Japans Ministerpräsident Shigeru Ishiba will trotz des Verlusts der Parlamentsmehrheit seiner Koalition weiterregieren. Man müsse das Ergebnis »demütig hinnehmen«, sagte Ishiba nach der desaströsen Wahl zum Oberhaus in einer Fernsehsendung. Er fügte hinzu, dass seine Liberaldemokratische Partei LDP ihre Verantwortung als Regierungspartei wahrnehmen müsse.
Die LDP und ihr Koalitionspartner Komeito erhielten nach dem Endergebnis 47 Sitze und verfehlten damit die 50 Sitze, die für eine Mehrheit im Oberhaus erforderlich sind. Im Oktober hatte Ishibas Koalition bereits die Mehrheit im mächtigeren Unterhaus verloren – sie stellt seither eine Minderheitsregierung. An der Koalition will Ishiba festhalten.
US-Zölle setzen Japan massiv unter Druck
Deren gegenwärtiger Fokus sind nach eigenen Angaben die drohenden Zölle der US-Regierung, die der Exportnation Japan schwer zusetzen könnten. Die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt muss bis zum 1. August ein Handelsabkommen mit den Vereinigten Staaten abschließen oder mit Strafzöllen auf seinem größten Exportmarkt rechnen.
Für die seit Jahrzehnten fast ununterbrochen regierende LDP ist es das erste Mal seit ihrer Gründung im Jahr 1955, dass sie die Mehrheit in beiden Kammern des nationalen Parlaments verloren hat. Ishibas Koalition ist nun auf Hilfe bei jedem einzelnen Vorhaben angewiesen, um weiterregieren zu können, da keine andere Partei willens ist, sich ihr anzuschließen.
Ishiba könnte in der LDP unter Druck geraten, zurückzutreten. Grund für das Wahldebakel war die Unzufriedenheit der Wählerinnen und Wähler mit den steigenden Preisen und der Einwanderungspolitik. Insbesondere der Anstieg der Reispreise sorgte für Frustration. Davon profitierten rechtspopulistische Kleinparteien wie die offen ausländerfeindliche Partei Sanseito. Sie konnte deutlich zulegen.
Beobachter befürchten eine Phase der politischen Instabilität in Japan. »Auch wenn sich die Regierungskoalition jetzt noch an die Macht klammern kann, deutet viel darauf hin, dass sie bei der nächsten Unterhauswahl abgelöst werden wird«, erklärte Axel Klein, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen, der Nachrichtenagentur dpa. »Die Wählerschaft glaubt jetzt daran, dass die Opposition realistische Chancen auf eine Regierungsübernahme hat und wird deshalb sehr viel eher bereit sein, bei der nächsten Wahl für eine der Oppositionsparteien zu stimmen«, sagte Klein.
In Japan erreichte die Zahl der im Ausland geborenen Einwohner im vergangenen Jahr mit rund 3,8 Millionen einen Rekordwert. Dies entspricht drei Prozent der Gesamtbevölkerung, ein deutlich geringerer Anteil als in den USA oder Europa.