„Ein schweres Ergebnis“: Nur 64,9 Prozent Zustimmung für Klingbeil als SPD-Chef – Bas erhält starke 95 Prozent

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Dass er aufgeregt sei, sagt Lars Klingbeil gleich zu Beginn. „Glaubt mir, ich bin auch angespannt. Ich habe ja viel gelesen über mich, über meine Rede, über die Bedeutung der Rede“, sagt er am Freitagnachmittag in Berlin zu den Delegierten des SPD-Parteitags.

Ein paar Stunden später weiß er: Es kommt noch viel schlimmer als schlechtestenfalls befürchtet. Nur 64,9 Prozent Zustimmung für Klingbeil. Das ist jenseits auch der düstersten Prognosen, die im Vorfeld kursierten. Eine solche Zahl hätte in der SPD vor dem Parteitag wohl kaum jemand für möglich gehalten.

Glamourös schneidet hingegen Bärbel Bas ab, die Hoffnungsträgerin ihrer Partei. Mit 95 Prozent wählen die Delegierten sie zur neuen Vorsitzenden.

Pathos ist dabei

So haben die Mitglieder ganz klar zum Ausdruck gebracht, wo der Parteichef in ihrer Achtung derzeit steht: ganz weit unten.

Dabei hatte sich das in der großen Aussprache zur Wahl der Vorsitzenden und zum Leitantrag nicht angekündigt. Ganz im Gegenteil: In der Debatte gab es so gut wie keine harte Kritik.

Genau das greift Klingbeil in seiner ersten Reaktion auf. Er muss auf die Bühne treten und die Wahl annehmen. „Das Ergebnis ist für mich ein schweres Ergebnis“, sagt er. „Ich hätte mir gewünscht, dass der eine oder andere das auch in der Debatte gesagt hätte.“

Ich weiß, ich habe Fehler gemacht in den letzten Monaten.

Lars Klingbeil

Offener Widerstand gegen die Art und Weise, wie Lars Klingbeil die SPD seit der Niederlage bei der Bundestagswahl auf Linie gebracht hat, hatte sich in der Debatte nicht geregt. Es gab freundliche Standing Ovations nicht nur für Bas, sondern auch für Klingbeil. Aber im Wahlgang haben die Delegierten zum Ausdruck gebracht, was sie tatsächlich denken.

Demut und Selbstkritik hatte die Partei sich im Vorfeld gewünscht. Die ehrliche Erkenntnis, dass nicht alles gut gewesen ist. Das hatte Klingbeil in seiner Bewerbungsrede geliefert. „Ich weiß, ich habe Fehler gemacht in den letzten Monaten“, rief er in den Saal. Ganz offensichtlich hat das nicht genügt.

Zumal der Punkt, wo er die Selbstkritik konkret macht, gar nicht zur Debatten der vergangenen Wochen passt Die SPD habe zu spät auf die Wirtschaftskrise reagiert. „Wir waren nicht voll da“, sagt er, sowie: „Das ist meine persönliche Verantwortung.“ Das mag sein, aber es sind nicht die Dinge, für die er in den vergangenen Wochen in der Kritik stand.

Sondern dabei ging es um seinen Machthunger, um die Art und Weise auch, wie die Partei Saskia Esken beiseite schob.

Für die fanden in ihren Bewerbungsreden sowohl Klingbeil als auch Bas herzliche Worte. Klingbeil wies darauf hin, Esken habe als allererste die Idee eines 500-Milliarden-Euro-Sondervermögens für Investitionen gehabt. „Das war nicht Friedrich Merz.“ Und Bas nannte Esken mit Blick auf gewonnene Landtagswahlen eine der „Mütter des Erfolges“ der Partei.

Beim Thema Frauen rief Bas im Saal am meisten Begeisterung hervor. „Für Alibi-Parität bin ich nicht zu haben“, ruft sie.

Da redet sie zwar nicht über ihre Partei, sondern über das Leben im Allgemeinen. Aber wer weiß, ob die Delegierten nicht doch deshalb jubeln, weil sie sich an einen der Druckpunkte der vergangenen Wochen erinnert fühlen.

Das Duo Klingbeil-Esken ist nämlich mit dem Begriff „Alibi-Parität“ recht gut beschrieben. Die Frage ist, ob es anders kommt, wenn nun Bas den Parteivorsitz übernimmt.

Und diese Frage stellt sich plötzlich ganz anders als bisher gedacht. Denn für den Moment hat die SPD nur eine starke Figur ganz oben. Und das ist Bärbel Bas.

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