Gerade erst machten Razzien gegen eine mutmaßliche rechte Terrorzelle Schlagzeilen. Bundesanwaltschaft und das Bundeskriminalamt gingen Ende Mai gegen die Neonazigruppe „Letzte Verteidigungswelle“ vor. Acht Verdächtige von 14 bis 21 Jahren sitzen in Untersuchungshaft. Zwei Jugendliche aus der Gruppe sollen einen Brandanschlag auf ein Kulturhaus verübt haben, weitere Terrorpläne der Gruppe scheiterten offenbar.
Staatsschützer warnen vor nun zunehmend jüngeren, gewaltbereiten Rechtsextremen. Im Zusammenhang mit geplanten Anschlägen gerieten „verstärkt sehr junge beziehungsweise minderjährige Personen in den Fokus der Sicherheitsbehörden“, heißt es in einem internen Polizeipapier, berichtet der „Spiegel“.
Diese Art von Gewalt- und Straftaten ist immer stärker bei jüngeren Menschen vertreten und hauptsächlich handelt es sich um männliche Täter.
Johannes Kiess, stellvertretender Direktor des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts für Demokratieforschung an der Universität Leipzig
Oft seien diese in ihren Werten noch ungefestigt und daher eher für extremistische Propaganda anfällig. Als besonders gefährlich bewerten die Staatsschützer Chatgruppen, in denen „vermehrt sehr junge Internetnutzer“ rechtsextreme Attentäter verherrlichten. Die Experten sprechen von einer „Terrorgram-Szene“, weil viele der Chats über den Messenger Telegram laufen.
Die Gruppe „Letzte Verteidigunswelle“ agierte nicht im Verborgenen, sondern teilte ihr extremistisches Gedankengut auf öffentlich zugänglichen Instagram-Profilen.
Nach den Razzien hatte auch der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, vor einem Erstarken krimineller rechtsradikaler Jugendgruppen in Deutschland gewarnt. „Seit etwa einem Jahr sehen wir vermehrt, dass sich sehr junge Menschen mit einer rechten Gesinnung weiter radikalisieren und sich in teilweise gut organisierten Strukturen zusammenschließen, um schwere Straftaten zu begehen“, sagte Münch den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Die „Letzte Verteidigungswelle“ gehöre zum strukturellen Kern des neu formierten „gewaltorientierten subkulturellen Neonationalsozialismus“, ließ Brandenburgs Innenstaatssekretär Frank Stolper mitteilen. Unter den bundesweit vertretenen Strukturen sei diese nach Einschätzung des brandenburgischen Verfassungsschutzes eine Gruppierung mit hoher Gewaltbereitschaft.
„Die Taten, die den Beschuldigten zugerechnet werden, sind äußerst schwerwiegend“, so Stolper weiter. „Es ist erschreckend, wie jung die Beschuldigten sind.“
Auch ein Experte warnte. „Diese Art von Gewalt- und Straftaten ist immer stärker bei jüngeren Menschen vertreten und hauptsächlich handelt es sich um männliche Täter“, sagte Johannes Kiess, stellvertretender Direktor des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts für Demokratieforschung an der Universität Leipzig, dem Tagesspiegel nach den Festnahmen.
„Dabei spielt sowohl das gesellschaftliche Umfeld als auch die individuelle Tatmotivation eine Rolle, etwa Frust, Wut, aber eben auch ideologische Gründe wie Rassismus.“