürfen.
Die
Details der zweiten und dritten Phase des Abkommens wollen die
Konfliktparteien während der ersten Phase klären. Uneinigkeit herrscht
unter anderem über die Frage, wer den Gazastreifen künftig regieren
soll.
Minister Ben-Gvir protestierte
Israels Staatspräsident Izchak Herzog hatte das Sicherheitskabinett und die Regierung seines Landes dazu aufgerufen, die Vereinbarung mit der Hamas zu billigen. Er lobte die Genehmigung durch das Sicherheitskabinett und sagte kurz nach dem Beschluss: "Von ganzem Herzen umarme ich die Familien der Geiseln, insbesondere diejenigen, die wissen, dass ihre Lieben in der ersten Phase nicht zurückkehren werden."
Israels
rechtsextremer Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir hatte kurz vor dem
Treffen israelischen Medien zufolge noch an andere Mitglieder der
Koalition appelliert, gegen das Abkommen zu stimmen. Er hatte zuvor auch gedroht, die Koalition zu verlassen, sollte der Deal genehmigt
werden.
Aufnahmestellen für die freigelassenen Geiseln
An diesem Sonntag soll die Hamas die ersten drei Geiseln freilassen. Berichten zufolge wird die Terrororganisation am Samstag bekannt geben, um wen es sich dabei handelt. Der Verhandlungsführer der USA, Brett McGurk, sagte dem US-Fernsehsender CNN, die US-Regierung gehe davon aus, dass die ersten drei weiblichen Geiseln am Sonntagnachmittag über das Rote Kreuz an Israel übergeben werden würden. "Wir haben jedes einzelne Detail in diesem Abkommen festgelegt. Wir sind sehr zuversichtlich, dass es am Sonntag umgesetzt werden kann", sagte McGurk. Dem Diplomaten zufolge sollen nach Sonntag dann vier weitere weibliche Geiseln nach sieben Tagen freigelassen werden, gefolgt von der Freilassung von drei weiteren Geiseln alle sieben Tage.
Aus dem Hamas-Umfeld hieß es, das Rote Kreuz werde die ersten Geiseln mit ägyptischen und katarischen Teams in Empfang nehmen. Sie würden dann nach Ägypten gebracht und dort der israelischen Seite übergeben, die dann auch ihre medizinische Untersuchung übernehme.
Ein israelischer Militärbeamter sagte, in Kerem Schalom, Eres und Reim seien Aufnahmestellen eingerichtet worden, in denen die freigekommenen Geiseln von Ärzten und Psychiatern betreut würden, bevor sie per Hubschrauber oder per Fahrzeug in israelische Krankenhäuser gebracht würden.
Das israelische Justizministerium veröffentlichte am Freitag nach der Sitzung des Sicherheitskabinetts eine Liste von 95 palästinensischen Gefangenen, darunter viele Frauen, die im Rahmen des ersten Austauschs am Sonntag freigelassen werden sollen.
Am Mittwoch hatten Vermittler aus Katar und den USA mitgeteilt, dass sich
Israel und die Hamas auf eine Waffenruhe im Gazakrieg und die Freilassung
von Geiseln geeinigt
hätten. Gestern hatte es geheißen,
die Netanjahu-Regierung werde erst am Samstagabend zusammenkommen, also
nach Ende des Schabbat. Angehörige der im Gazastreifen festgehaltenen
Geiseln hatten dies kritisiert, da sie eine Verzögerung des Beginns der
Waffenruhe und damit auch der Freilassung der Entführten befürchteten.