Günther Jauch kritisiert Olaf Scholz und Frank-Walter Steinmeier wegen Antisemitismus in Deutschland

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Günther Jauch wirft der Politik vor, zu wenig gegen Antisemitismus in Deutschland zu unternehmen. In der TV-Show »Maischberger« sagte der Talkmaster, er habe sich über Aussagen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Jahrestag des Hamas-Massakers am 7. Oktober sehr gewundert. Dieser hatte gesagt, Deutschland werde Judenhass niemals hinnehmen, niemals mehr dürften Juden Angst haben, sich als Juden erkennbar zu machen oder etwa in der Öffentlichkeit eine Kippa zu tragen. »Aber all das passiert ja!«, sagte Jauch.

Er verwies auf den Slogan »From the River to the Sea«, der oft auf antiisraelischen Demonstrationen skandiert wird. Übersetzt bedeutet das »vom Fluss bis zur See«, gemeint ist die Forderung nach einem palästinensischen Staat vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer. »Das bedeutet ja, dass Israel von der Landkarte ausradiert werden soll. Ich finde das unglaublich!«

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Der TV-Talkmaster kritisierte auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Dieser lege am 27. Januar, dem Jahrestag der Befreiung von Auschwitz und Holocaust-Gedenktag, einen Kranz nieder. Aber dann bezeichne er den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan als »werten Freund«, der seinerseits die Terrorgruppe Hamas eine »Befreiungsorganisation« nenne.

»Viel mehr Widersprüchlichkeit gibt’s gar nicht!«, so Jauch. »Es gibt einen Widerspruch zwischen diesen ehrwürdigen Reden zu den jeweiligen Jahrestagen und dem, was dann politisch passiert.« Jauch sagte, er hätte es nie für möglich gehalten, »wie in Deutschland die Stimmung gegen Israel kippt. Ich finde das ganz schrecklich.«

Auch Kritik an der deutschen Berichterstattung über Israel

In der »Maischberger«-Sendung, die auch online abrufbar ist , diskutierte Jauch mit der Journalistin und Juristin Iris Sayram. Sie verwies auf das Recht von in Deutschland lebenden Palästinensern, sich zu versammeln und zu demonstrieren. Zudem warf sie die Frage auf, ob die aktuellen israelischen Aktionen noch mit dem Anschlag der Hamas vor einem Jahr gerechtfertigt werden könnten. »Inwieweit ist die Selbstverteidigung Israels bei der Anzahl an Toten und der Zerstörung in Gaza und im Westjordanland noch verhältnismäßig?«, fragte sie.

Jauch pochte auf das Recht Israels, sich gegen den Angriff vom 7. Oktober zur Wehr zu setzen. Zudem verschanze sich die Hamas in Schulen und missbrauche die Bevölkerung als Schutzschild. »60.000 Israelis können in Nordisrael, also in ihrem Land, nicht wohnen, sondern müssen die ganze Zeit wegbleiben, weil sie sonst von Raketen getroffen werden. Das sind alles Dinge, die kommen mir zu kurz in der Berichterstattung.« (Lesen Sie hier die fünf wichtigsten SPIEGEL-Texte zum Massaker der Hamas am 7. Oktober.)

Hat, wer die Politik so kritisiert, selbst Ambitionen auf eine politische Karriere? Dem erteilte Jauch eine Absage. Er wird zwar immer wieder in Umfragen als möglicher Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten genannt, sagte aber, er sei ein »gelegentlicher Volksbeglücker im TV«. Ihm fehle die Kompromissfähigkeit für ein Amt, zudem wolle er sich nicht auf eine Partei festlegen. Außerdem, sagte der 68-Jährige, »bin ich als Politikeinsteiger etwas zu alt«.

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