"Es war keine gute Entscheidung": Andrichs zweiter Bärendienst

vor 2 Tage 3

Beim 2:7 gegen Paris Saint-Germain sieht Bayers Kapitän Robert Andrich zum zweiten Mal in dieser Saison einen Platzverweis und schwächt sein Team früh. Trainer Kasper Hjulmand übt danach zumindest leise Kritik.

 Bayer-Kapitän Robert Andrich war schon nach 31 Minuten nicht mehr Teil des Spiels gegen PSG.

Glatt Rot: Bayer-Kapitän Robert Andrich war schon nach 31 Minuten nicht mehr Teil des Spiels gegen PSG. picture alliance / HMB Media

Dass Desiré Doué und Robert Andrich wohl keine besten Freunde werden würden, das zeichnete sich bereits in der Anfangsphase ab. Da gerieten der PSG-Angreifer und Bayers Defensivmann jedenfalls schon aneinander, was zu einem leichten Schubser des deutschen Nationalspielers führte. Doué fiel, lamentierte - und lag wenige Minuten nach einem Zusammenstoß mit Andrich erneut auf dem Boden. Diesmal heftiger getroffen - mit dem Ellbogen im Gesicht. Erst sah Andrich die Gelbe Karte, dann zeigte ihm Schiedsrichter Jesus Gil Manzano nach Ansicht der Videobilder die Rote Karte und schickte Leverkusens Kapitän in der 31. Minute in die Kabine.

Andrich hatte das womöglich schon geahnt, zumindest setzte er nicht zur - ohnehin zwecklosen - Beschwerde an, sondern streifte seine Kapitänsbinde ab, übergab sie Alejandro Grimaldo und verschwand im Inneren der BayArena.

Ein bitterer Moment für den 31-Jährigen, der seine Mannschaft doch eigentlich führen soll, sie nun allerdings zum zweiten Mal in der gerade einmal elf Pflichtspiele alten Saison auf diese Art und Weise schwächte.

Andrich flog schon in der Bundesliga gegen Frankfurt vom Platz

Schon am 3. Liga-Spieltag gegen Frankfurt war Andrich, der wegen seiner Führungskraft und taktischer Disziplin grundsätzlich hohes Ansehen genießt, vom Platz geflogen - damals mit Gelb-Rot. Zunächst hatte er damals SGE-Torhüter Michael Zetterer behindert, nach einem Eckball schnell zur Spieleröffnung überzugehen und war dann nach rund 60 Minuten beim Zwischenstand von 2:1 Ritsu Doan in die Parade gefahren. Schlussendlich hatte die Werkself diese Partie mit 3:1 gewonnen, wodurch Andrich nicht noch mehr in den Fokus gerückt war. Gegen PSG war das dem erneut rechts in der Dreierkette eingesetzten Routinier nun aber nicht vergönnt.

Die Behauptung aufzustellen, mit dem erst vor dieser Saison zum Kapitän ernannten Andrich auf dem Platz hätte Bayer dieses Duell gegen die Weltklasse-Mannschaft aus der französischen Hauptstadt für sich entschieden, wäre freilich unsachlich. Fakt ist aber, dass dessen völlig unnötige Aktion in der Nähe der Mittellinie die in großen Teilen junge, unerfahrene Werkself erheblich schwächte. Seinen Führungsauftrag, den er qua Amt und Erfahrung besitzt und einnehmen will, verfehlte Andrich ganz eindeutig.

Hjulmand tadelt: "Es war keine gute Entscheidung"

Ob er sich entschuldigt habe, wurde Kasper Hjulmand nachher gefragt, und der Trainer stellte den Bayer-Profi nicht in den Senkel, redete stattdessen ruhig und ohne erkennbaren Groll. Sein Ärger allerdings war zumindest zwischen den Zeilen zu vernehmen. So sagte Hjulmand: "Natürlich war es keine gute Entscheidung." Und: Er würde nich behaupten, "dass wir gewonnen hätten, aber es hat viel verändert in unserer Struktur". Was für das junge, unerfahrene Team, das darüber hinaus noch nicht lange in dieser Form zusammenspielt, zweifelsfrei kontraproduktiv war.

"Wenn wir in ein 4-4-1 gehen, stellt sich zum Beispiel die Frage: Was passiert mit den Außenverteidigern? Sie haben deutlich andere Aufgaben als als Schienenspieler. Es hat also viel verändert", ergänzte Hjulmand noch. Und nun kann man die Frage stellen, warum er trotz des Platzverweises nicht weiter die Fünferkette formierte wie Anfang der zweiten Hälfte wieder. Doch der zentrale Kritikpunkt bleibt: Andrich schwächte sein Team, zwang es, den Offensiv- wie Defensivplan anzupassen - und mit zehn Mann noch mehr Raum zu verteidigen.

Andrich bleibt wichtig für Bayer

Ein Auftrag, der gegen Doué, Khvicha Kvaratskhelia, Bradley Barcola und Co. extrem herausfordernd ist - auch wenn kurz nach Andrichs Roter Karte PSG-Verteidiger Illya Zabarnyi ebenfalls vom Platz gestellt worden war und es fortan im Zehn-gegen-zehn weiterging. Mehr Raum, mehr Platz musste die Werkself ja so oder so verteidigen gegen die Pariser, die gewohnt viel rochierten und neben all der technischen Klasse und taktischen Sicherheit zudem über reichlich Sprintstärke verfügen. Klar ist: Mit elf Akteuren auf dem Feld hätte Bayer zumindest bessere Chancen gehabt, diese Qualitätsspieler einigermaßen unter Kontrolle zu halten. So aber gab es ein 2:7.

Andrich erwies Bayer also einen Bärendienst - und wird in der Königsklasse erst einmal fehlen. Es ist der nächste Rückschlag für den Defensivallrounder, der so gern bei der WM 2026 dabei wäre, jedoch unter Bundestrainer Julian Nagelsmann als Wackelkandidat gilt und sich über gute Leistungen aufdrängen muss. Für Bayer ist er wichtig - als einer von drei aktuell fitten Sechsern und als Option für die Dreierkette. Ergo wird er weiterhin gewiss viel Spielzeit erhalten.

So ein Aussetzer wie gegen PSG aber sollte ihm tunlichst nicht noch mal passieren.

Leon Elspaß

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