Irans Gegenangriff: Schlafen, aber mit offenen Augen

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Leere Innenstädte, Luftalarm und Iron Dome: Iran reagiert auf Israels Angriff mit Beschuss. Ein großer Teil wird abgefangen, Entwarnung bedeutet das aber nicht.

14. Juni 2025, 5:22 Uhr

 Eine iranische Rakete über Jerusalem
Eine iranische Rakete über Jerusalem © Anadolu Agency/​imago images

Jerusalem am Freitagabend. Die Metropole, ein Zentrum des Judentums, des Christentums und des Islams – und damit auch irgendwie Zentrum dieses Konflikts. Es ist der Beginn des Schabbat, Freitagsgebet, in der Altstadt kondensiert normalerweise alles. Aber dieser Freitag ist anders. Die Altstadt ist abgeriegelt, nur Anwohnerinnen und Anwohner werden von der israelischen Armee hineingelassen, sie kontrollieren an allen Toren streng und schlecht gelaunt.

Der Rest der Innenstadt ist wie ausgestorben. Die beliebte Einkaufsstraße Jaffa Street menschenleer, selbst Polizei und Armee sieht man hier kaum. Nur wenige Cafés haben überhaupt geöffnet, sie sind trotzdem nicht gut besucht. Die allermeisten Menschen sind zu Hause geblieben. Versammlungen und andere Aktivitäten waren untersagt, Geschäfte sollen fast alle geschlossen bleiben. Das ganze Land wartet auf die Antwort des Iran auf den Angriff Israels.

In Jerusalem kündigte er sich mit einem Alarm an, der sich später als Vorgeplänkel herausstellen wird. Aus dem Jemen wurde eine Rakete abgefeuert, der Luftalarm heult, Israel fängt sie über dem Westjordanland nahe der Stadt Hebron ab. Vom Ölberg in Jerusalem ist das gut zu sehen. Es knallt, dann steigt grauer Rauch auf. Wie die israelische Zeitung Ha’aretz später berichtet, sollen dabei drei Menschen durch herabfallende Trümmer verletzt worden sein.

War's das schon? Der Muezzinruf ertönt, es wird dunkel. Dann der Alarm der Warnapps auf dem Handy. Der gleiche, der schon in der Nacht zuvor um Punkt drei Uhr ertönte und praktisch Israels Angriff auf den Iran einläutete

Aus dem Iran wurden nun etwa 100 ballistische Raketen auf Israel gefeuert. Über dem Ölberg in Jerusalem blitzt es am Himmel, kurz darauf das Krachen. Licht ist schneller als Schall. Die israelische Luftabwehr fängt die meisten Geschosse in der Luft ab. Entwarnung gibt es trotzdem nicht.

Bald ist klar, warum: Aus dem Iran wird eine zweite Welle abgefeuert. Wieder wird die Luftabwehr aktiv, diesmal sieht es so aus, als würde es schon deutlich knapper werden. Glühende Trümmer, Kometen ähnlich, scheinen erst wenige Hundert Meter über Jerusalem abgefangen zu werden. Diese Bilder kennt man in Israel eigentlich eher vom Iron Dome, wenn er die selbst gebauten Raketen der Hamas abfängt, die eher grobe Geschosse sind als präzise Hochleistungswaffen.

Über verschiedene Kanäle wird bekannt, dass wohl auch die USA dabei helfen, die Raketen aus dem Iran abzufangen. Trotzdem geht manches durch. In Tel Aviv musste offenbar ein Wohnhaus evakuiert werden, das nach einem Treffer einzustürzen drohte. Zahlreiche Menschen waren nach einem Feuer in einem Hochhaus eingeschlossen.

Im ganzen Land ging der Luftalarm mehrfach los, zahlreiche Menschen wurden unter anderem von herabstürzenden Trümmerteilen verletzt. Nach israelischen Angaben seien die meisten iranischen Raketen abgefangen worden oder hätten ihr Ziel verfehlt. Die bisherige Schadensbilanz lässt das zumindest glaubwürdig erscheinen. Der Iran behauptet, zwei israelische Kampfjets abgeschossen zu haben, Israel dementiert das jedoch.

Nach den Angriffen gibt Israels Militär gegen 23 Uhr Ortszeit eine vorsichtige Entwarnung: Die Menschen können sich wieder aus den Schutzräumen begeben, sollen aber wachsam bleiben. Bis in den frühen Morgen hinein gibt es Alarme. Nach den vergangenen 24 Stunden werden die meisten sowieso mit einem offenen Auge schlafen.

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