Die Unbequeme - Zum Tod der Wiener Schauspielerin Elisabeth Orth

vor 1 Tag 1

Ihr bürgerlicher Name war Elisabeth Hörbiger. Sie entstammte Österreichs berühmtester Schauspieldynastie. Geboren am 8. Februar 1936 als erste Tochter von Paula Wessely und Attila Hörbiger, wollte sie, anders als ihre Schwestern Christiane (1938 bis 2022) und Maresa (geboren 1945), den Namen Hörbiger nicht behalten, als sie sich schließlich gegen den Willen hauptsächlich ihrer Mutter durchsetzte und am Wiener Max-Reinhardt-Seminar das Schauspielstudium begann. Sie nahm daher den Mädchennamen ihrer Großmutter mütterlicherseits, Anna Orth, an.

Ihre Schauspielkarriere startete sie am Wiener Volkstheater, am Theater der Courage (heute: „Komödie am Kai“ nahe beim Wiener Schwedenplatz) und am Münchener Residenztheater. Alle drei Theater galten in jenen Jahren als äußerst mutige, fortschrittliche Bühnen und setzten etwa Stücke des (in Österreich) lange Zeit verpönten Bertolt Brecht auf den Spielplan. Ihr Debüt am Burgtheater gab sie 1965 als Luise in Schillers „Kabale und Liebe“, wurde 1968 Ensem­blemitglied der Burg und bald auch bei den Salzburger Festspielen engagiert.

Einsatz für Toleranz und Menschenrechte

Zahlreiche Ehrungen prägten Elisabeth Orths Leben schon von früh an. So durfte sie etwa den bayerischen Titel „Staatsschauspielerin“, den österreichischen Titel „Kammerschauspielerin“ ab 1973 oder auch seit 1981 die Kainz-Medaille tragen. Mehrfach wurde sie auch mit dem Nestroy-Theaterpreis ausgezeichnet, vor drei Jahren folgte dieselbe Auszeichnung für ihr Lebenswerk. Im selben Jahr wurde der Elisabeth-Orth-Preis, gestiftet von der Gesellschaft der Freunde des Burgtheaters, erstmals verliehen. Seit 2014 war sie Ehrenmitglied des Hauses am Ring, dessen Doyenne sie im Jahr darauf wurde.

Ihr entschiedenes Auftreten gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen Frauenfeindlichkeit und gegen Antisemitismus wurde 2009 mit dem österreichischen Bundes-Ehrenzeichen für Toleranz und Menschenrechte gewürdigt. Zeitlebens setzte sie sich gegen jede Art von rechtem Spuk ein und verarbeitete bereits Mitte der Siebzigerjahre die NS-Vergangenheit ihrer Familie in dem Buch „Märchen ihres Lebens – Meine Eltern Attila Hörbiger und Paula Wessely“. Gut möglich, dass auch schon ihr frühes Wirken auf der Bühne mit dem Willen zum gesellschaftspolitischen Engagement verbunden war: Das Volkstheater galt damals, als Elisabeth Orth dort spielte, als „tapferstes Theater von Wien“.

Ihr Sohn Cornelius Obonya setzt die Tradition des kritischen Engagements fort: Er ist der aktuelle Präsident der „Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich“ und übernahm diese Funktion im Jahr 2019 von seiner Mutter. Am Samstag ist Elisabeth Orth im Alter von 89 Jahren verstorben, einen Tag bevor in Wien erstmals nach vierzig Jahren wieder „Burgtheater“ aufgeführt wurde, jenes Stück, das Elfriede Jelinek über die Familie geschrieben hat, deren Namen Elisabeth Orth nicht tragen wollte.

Gesamten Artikel lesen