In einem seiner letzten Statements als HSV-Trainer holte Steffen Baumgart zur Verteidigungsrede von Sebastian Schonlau aus. Allein, dass dies nötig geworden war, belegt: Der Kapitän ist im Formtief. Hilft ihm nun eine Systemänderung da heraus?
Es läuft nicht rund - weder beim HSV noch bei Kapitän Sebastian Schonlau. picture alliance/dpa
Sebastian Schonlau ist in seiner vierten Saison in Hamburg, und bislang war unumstößlich: Fehlt der 30-Jährige, dann fehlt dem HSV Sicherheit. Das wurde besonders auffällig in der Vorsaison, als der frühere Paderborner unter Tim Walter monatelang mit einer Wadenverletzung ausgefallen war und die Mannschaft ohne ihn nur selten Stabilität erlangte.
Bereits zwei Platzverweise
In dieser Spielzeit stellt sich die Situation erstmals anders dar. Das fing schon am 3. Spieltag an, als Schonlau beim 0:1 in Hannover Gelb-Rot sah. Am 9. Spieltag gegen Magdeburg (3:1) folgte der nächste Platzverweis, eine glatte Rote Karte nach einem technischen Fehler und einer Notbremse. Nach der Zwei-Spiele-Sperre kehrte er selbstverständlich zurück, was aber fehlt, ist Schonlaus Selbstverständnis: Er agierte fehlerhaft beim 1:3 in Braunschweig (kicker-Note 5,5) und war nun auch beteiligt am Anschlusstreffer bei Baumgarts letztem Spiel gegen Schalke (2:2): Im Getümmel war der Ball von ihm zum Torschützen Amin Younes abgeprallt, sein Ex-Trainer aber hatte Schonlau auf der Pressekonferenz am späten Samstagabend, zwölf Stunden vor seiner Freistellung, leidenschaftlich verteidigt: "Das war kein individueller Fehler, es war eine unglückliche Situation." Baumgart unterstrich zudem: "Fakt ist, Bascho ist und bleibt einer unserer wichtigsten Spieler."
HSV im Wildpark wohl mit Viererkette
Am Status von Schonlau wird sich auch unter Interimstrainer Merlin Polzin nichts ändern, ziemlich sicher aber an der Anordnung der Abwehrformation. Baumgart hatte ab dieser Saison eine Dreierkette mit dem Routinier als zentralem Mann aufgeboten, Polzin hingegen arbeitet seit dieser Woche wieder an der Rückkehr zum 4-3-3-System. Der gebürtige Hamburger war schon Co-Trainer unter Daniel Thioune und Tim Walter, in dieser Grundordnung hatte der HSV unter Walter rund zweieinhalb Jahre überaus attraktiv gespielt. Unstrittig ist: Diese Ausrichtung kommt einem mit spielstarken Akteuren bestückten Kader zu Gute, Walters Interpretation aber war mitunter zu risikobehaftet.
Die zentrale Frage in diesen Tagen lautet daher: Bekommt Polzin im 4-3-3 einerseits wieder mehr offensive Power als zuletzt Baumgart auf den Platz, aber auch mehr Stabilität als in etlichen Spielen der Ära Walter? Fakt ist: Schonlau war als Chef einer Viererkette knapp drei Jahre unantastbar. Wie schnell der HSV nun Stabilität erlangt, hängt auch ganz entscheidend vom Kapitän ab.
Sebastian Wolff