HateAid: Scharfe Kritik an US-Regierung wegen Einreiseverbot für deutsche Aktivistinnen

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Reaktionen Scharfe Kritik an US-Regierung wegen Einreiseverbot für deutsche Aktivistinnen

Ein früherer EU-Kommissar und die beiden Leiterinnen der Organisation HateAid dürfen nicht mehr in die USA einreisen, weil sie sich gegen Hasskommentare einsetzen. Die EU, Frankreichs Präsident Macron sowie das Auswärtige Amt reagieren.

24.12.2025, 16.10 Uhr

Anna-Lena von Hodenberg, Co-Vorsitzende von HateAid

Anna-Lena von Hodenberg, Co-Vorsitzende von HateAid

Foto: Soeren Stache / dpa

Die Entscheidung der USA, mehreren Europäern die Einreise zu verbieten, hat in Brüssel und Berlin scharfe Kritik hervorgerufen.

Die Regierung von Donald Trump hatte ihr Vorgehen mit dem »Schutz der Meinungsfreiheit« begründet und unter anderem den ehemaligen EU-Kommissar Thierry Breton sowie die beiden deutschen Aktivistinnen Anna-Lena von Hodenberg und Josephine Ballon sanktioniert. Beide Frauen leiten die Organisation HateAid, die sich gegen Hasskommentare im Internet einsetzt. Von US-Einreiseverboten betroffen sind darüber hinaus die britischen NGO-Vertreter Imran Ahmed und Clare Melford, die sich ebenfalls gegen Hass und Desinformation engagieren.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen schreibt auf X : »Die Meinungsfreiheit ist das Fundament unserer starken und lebendigen europäischen Demokratie. Wir sind stolz darauf. Wir werden sie schützen«

Ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel erklärte, man verurteile die Maßnahmen der US-Regierung »aufs Schärfste«. Weiter hieß es: »Die Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht in Europa und ein gemeinsamer Kernwert mit den Vereinigten Staaten in der demokratischen Welt.«

Die Europäische Union sei ein »offener und regelbasierter Markt« für Unternehmen aus aller Welt. »Wie wir vielfach deutlich gemacht haben, gelten unsere Regeln für alle Unternehmen«, die in der EU tätig seien. Man werde diese Regeln für große Onlinekonzerne weiterhin fair und ohne Diskriminierung durchsetzen.

»Wir haben die US-Behörden um Klarstellungen gebeten und bleiben im Austausch«, so die Erklärung der Kommission weiter. »Falls notwendig, werden wir rasch und entschlossen reagieren, um unsere regulatorische Autonomie gegen ungerechtfertigte Maßnahmen zu verteidigen.«

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nannte die Sanktionen einen »Akt der Einschüchterung und Nötigung«, der sich gegen die digitale Souveränität Europas richte.

Deutsche Justizministerin wehrt sich gegen Zensurvorwürfe

Vom deutschen Außenminister Johann Wadephul hieß es: »Die durch die USA verhängten Einreiseverbote, darunter gegen die Vorsitzenden von HateAid, sind nicht akzeptabel.« Der von der Regierung der USA kritisierte Digital Services Act (DSA) in der Europäischen Union stelle sicher, »dass alles, was offline illegal ist, auch online illegal ist«.

 »Einreiseverbote nicht akzeptabel«

Außenminister Wadephul: »Einreiseverbote nicht akzeptabel«

Foto: Kira Hofmann / AA / IMAGO

Zudem handele es sich um Maßnahmen, die innerhalb der EU für die EU beschlossen worden seien – und außerhalb der Europäischen Union keine Wirkung hätten, so der CDU-Minister.

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig erklärte, die Organisation HateAid leiste wichtige Arbeit für Betroffene von rechtswidriger Hassrede im Netz. »Wer das als Zensur bezeichnet, stellt unser rechtsstaatliches System falsch dar«, fügte sie hinzu.

HateAid unterstütze Betroffene, verbiete aber keine Meinungsäußerungen, so die SPD-Politikerin weiter. »Nach welchen Regeln wir in Deutschland und in Europa im digitalen Raum leben wollen, wird nicht in Washington entschieden.«

Trump-Lager greift Europäer seit Monaten an

Die EU-weiten Regeln für große Onlineplattformen des DSA werden von der US-Regierung unter Donald Trump seit Monaten scharf angegriffen und als Form der Zensur dargestellt. Sie betreffen insbesondere US-Internetkonzerne, die im digitalen Raum dominant sind. Vertraute von Trump stellen die europäischen Regeln für X, Facebook und Co. als Zensur dar, mit der europäische Ideologen unliebsame Meinungen diskriminieren wollten.

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Auch im Deutschen Bundestag sorgte das Vorgehen der USA parteiübergreifend für scharfe Kritik.

Sonja Eichwede, Vizefraktionschefin der SPD, erklärte: »HateAid gehört auf keine Sanktionsliste. Das Verhalten der USA ist inakzeptabel. Unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Meinungsfreiheit versuchen die USA gegen Menschen und Organisationen vorzugehen, die sich für soziale Plattformen ohne Hass und Hetze einsetzen.«

Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen, Sven Giegold, sagte dem SPIEGEL: »Hier geht es nicht nur um zwei Kämpferinnen gegen Hass im Netz, sondern um einen Angriff auf Europas Recht im digitalen Raum.«

Giegold rief dazu auf, den DSA und die Demokratie im Internet insgesamt zu verteidigen. Er erinnerte zudem an die Ehrung der HateAid-Geschäftsführerin von Hodenberg mit dem Bundesverdienstkreuz. »HateAid bekommt Unterstützung aus allen demokratischen politischen Richtungen. Die Bundesregierung darf HateAid nicht allein lassen, sondern muss jetzt jede Unterstützung anbieten.«

 »Bundesregierung muss jetzt jede Unterstützung anbieten«

Grünenpolitiker Sven Giegold: »Bundesregierung muss jetzt jede Unterstützung anbieten«

Foto: dts Nachrichtenagentur / IMAGO

Die ebenfalls verhängten Sanktionen gegen den ehemaligen EU-Kommissar Breton seien kein Zufall, so der Grüne weiter, sondern auch ein Angriff auf die EU selbst. »Er war federführend für den Digital Services Act. Der DSA wurde aber von den Mitgliedstaaten und einer riesigen Mehrheit im Europaparlament beschlossen.«

Er appellierte an die EU-Kommission, die vereinbarten Regeln konsequenter anzuwenden. »Europa hat das Recht, den digitalen Raum angesichts von Hass, Hetze und hybriden Angriffen zu regulieren. Ursula von der Leyen muss die Hasenfüßigkeit beenden.«

Innenexpertin der Linken spricht vom Druck eines autoritären Machthabers

Carmen Wegge, die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, erklärte: »Strafbares Verhalten wie Volksverhetzungen und Beleidigungen sind nicht von der Meinungsfreiheit geschützt. Die Argumentation der USA ist daher schlichtweg falsch.«

Clara Bünger, innenpolitische Sprecherin der Linken, sprach von einem Einschüchterungsversuch seitens der USA. Wer so handele, wolle die Debatte vergiften. »Die Bundesregierung muss jetzt klare Kante zeigen, die Betroffenen schützen und deutlich machen: Europas Grundrechte und Gesetze sind nicht verhandelbar – schon gar nicht unter dem Druck eines autoritären Machthabers.«

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