Friedrich Merz »Stadtbild«-Aussage: Kritik von Armin Laschet, den Grünen und der Türkischen Gemeinde

vor 10 Stunden 1
 »Was ich mit diesem Wort gemeint habe (...) ist deutlich geklärt worden«

Kanzler Merz (am 15. Oktober in Berlin): »Was ich mit diesem Wort gemeint habe (...) ist deutlich geklärt worden«

Foto:

Michael Kappeler / dpa

Der ehemalige Unionskanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) hält die »Stadtbild«-Aussage von Kanzler Friedrich Merz für »zu nebulös« und warnt, dass die AfD daraus Profit ziehen könnte. Die Unklarheit dessen, was Merz damit gemeint habe, könnte die AfD für sich nutzen, sagte der heutige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags am Dienstagabend bei einer Veranstaltung des Hauses der Geschichte Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Nur das »Benennen« des Problems werde die AfD nicht schwächen, sagte Laschet. »Das Problem lösen wird sie mehr schwächen als das Benennen.«

Die AfD werde bei der nächsten Bundestagswahl natürlich fragen, ob das »Stadtbild« besser geworden sei, sagte der frühere NRW-Ministerpräsident. »Mit so einem unklaren Begriff macht man den Maßstab an die eigene Politik schwer messbar.« Das könnte die AfD dann nutzen und behaupten, es habe sich am Stadtbild in den vergangenen Jahren nichts geändert.

Merz hätte klarer formulieren können, was er gemeint habe, sagte Laschet weiter. Es gehe beim Stadtbild nicht nur um Migration. Zum Stadtbild gehörten etwa auch von deutschen Süchtigen weggeworfene Drogenspritzen in Parks, Antisemiten, die Hamas-Parolen brüllten oder Rechtsradikale, die durch Straßen zögen.

Merz erklärt: Alles geklärt!

Auslöser der Kontroverse um das »Stadtbild« war eine Äußerung des Kanzlers bei einer Pressekonferenz in Potsdam auf eine Reporterfrage zum Erstarken der AfD. Merz sagte daraufhin unter anderem, dass man frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik korrigiere und Fortschritte mache. »Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.«

Am Montag wurde Merz auf einer weiteren Pressekonferenz gefragt, was er genau damit gemeint habe, was er damit bezwecken wolle und ob er etwas davon zurückzunehmen habe. »Ich habe gar nichts zurückzunehmen«, sagte er daraufhin. »Fragen Sie mal Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte. Ich vermute, Sie kriegen eine ziemlich klare und deutliche Antwort.«

Am Dienstag wollte sich Merz bei einer Pressekonferenz in Stuttgart nicht mehr zu dem Thema äußern. »Was ich mit diesem Wort gemeint habe – in der letzten Woche in Potsdam so gesagt, gestern noch mal wiederholt in einer Pressekonferenz – ist deutlich geklärt worden.«

Merz’ Aussagen haben vielfach Kritik hervorgerufen. Ein Überblick über die jüngsten Reaktionen:

  • Am Dienstagabend versammelten sich Tausende Menschen unter dem Motto »Feministische Kundgebung: Wir sind die Töchter« vor der CDU-Zentrale in Berlin. Dazu aufgerufen hatte das Bündnis »Zusammen gegen Rechts«. Laut Berliner Polizei nahmen rund 2000 Menschen an der Kundgebung teil, die Veranstalter sprachen von 7500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern (mehr zu der Demo erfahren Sie hier). Am Mittwoch soll es auch eine Demonstration in Kiel geben, die von Fridays for Future organisiert wird.

  • Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoğlu, kritisierte die »Stadtbild«-Äußerungen des Kanzlers Merz ebenfalls. »Herr Merz versucht, zu polarisieren, statt darüber zu reden, wie die Gesellschaft zu gestalten ist«, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Im Stadtbild gebe es zwar immer mehr Armut, immer mehr Obdachlose und immer mehr geschlossene Läden. Das habe aber weniger mit der Vielfalt der Städte zu tun als mit sozioökonomischen Veränderungen, für die die Regierung zuständig sei, sagte Sofuoğlu. »Wir brauchen keine Nebenkriegsschauplätze.«

  • Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Misbah Khan, sagte: »Solche Aussagen sind eines Kanzlers unwürdig.« Merz schlage Töne an, wie man sie sonst von der AfD höre. »Einerseits will er sich von der AfD abgrenzen, andererseits redet er wie sie – das passt nicht zusammen.« (Mehr dazu, wie Merz die AfD bekämpfen will, erfahren Sie hier .) Khan übte auch auf persönlicher Ebene Kritik. »Wenn der Kanzler Menschen wie mich als ›Stadtbild-Problem‹ beschreibt, dann trifft mich das ganz persönlich. Ich bin Teil dieser Städte, und ich lasse mir nicht einreden, dass meine Existenz ein Problem ist.«

Vor allem aus seiner eigenen Partei bekam Merz aber auch Unterstützung. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther verteidigte den Kanzler (»Wir haben ein Problem damit, dass Menschen sich nicht sicher fühlen.«). Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, stellte sich ebenfalls an Merz’ Seite (»Selbstverständlich haben wir Probleme in Stadtbild und Stadtteilen.«).

Gesamten Artikel lesen