Israels Ministerpräsident spricht von einem "kritischen Stadium" des Krieges. In Tel Aviv protestieren erneut Tausende für einen Deal zur Freilassung der Geiseln.
20. April 2025, 2:04 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, AFP, Reuters, jj
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will eine Rückkehr der Geiseln aus dem Gazastreifen erreichen, ohne die Forderungen der radikalislamischen Hamas zu erfüllen. "Wir können unsere Geiseln nach Hause bringen, ohne uns den Diktaten der Hamas zu beugen", sagte Netanjahu am Samstag und kündigte eine Fortsetzung des Einsatzes im Gazastreifen an. Dieser habe ein "kritisches Stadium" erreicht, sagte der Regierungschef. Israel brauche "Geduld und Entschlossenheit, um zu gewinnen".
Tausende Menschen demonstrierten unterdessen in Israel erneut für einen Deal zur Freilassung der Geiseln. Israelischen Medien zufolge forderten sie Netanjahu auf, die verbliebenen 59 Geiseln der Hamas in einem Zug nach Hause zu bringen.
"Setzen Sie diesen mutigen, zionistischen, jüdischen, humanen Schritt", sagte die ehemalige Geisel Omer Schem-Tov auf der Hauptkundgebung im Zentrum Tel Avivs. "Und wenn das heißt, den Krieg zu beenden, dann beenden Sie den Krieg", sagte Schem-Tov, der im Februar freigelassen wurde.
Das Forum der Geiselfamilien kritisierte, Netanjahu habe "keinen Plan", um die Geiseln freizubekommen. Es gebe aber eine "klare, machbare und dringliche Lösung", die sofort erreicht werden könne, teilte das Forum mit und forderte "eine Einigung, die alle nach Hause bringt – selbst wenn das eine Einstellung der Kämpfe bedeutet". 58 Menschen befinden sich weiterhin in der Gewalt der Islamisten, 34 von ihnen sind nach Angaben der israelischen Armee bereits tot.
Das US-Außenministerium hat die Hamas erneut zur Freilassung der israelischen Geiseln aufgefordert. Die radikalislamische Gruppierung trage "die alleinige Verantwortung für den Krieg und die Wiederaufnahme der Feindseligkeiten", sagte ein Sprecher der Behörde.
Netanjahu will weiterkämpfen "bis zum Sieg"
Am Donnerstag hatte die Hamas einen neuen israelischen Vorschlag für eine 45-tägige Waffenruhe abgelehnt. Netanjahu hatte sich seitdem noch nicht öffentlich geäußert. In einer Fernsehansprache sagte er nun, eine Beendigung des Krieges zu Bedingungen der Hamas "wäre eine Botschaft an alle Feinde Israels", dass Israel sich durch Entführungen "in die Knie zwingen" lasse und "dass sich Terrorismus auszahlt". Diese Botschaft würde nach den Worten Netanjahus "die gesamte freie Welt gefährden". Er habe das Militär angewiesen, den Druck auf die Hamas zu verstärken, sagte er in der TV-Ansprache. Der Krieg fordere zwar einen hohen Preis, Israel habe aber "keine andere Wahl, als für unsere Existenz weiterzukämpfen, bis zum Sieg". Nach Angaben der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen wurden am Samstag mindestens 50 Palästinenser bei Angriffen getötet.
Israel hatte in dem jüngsten Waffenruhevorschlag die Freilassung von zehn lebenden Menschen gefordert, die von der Hamas am 7. Oktober 2023 verschleppt worden waren. Zudem beinhaltete der Vorschlag nach Angaben der Hamas die Freilassung von 1.231 palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen sowie die Wiederaufnahme von Hilfslieferungen in den Gazastreifen. Außerdem forderte Israel demnach die Entwaffnung der Hamas und weiterer Palästinensergruppen im Gazastreifen. Die Hamas lehnt dies ab.
Israel hatte Mitte März nach einer knapp
zweimonatigen Waffenruhe seine verstärkten Luftangriffe auf Hamas-Ziele im
Gazastreifen wieder aufgenommen. Außerdem startete Israel eine neue
Bodenoffensive. Ziel des Militäreinsatzes ist es, den Druck
auf die Hamas zu erhöhen, um die verbliebenen israelischen Geiseln
freizubekommen.