Deepfakes: Die Ohnmacht angesichts dieser Bilder

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Deepfake-Pornos sind die neueste Art, wie mit Bildern sexualisierte Gewalt gegen Frauen verübt wird. Die Fallzahlen steigen rasant. Warum handelt die Politik noch nicht?

17. Januar 2025, 20:12 Uhr

Kürzlich testete ich mit meinem Freund eine neue KI-Plattform aus, die das gesamte Internet nach Bildern einer bestimmten Person durchsuchen kann. Nachdem wir ein Bild von mir hochgeladen hatten, bekamen wir folgende Nachricht: "We found 197 photos potentially featuring your face, across 126 websites that either host or display them." Das Tool hat uns unter anderem eine Liste von Pornoseiten ausgespuckt, auf denen Fotos zu sehen waren, die von mir in meinen frühen Zwanzigern gemacht wurden.

Mein Freund war schockiert. Für mich war es unangenehm, aber keine Überraschung. Das Internet vergisst nicht, und noch weniger verzeiht es. Über die Jahre habe ich viele Bilder von mir auf Social Media gepostet, die auf diesen Pornoseiten anscheinend als Softporno durchgingen. Ich habe für ein Kalenderprojekt gemodelt, mich auf der Straße in Unterwäsche für eine Body-Positivity-Kampagne fotografieren lassen und für meinen Satire-Wahlkampf im Rahmen der Berliner Abgeordnetenhauswahl als Domina posiert. Die Fotos habe ich schon vor vielen Jahren in zwielichtigen Foren entdeckt, aber nie die Kraft gefunden, etwas dagegen zu unternehmen.

Digitale Gewalt gegen Frauen hat mittlerweile jedoch ganz neue Dimensionen erreicht. Laut des im November 2024 vorgestellten Lagebildes "Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten" des Bundesinnen- und Bundesfamilienministeriums hat sich im Zeitraum zwischen 2018 und 2023 die Anzahl der weiblichen Opfer digitaler Gewalt mehr als verdoppelt. Auffällig ist der rapide Anstieg der Fälle von sogenannter bildbasierter sexualisierter Gewalt.

Besonders die Erstellung und Verbreitung von Deepfake-Pornografie hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Dabei handelt es sich um die KI-gestützte Manipulation von Bildern, bei der Gesichter realer Personen in pornografische Szenen eingefügt werden. So soll der Eindruck entstehen, dass diese Personen an den dargestellten Handlungen teilnehmen, obwohl sie dies nicht tun. Diese Technologie wird häufig genutzt, um Frauen gegen ihren Willen zu sexualisieren, zu demütigen und zu verleumden. 96 Prozent aller online gefundenen Deepfake-Videos (PDF) sind pornografischer Natur, die ohne Einverständnis erstellt wurden – betroffen sind fast ausschließlich Frauen.

Einst waren fast alle der dargestellten Personen in Deepfake-Pornografie weibliche Stars, inzwischen werden auch zunehmend Nichtprominente gezeigt. Die nötige Technologie dafür findet sich leicht im Netz.

Schauspielerinnen, Politikerinnen, Aktivistinnen, Frauen, die im öffentlichen Raum präsent sind, werden durch Deepfakes eingeschüchtert. Häufig zielt diese Form der digitalen Gewalt darauf ab, Frauen zum Schweigen zu bringen. Wie im Fall der nordirischen Politikerin Cara Hunter, die mit 24 Jahren zum ersten Mal für ein Amt kandidierte, als ein pornografisches Deepfake-Video von ihr verbreitet wurde. Sie versuchte, sich zu wehren, und ging zur Polizei. Die sagte ihr, sie könne ihr nicht helfen, weil niemand gegen ein Gesetz verstoßen habe. Kurzzeitig wollte Hunter nach eigenen Aussagen alles hinschmeißen, ihre politische Karriere beenden. Rückblickend hält sie genau das für die Absicht des Täters oder der Täter: sie zu verunsichern und so aus der Öffentlichkeit zu drängen.

Die Forderung, gegen Deepfakes vorzugehen, ist von aktivistischer Seite längst da. Eine europaweite Studie ergab, dass 30 Prozent der befragten Frauen Angst davor haben (PDF), dass gefälschte Nacktbilder oder intime Aufnahmen ohne ihre Zustimmung online veröffentlicht werden könnten. "Frauen sagen online seltener ihre Meinung, aus Angst vor digitaler Gewalt. Mit dieser Angst wachsen Mädchen und junge Frauen auf und sind dieser Gewalt schutzlos ausgesetzt", sagt Eva Pasch von der Organisation HateAid. "Das bedroht massiv ihre Teilhabe am öffentlichen Diskurs und damit unsere Demokratie."

HateAid fordert daher, konsequent gegen bildbasierte sexualisierte Gewalt vorzugehen und die Erstellung und Verbreitung von sexualisierten Deepfakes unter Strafe zu stellen. Außerdem fordert die Organisation, es den Betreibern sogenannter Face-Swap-Apps zu verbieten, mit der Erstellung sexualisierter Deepfakes zu werben.

Auch wenn es für jede Frau ein entwürdigender, belastender Angriff ist, können sich Privatpersonen oft keinen Rechtsbeistand leisten, um gegen Deepfakes vorzugehen. Und ohne eine neue gesetzliche Grundlage im Rücken kommt keine Frau weit, berühmt oder nicht. Das sagt etwa die Schauspielerin Collien Ulmen-Fernandes, die versuchte, mithilfe zahlreicher Anwälte gegen eine Deepfake-Darstellung von ihr vorzugehen – ohne Erfolg.

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