Macht es Meta mit seinen Plattformen Instagram und Facebook den Nutzern zu schwer, mutmaßlich rechtswidrige Inhalte zu melden? Die EU-Kommission jedenfalls ist davon überzeugt. In ihren Verfahren gegen die Plattformen hat sie nun ihre "vorläufigen Ergebnisse" vorgelegt, die der letzte Schritt vor einer möglichen Strafe unter dem Digital Services Act (DSA) sind.
Meldewege unnötig kompliziert
"Unsere Demokratien sind von Vertrauen abhängig. Dies bedeutet, dass die Plattformen ihre Nutzer befähigen müssen, ihre Rechte respektieren und ihre Systeme einer Kontrolle unterliegen müssen", heißt es in einer am Vormittag veröffentlichten Stellungnahme der zuständigen Kommissionsvizepräsidentin Henna Virkkunen. "Der DSA macht das zur Pflicht, nicht zur Option."
Die Verfahren, die die EU-Kommission im Frühjahr 2024 eröffnet hatte, betreffen dabei gleich mehrere Aspekte. Der für die meisten Nutzer unmittelbar wichtigste: Der DSA fordert von den Anbietern, dass diese einfach zugängliche Meldewege für alle Nutzer ihrer Dienste bereithalten. Wenn ein Verdacht auf verbotene Inhalte besteht, müssen die Anbieter sich nach einer Meldung durch die Nutzer dazu verhalten – entweder, indem sie Inhalte löschen oder sperren, oder indem sie dem meldenden Nutzer mitteilen, dass sie keinen Grund für ein Eingreifen sehen. Dieses "Notice and Action"-Prinzip wurde mit dem DSA weiter ausspezifiziert.
Seitensperrungen sind Problemfall
Seitdem müssen die Services zusätzlich eine Möglichkeit anbieten, dass gegen eine Entscheidung der Plattformbetreiber eine Beschwerdemöglichkeit besteht: sowohl für Meldende als auch für von einer Sperrung oder Löschung betroffene Nutzer. Meta verlange unzulässigerweise etwa mehr Angaben als im DSA gefordert, wenn etwa ein Inhalt gemeldet werden soll, so eine EU-Beamtin. Das würde das Melden schwieriger machen. Insgesamt wirft die EU-Kommission dem Plattformbetreiber vor, über "irreführendes Design" DSA-konforme Meldungen zu erschweren. Die als Aufsichtsbehörde tätige EU-Generaldirektion Connect hat nach Angaben von Kommissionsbeamten "hunderte Beschwerden" zu Metas Plattformen vorliegen. Bei der Sperrung einer Facebook-Seite etwa würde es große Schwierigkeiten für die Betroffenen geben, gegen diese vorzugehen, erklärte eine Kommissionsbeamtin.
Anders als oft behauptet, regelt der Digital Services Act dabei nicht den Umgang mit einzelnen Inhalten oder Inhaltstypen. Er verweist vielmehr auf das Recht der Mitgliedstaaten – was darunter illegal ist, muss von den Plattformen nach einer Meldung entsprechend behandelt werden. Reagieren die Betreiber auf Meldungen nicht oder halten sich nicht an die Vorschriften zu Beschwerdesystemen, droht ihnen selbst Ungemach: "Wenn die Plattformen diese Regeln nicht einhalten, wird die Haftungsausnahme für illegale Inhalte aufgehoben", sagt eine hochrangige EU-Kommissionsbeamtin. Es gehe insgesamt darum, die Anbieter zum Einhalten zu bewegen, und die Kommission werde auch nicht vor weiteren Strafen zurückschrecken, wenn dies nötig sei.
Der Digital Services Act regelt unter anderem die Pflichten von Onlineplattformen, Suchmaschinen und Marktplätzen, die sich an EU-Verbraucher richten. Die besonders großen Plattformen mit mehr als durchschnittlich 45 Millionen Nutzern pro Monat werden dabei direkt von der EU-Kommission beaufsichtigt. Der Strafrahmen für systemische Verstöße gegen den DSA kann theoretisch bei den größten Anbietern in die Milliarden gehen – bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Bei den bisherigen fortgeschrittenen Verfahren unter dem DSA ging es jedoch noch nicht um die ganz großen Vorwürfe, die derartige Strafhöhen rechtfertigen könnten. Seitens der derzeitigen US-Administration wird behauptet, dass der DSA die Meinungsfreiheit unzulässig einschränken würde – ein Vorwurf, den die EU-Kommission seit Monaten unter Verweis auf Gesetzestext und realen Regelungsinhalt scharf zurückweist.
Zugang für Wissenschaftler ebenfalls unzureichend
In weiteren Aspekten der vorläufigen Ergebnisse des DSA-Verfahrens wirft die EU-Kommission sowohl den Meta-Plattformen als auch TikTok vor, dass sie den Zugang für Wissenschaftler zu Daten nicht dem Gesetz entsprechend gewährleisten würden.
Auf die am Freitag vorgestellten vorläufigen Ergebnisse können die Unternehmen nun reagieren, indem sie versuchen, die Sichtweise der EU-Kommission zu widerlegen und sich selbst zur Behebung der Vorwürfe zu verpflichten. Ob und inwieweit eine Strafe gegen die Betreiber ausgesprochen wird, steht zum jetzigen Zeitpunkt der Verfahren noch nicht fest – gegen eine solche könnten sich die Anbieter ebenfalls vor Gericht wehren.
(olb)












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