Die Zahl der Menschen, die nach Deutschland flüchten, sinkt derzeit, doch die Herausforderungen bleiben für viele Gemeinden, Städte und Landkreise groß. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter mehr als 550 Kommunen und Landkreisen. Co-Autor Frank Gesemann sagte: »Fast durch die Bank sagen alle Kommunen: Wir nähern uns einer deutlichen Grenze.«
Auf den ersten Blick ist das Ergebnis der Studie positiv: Eine Mehrzahl der Kommunen hält die Unterbringung Geflüchteter für machbar oder ist in der Frage entspannt, ein kleiner Teil sieht keine Probleme. Mehr als ein Drittel sagen jedoch, sie seien »am Limit, im Krisenmodus«. Fünf Prozent sehen sich sogar als überlastet an.
Gesemann sagte, die Erfahrungen von 2015 helfe vielen Gemeinden, die aktuellen Herausforderungen zu meistern. Die Kommunen hätten gelernt: Krisenstäbe seien gebildet worden, Netzwerke in die Zivilgesellschaft gestärkt. Allerdings gehe dieses Erfahrungswissen durch Personalwechsel verloren. »Es zeigen sich Anzeichen personeller Erschöpfung in der Verwaltung«, sagte Gesemann.
Die Forschenden Frank Gesemann und Lea Freudenberg befragten mit ihrem Team zwischen August und September 2024 knapp 600 deutsche Kommunen mit einem Online-Fragebogen. Die Studie ist Teil eines Projektes des Instituts für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration, kurz DESI, aus Berlin. Das Projekt entsteht zusammen mit der Bertelsmann Stiftung und mit Förderung des Innenministeriums. Der Fragebogen richtete sich an alle gut 2900 Städte und Gemeinden ab 5000 Einwohnern und die 294 Landkreise. 567 Kommunen nahmen teil. Wer den Bogen ausgefüllt hat, ist unterschiedlich. Bei kleineren Kommunen waren es oftmals Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, bei größeren können es Integrationsbeauftragte oder Mitarbeitende im Bereich Soziales sein. Die Stichprobe spiegelt nach Angaben der Wissenschaftler die Verteilung der Kommunen in Deutschland »recht gut« wider. Allerdings seien ostdeutsche Städte, Landkreise und Gemeinden eher unterrepräsentiert. Bei den vorgestellten Ergebnissen handelt es sich um erste Resultate, ein ausführlicher Bericht soll noch in diesem Jahr folgen.
Ein großes Problem ist aus Sicht der Befragten, dass Wohnungen fehlen: Die Teilnehmenden sahen in dem angespannten Wohnungsmarkt die größte Herausforderung. Auf einer Skala von 1 bis 5 bewerteten die Teilnehmenden den Wohnraummangel im Durchschnitt mit 4,6 Punkten. Auch an Integrationskursen und gesundheitlicher Versorgung fehlt es demnach.
»Wenn man Verwaltungen fragt, was für den Erfolg wichtig ist, dann steht ganz weit oben das ehrenamtliche Engagement«, sagt Gesemann. Integration lasse sich nicht von der Verwaltung allein lösen. Die Zusammenarbeit mit freien Trägern und zivilgesellschaftlichen Akteuren bewerten rund zwei Drittel der Befragten als »sehr« oder »eher gut«. Doch auch im Ehrenamt zeigten sich »deutliche Ermüdungs- und Erschöpfungserscheinungen«, sagt Politikwissenschaftler Gesemann.