Deutschlands erster photonischer Quantencomputer rechnet in Paderborn

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Europas größter Sampling-basierter Quantencomputer rechnet jetzt an der Universität Paderborn. Er heißt PaQS (Paderborn Quanten Sampler). Ein zweites Gerät soll bald am Fraunhofer Forschungsinstitut für Optik und Feinmechanik (IOF) in Jena den Betrieb aufnehmen. Quantenmechanische Phänomene wie das sogenannte Quetschen und die Überlagerung oder Verschränkung von Photonen sorgen für die unglaublich hohe Rechenleistung von Quantencomputern.

Weltweit wird an unterschiedlichen Quantencomputerdesigns geforscht. Photonische Quantencomputer nutzen Licht zur Durchführung von Quantenberechnungen, während andere Ansätze für Quantencomputing beispielsweise auf supraleitenden Qubits oder gefangenen Ionen basieren. Vorteile photonischer Quantencomputern sind unter anderem ein klarer Weg hin zur Skalierbarkeit und hohe Taktraten. Die mit kleine Lichtteilchen (Photonen) arbeitenden Anlagen haben den Vorteil, dass sie bei Raumtemperatur betrieben und in miniaturisierten, programmierbaren Schaltungen implementiert werden können.

"Aber sie haben mit optischen Verlusten zu kämpfen", erklärt Professorin Christine Silberhorn, Physikerin am Institut für Photonische Quantensysteme der Universität Paderborn, "Diesem Problem stellen wir uns, indem wir auf die weltführende Expertise Deutschlands in der integrierten Photonik zurückgreifen. Uns ist es gelungen, einen sogenannten 'Gaußschen Boson Sampler' zu realisieren, der aus skalierbaren Bauelementen besteht. Dafür mussten viele Komponenten erst neu entwickelt werden. Dies ist ein aufwendiger Prozess".

Ausgangspunkt ist stets die Erzeugung einer bestimmten Quantenressource. Silberhorn erläutert: "Bei dem Gaußschen-Bosonen-Sampling ist diese Ressource als 'Squeezing' oder 'gequetschtes Licht' bekannt, dessen quantenmechanische Eigenschaften manipuliert und damit nutzbar gemacht wurden. Die Fachgruppe Integrierte Quantenoptik an der Universität Paderborn hat eine lange Tradition in der Verwendung von optischen Wellenleitern, um hoch optimierte gequetschte Zustände zu entwickeln. Wir haben auf diese Expertise zurückgegriffen, um eine Lichtquelle zu produzieren, die die PaQS-Maschine antreibt."

Blick auf den Versuchsaufbau, wo gequetschtes Licht erzeugt wird. Das Foto zeigt nur einige der optischen Elemente, die für den Aufbau des gesamten Systems erforderlich sind. Wie das Ding insgesamt aussieht, zeigt die Uni leider nicht.

(Bild: Universität Paderborn/Martin Ratz)

PaQS ist laut den Angaben die größte Gaußsche-Boson-Sampling-Maschine Europas. Dabei wird – vereinfacht ausgedrückt – gemessen, aus welchen Ausgängen eines photonischen Netzwerkes die Photonen kommen. Das Gerät soll vollständig programmierbar sein.

"Das bedeutet ganz konkret, dass wir ein voll programmierbares und integriertes Interferometer verwenden, mit dem wir jede gewünschte Konfiguration umsetzen können. Bei diesem Ansatz werden Lichtteilchen in einem Netzwerk von Lichtwellenleitern — man kann sich das etwa als Weichennetz in einem Rangierbahnhof vorstellen — verteilt und gelenkt. Am Ausgang des Netzwerks misst man, wo die Photonen aus dem Netzwerk herauskommen. Relevant könnte das zum Beispiel für die Lösung von Proteinfaltungsproblemen oder die Berechnung molekularer Zustände im Rahmen der Medikamentenforschung sein", führt Silberhorn aus. Die vollständige Programmierbarkeit bedeute, dass auch Anwendungen implementiert werden können, die heute noch unbekannt sind. Aktuell wird das System erweitert, um komplexere Berechnungen zu ermöglichen und als Grundlage für Untersuchungen zu zukünftigen Geräten zu dienen.

Der photonische Quantencomputer ist Teil des Förderprogramms PhoQuant des Bundesbildungsministeriums. Das Fördervolumen beläuft sich auf rund 50 Millionen Euro. Koordiniert wird das Projekt mit insgesamt 13 Partnern vom deutschen Quantentechnikunternehmen Q.ANT. Ziel ist, "Deutschland an die internationale Spitze des photonischen Quantencomputings zu bringen", wie es die Uni Paderborn ausdrückt.

(ds)

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