Smartphones an Schulen bleiben umstritten. Während manche Lehrerinnen, Lehrer und Eltern in den Geräten primär ein Problem und ständige Ablenkung sehen, finden es andere nur zeitgemäß, dass Schülerinnen und Schüler darauf Zugriff haben. Nun wird die oft sehr grundsätzliche Debatte mit einem neuen offenen Brief befeuert. Er stammt vom Bundeselternrat, der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK), dem Deutschen Kinderhilfswerk sowie dem Verein D64 – Zentrum für digitalen Fortschritt.
Gerichtet unter anderem an die Mitglieder der Kultusministerkonferenz sowie die »bildungspolitischen Entscheidungsträger:innen in Bund und Ländern« fordert das dreiseitige Schreiben »pädagogisch begründete, kontextabhängige Regelungen«. Sein Leitspruch lautet: »Medienkompetenz statt pauschaler Smartphone-Verbote.«
Argumentiert wird in dem offenen Brief zum Beispiel so: »Schulen sollen junge Menschen auf ein Leben in einer digitalen Gesellschaft vorbereiten. Medienkompetenz ist dabei keine ›Zusatzqualifikation‹, sondern eine elementare Schlüsselkompetenz.« Nur wer Informationen einordnen, Algorithmen hinterfragen und eigene Beiträge verantwortungsvoll veröffentlichen könne, sei zur Teilhabe befähigt. »Pauschale Smartphone-Verbote stehen diesem Bildungsauftrag entgegen. Sie verhindern Erfahrungsräume, in denen Kinder und Jugendliche lernen, mit Ablenkung, digitalem Stress und Onlinekommunikation umzugehen.«
Medienbildung als Fach?
Die vier Organisationen wollen Medienbildung als Querschnittsaufgabe oder eigenes Fach im Bildungssystem verankern. Für die Nutzung von Smartphones immer und überall sind sie indes nicht. »Wir plädieren für klare, vor Ort ausgehandelte Regelungen zur Nutzung digitaler Geräte – entwickelt gemeinsam mit Schüler:innen, Eltern und Lehrkräften«, betonen sie. Sinnvoll sein könnten etwa »altersdifferenzierte Regelungen«: »Während in höheren Jahrgängen stärker auf Eigenverantwortung gesetzt werden kann, brauchen jüngere Schüler:innen oft mehr Orientierung und klare Rahmen. Eine solche gestufte Einführung – gemeinsam entwickelt mit der Schulgemeinschaft – kann Sicherheit bieten, ohne Teilhabe grundsätzlich zu beschneiden.«
Der offene Brief thematisiert auch die Verantwortung der Eltern, die oft selbst viel Zeit mit ihren Digitalgeräten verbringen. »Von Kindern und Jugendlichen ein medienfreies Verhalten zu erwarten, das Erwachsene selbst nicht konsequent vorleben, ist weder zielführend noch glaubwürdig«, heißt es. »Regeln werden besser akzeptiert und befolgt, wenn sie gemeinsam entwickelt und von allen vorgelebt werden.« Medienkompetenz entstehe nicht durch Verbote, sondern durch Einübung, Reflexion und pädagogische Begleitung.
Ein Verbot trifft nicht alle gleich
Ein weiterer Punkt ist das Thema soziale Ungleichheit. »Ein generelles Verbot privater Endgeräte trifft nicht alle gleich. Viele Kinder aus benachteiligten Familien verfügen zu Hause weder über passende Infrastruktur noch über pädagogische Unterstützung«, merkt der offene Brief an. Für diese Kinder sei »die Schule oft der einzige Ort zur Förderung ihrer digitalen Medienkompetenz. Ein Verbot würde diese Jugendlichen von wichtigen Lern- und Teilhabechancen ausschließen.«
Wichtig ist den Briefunterzeichnern, dass sich ihr Vorstoß ausdrücklich nur auf das Thema pauschale Handyverbote bezieht. Die parallel geführte Debatte über Altersverifikationen auf Social-Media-Plattformen und den gesetzlichen Jugendmedienschutz sei getrennt zu betrachten, betonen sie. »Unser Fokus liegt auf pädagogischer Verantwortung und Bildung im schulischen Kontext.«
Hitzige Diskussionen über die Handynutzung an Grund- und weiterführenden Schulen gibt es inzwischen fast überall in Deutschland. Zwar sehen alle Bundesländer beim Thema Smartphones Handlungsbedarf, pauschale Verbote für das gesamte Schulgelände aber lehnen die meisten Schulministerien ab. Hier finden Sie einen Überblick zur aktuellen Situation in den Bundesländern .