DMEXCO: "Kein Stein auf dem anderen"

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Neue KI-Funktionen seiner Suchmaschine präsentiert Google in Halle 6 der Kölner Digital-Werbemesse und -Konferenz DMEXCO - ganz so, als handelte es sich eine ganz banale Neuerung. Dabei dürfte sich die KI-Suche auf die Geschäftsmodelle vieler der anderen Aussteller auswirken.

Die Branche entwickelt Lösungen, mit denen Website-Betreiber sehen können, wie ihre Sites bei Googles KI-Suche, ChatGPT & Co. abschneiden.

Demonstriert werden die KI-Funktionen anhand einer Produktrecherche. Die Suchmaschine lieferte ausführliche Informationen zu verschiedenen Produkten. Ob ein Besucher anschließend noch die Seiten aufruft, auf der Google die Informationen zusammengeklaubt hat? Google wird zwar nicht müde zu erklären, dass seine KI-Suche Publisher nicht benachteiligen würde. Die Erfahrungen Medientreibender aber zeichnen ein anderes Bild. Mit der zunehmenden Ausbreitung von KI-Suchen werden Website-Betreiber aller Art wohl Besucherrückgänge verzeichnen.

Dabei ist Google nicht der einzige und auch nicht der größte Betreiber von KI-Suchen. Es mischen ja auch Perplexity, Claude, DeepSeek und viele andere mit, allen voran ChatGPT mit einem Chatbot-Marktanteil von über 80 Prozent.

Eine Strategie von Website-Betreibern ist, das Spiel mitzuspielen: An die Stelle der Suchmaschinenoptimierung (Search Engine Optimization, SEO) tritt die Generative Engine Optimization (GEO), also der Versuch, unter die wenigen Sites zu kommen, die die Chatbots bei ihren Zusammenfassungen noch zitieren. Einige Vorträge und Masterclasses nahmen und nehmen sich dieses Themas an.

Ein Problem bei GEO: Viele Unternehmen agieren dabei im Blindflug. Sie wissen nicht, für welche Themen und Suchbegriffe sie bei welchen KI-Diensten in den Suchergebnissen zitiert werden und können entsprechend ihre Inhalte nicht anpassen. Die Branche entwickelt derzeit Lösungen dafür, zum Beispiel den Scout des Unternehmens Yext. Damit sollen Unternehmen die Sichtbarkeit ihrer Seiten sowie die derer ihrer Konkurrenten in Echtzeit verfolgen können und Hinweise zur Optimierung erhalten.

KI ist aber nicht nur eine Bedrohung, sondern bietet an vielen Stellen Optimierungsmöglichkeiten. Das Unternehmen Brainsuite zum Beispiel verspricht, mit seiner KI-gestützten Plattform die Wirksamkeit von Werbe-Assets auf Basis neurowissenschaftlich fundierter, asset- und kanalspezifischer Erfolgsfaktoren zu verbessern. Auch Google hat Werkzeuge für Marketeers in petto. So zeigt es, wie Agenturen mit der generativen KI Gemini alle Inhalte einer Kampagne zusammenbauen können - von Texten über Bilder bis hin zu Videos.

Insgesamt wächst die digitale Werbebranche, es gibt aber je nach Segment große Unterschiede.

(Bild: BVDW)

Bei der Arbeit der Agenturen werde durch (agentische) KI "kein Stein auf dem anderen bleiben", sagte Uli Kramer von der Hamburger Agentur pilot bei einem Live-Pocast auf der Messe. Gemeinsam mit fünf anderen Experten aus Mediaagenturen hat er den Trendmonitor 2025 verfasst - ein guter Überblick zu vielen aktuellen und kommenden Themen, die im digitalen Werbegeschäft eine Rolle spielen.

Schmerzpunkt Identifier: Es fehlt derzeit eine Technik, mit der sich einzelne Verbraucher so robust adressieren lassen wie mit Cookies.

(Bild: BVDW)

Die sechs Experten sind sich einig, dass sich das operative Geschäft der Agenturen weitgehend per KI automatisieren lässt. Der Mensch ist "nur noch" für die Beratung der Kunden sowie die Briefings zuständig. Als großes Problemfeld sehen die Experten die nach dem Wegfall der Third-Party-Cookies stark fragmentierte Landschaft der Werbe-Identifier. Aber sie sehen auch positive Entwicklungen: So werde die digitale Werbung im kommenden Jahr nach ihrer Schätzung insgesamt um fünf Prozent wachsen. Besonders stark wachse Werbung bei Online-Einzelhändlern sowie der Bereich "Paid Social".

Nicht zuletzt ist auch der Disruptor Google nicht vor Disruption gefeit. Außer zu ChatGPT und anderen KI-Suchmaschinen wandert vor allem die Gen Z auch zu TikTok und Reddit ab. Wer sich über solche und weitere Trends in dieser sich ständig verändernden Branche informieren will, hat am heutigen zweiten Tag der DMEXCO noch Gelegenheit dazu.

(jo)

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