Um kurz vor 22.15 Uhr hatte Turins Trainer Igor Tudor an diesem späten Dienstagabend mit der Einwechslung von Dusan Vlahovic den richtigen Gedankengang. Denn der Serbe brachte das Juventus Stadium regelrecht zum Kochen.

Zwei Tore, eine finale Vorlage: Dusan Vlahovic rettete Juventus gegen Dortmund noch das 4:4. picture alliance / IPP
Dusan Vlahovic "belebt die verrückte Alte Dame", "Vlahovic kommt rein, schießt einen Doppelpack und rettet Tudor" - oder auch: "Vlahovic mit einem unglaublichen Doppelpack!" Schlagzeilen wie diese waren am späten Dienstagabend in den italienischen Medien zu lesen und dabei schwer zu übersehen, welcher Akteur dem nach der Pause vollkommen verrückten Spiel zwischen Juventus und Borussia Dortmund den dicksten Stempel aufgedrückt hatte.
Das Interessante dabei: Bereits zum dritten Mal in dieser noch jungen Saison hatte Turins Trainer Igor Tudor den serbischen Nationalstürmer als Joker für den im Sommer als Top-Neuzugang geholten Jonathan David gebracht. Und bereits zum dritten Mal drehte Vlahovic nach seiner Hereinnahme auf - dieses Mal gehörig nach seinen beiden Serie-A-Saisontoren zuvor.
Ab dem Moment seiner Einwechslung ging der 25-Jährige, der seit 2022 für die Bianconeri aufläuft, mit purer Leidenschaft, Lauffreude und Zug zum Tor voran - und stach nach dem auf dem Feld erlebten Traumtor von Kenan Yildiz (1:1) und dem starken 2:1-Führungstor von Felix Nmecha ein erstes Mal eiskalt frei vor Gregor Kobel zu. Die 68. Minute lief zu diesem Zeitpunkt.
Vlahovic ehrlich: "Es war keine leichte Zeit für mich"
Und auch nach dem kassierten 2:3 und 2:4 gab sich Vlahovic nicht auf, rannte willig im Dauermodus an - und bugsierte die Kugel mit einer starken Direktabnahme aus kurzer Distanz zum 3:4 ins Netz. Ehe seine finale Flanke vom rechten Flügel nach eigens gewonnenem Zweikampf samt famosem Antritt tief aus der eigenen Hälfte den aufgerückten Abwehrmann Lloyd Kelly für dessen 4:4-Kopfball fand.
Zwei Treffer und eine präzise Vorlage steuerte der Torjäger also bei - und präsentierte sich somit zum wiederholten Male als nach wie vor gebrauchte Lebensversicherung des italienischen Rekordmeisters. Obwohl dieser Vlahovic im Transfersommer auch aufgrund seines 2026 auslaufenden Vertrags als möglichen Abgang deklariert und den etwa mit der Premier League und Milan in Verbindung gebrachten Akteur erst nach dem geplatzten Deal mit Randal Kolo Muani (jetzt Tottenham) doch im Kader gehalten hatte.
Mit recht, wie Vlahovic einmal mehr auf dem Platz zeigte - wo er wie schon bei seinen beiden Serie-A-Treffern gegen Parma (2:0) und in Genua (1:0) die Antwort aufs viele Gerede mit emotionalen Gesten Richtung Fans gab. Dieses Mal bei seinem zwischenzeitlichen 2:2 mit einem Fingerzeig aufs Ohr.
"Vlahovic ist ein großartiger Spieler - und wir wissen, dass er uns immer wieder die helfende Hand reicht, wenn er spielt", erkannte etwa Abwehrchef Bremer die Wichtigkeit des serbischen Nationalspieler für die Bianconeri.
Nach dem wilden Spektakel schritt der Garant auch selbst noch ans Mikrofon von Sky Sport Italia und sagte zum wiederholten Male: "Die Entscheidung, wer spielt, liegt beim Trainer. Ich trainiere jeden Tag hart und bin bereit, alles zu tun, was von mir verlangt wird. Und ich stehe der Mannschaft zur Verfügung." Egal, was Kritiker in den letzten Monaten geschrieben und gesagt hätten, und dass sie ihm fehlende Einstellung untergejubelt hätten. "Ich war die meiste Zeit meiner Karriere Stammspieler und habe immer Tore geschossen. Heutzutage, wo es fünf Auswechslungen gibt, sind die Einwechselspieler immer wichtiger. Und natürlich will jeder immer starten, aber ich respektiere die Entscheidung des Trainers und gebe alles, wenn ich gerufen werde."
Ein wenig tief blicken ließ Vlahovic dann auch noch: "Es war keine leichte Zeit für mich. Jeden Tag wurde geredet - und 99 Prozent der Dinge, das kann ich inzwischen ganz klar sagen, entsprachen dabei nicht der Realität. Das kann einen Menschen verstören, aber ich habe daraus Kraft gezogen. Jeden Tag muss man sich in diesem Geschäft beweisen und immer hungrig sein." Er wolle genau das vorleben, denn: "Ich bin nie zufrieden, deshalb habe ich heute zwei Tore geschossen und eine Vorlage gegeben - und ich wollte noch ein drittes ..."
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