Apotheken dürfen keine Absprachen über "die bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen […]" für den deutschen Markt treffen. So steht es im Apothekengesetz (Paragraph 11 Abs 1). Die Apotheken sollen unabhängig agieren, die Patienten frei wählen. Jetzt überrascht das LG Frankfurt am Main mit einer engen Auslegung der Bestimmung, die Apotheken ähnliche Kooperation erlaubt. Das LG Hamburg sieht das womöglich anders.
Anlass der Frankfurter Entscheidung (Az. 2-06 O 150/25) ist der Antrag einer telemedizinischen Plattform auf einstweilige Verfügung gegen eine Berliner Apotheke. Diese kooperiert mit einer britischen Telemedizin-Plattform, die deutschen Patienten Beratung, Rezepte und Versand von Medikamenten anbietet. Der britische Anbieter drängt seine Kunden zu einem "Premium-Service". Dabei verrechnet er Gesamtpreise, die auch die verschriebenen Arzneien und deren Zustellung umfasst. Die Apotheke wird dabei automatisch ausgewählt, bei Testkäufen der Klägerin war es die beklagte Berliner Apotheke.
Alternativ können Patienten auch auf "Standardservice" nutzen. Dabei suchen sie sich selbst die Apotheke aus einer Liste von Kooperationspartnern der Plattform aus. Die Arznei kann dann abgeholt oder zugeschickt werden. Allerdings wird die Wahlmöglichkeit "Premium" (ohne Apothekenwahl) und "Standard" (mit Wahl der Apotheke aus einer Liste) nicht diskriminierungsfrei dargestellt. Auf der Startseite werden nur Medikamente mit Premiumservice beworben, auch bei Suchergebnissen werden diese bevorzugt. Die Webseite erweckt den fälschlichen Eindruck, dass selbst gewählte Apotheken die Bestellung ablehnen dürften. Zudem gelten bestimmte Rabatte nur für die Premium-Variante ohne Apothekenwahl.
Mitbewerberin geht vor Gericht
Patienten wird also die Premium-Variante nahegelegt, mit der sie ihre Apotheke nicht aussuchen können. Die Klägerin hält das für rechtswidrig. Wenn die Berliner Apotheke solche geleiteten "Premium"-Bestellungen ausführe, sei das unlauterer Wettbewerb und verstoße gegen den oben erwähnten Paragraphen 11 Abs 1 des Apothekengesetzes.
Doch das Landgericht Frankfurt hat den Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die Berliner Apotheke zurückgewiesen. Laut Beschluss vom 28. Mai liegt nämlich kein Verstoß gegen das Apothekengesetz vor. Die Wahlmöglichkeit muss demnach nicht diskriminierungsfrei sein.
"Dadurch, dass dem Patienten zum einen die Wahl zwischen 'Premium-Service' und der Option 'Elektronisches Rezept (ohne Medikamente)' angeboten wird, und dadurch, dass der Patient im Rahmen der letzteren Option eine bestimmte Apotheke auswählen kann (...) wird insgesamt das Recht des Patienten auf freie Apothekenwahl (Paragraph 31 Abs 1 S 5 SGB V) nicht in unzulässiger Weise beschränkt", schreibt das LG Frankfurt am Main. Die Klägerin kann Rechtsmittel erheben und/oder das Hauptverfahren fortführen.
Die Zurückweisung des Eilantrages ist deutlich, doch gibt es auch andere Ansichten. Das LG Frankfurt weist selbst auf eine Entscheidung in einem Parallelverfahren gegen die britische Telemedizinplattform vor dem LG Hamburg hin. Dieses hat den Briten untersagt "in Deutschland bestimmten Apotheken unmittelbar Verschreibungen zuzuweisen", wenn dies in der inkriminierten Art geschieht. Allerdings ergäbe sich aus dem Hamburger Beschluss nicht, "auf welcher Grundlage das Verbot erlassen wurde". Der Hamburger Beschluss ist bislang nicht öffentlich, heise online hat das Gericht um eine Kopie ersucht.