Das Spektro-Polarimeter Visible Tunable Filtergraph (VTF) des Daniel K. Inouye Solar Telescope auf der Hawaii-Insel Maui hat erstmals Bilder der Sonne aufgenommen. Das Instrument wurde in Deutschland entwickelt.
Das Instrument Visible Tunable Filtergraph wurde vom Leibniz Institut für Sonnenphysik (KIS) in Freiburg entwickelt und gebaut. Es soll die Sonne "in der höchstmöglichen räumlichen, zeitlichen und spektralen Auflösung" abbilden, wie das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) mitteilte. Das in Göttingen ansässige Institut ist Partner des Projekts.
Das VTF ist das derzeit größte Spektro-Polarimeter. Es wiegt 5,6 Tonnen und hat die Grundfläche einer kleinen Garage. Die Entwicklungszeit betrug rund 15 Jahre, der Einbau im Daniel K. Inouye Solar Telescope (DKIST) begann im vergangenen Jahr.
Genauigkeit im Bereich von Pikometern
Um einzelne, sehr schmale Wellenlängenbereiche aus dem sichtbaren Sonnenlicht herauszufiltern, verfügt das VTF über zwei Fabry-Pérot-Interferometer, die in ihrer Größe und Präzision weltweit einzigartig sind. Dadurch kann das Sonnenlicht spektral mit einer Genauigkeit von wenigen Pikometern abgerastert werden.
Für jede Wellenlänge und jeden Polarisationszustand entstehen zweidimensionale Abbildungen der Sonne, aus denen sich Temperatur, Druck, Strömungsgeschwindigkeit des Sonnenplasmas und Magnetfeldstärke an der Sonnenoberfläche und in den Gasschichten darüber bestimmen lassen. Die räumliche Auflösung beträgt etwa 10 Kilometer pro Pixel, die zeitliche mehrere hundert Aufnahmen pro Sekunde.
Mit dem VTF kann das Sonnenteleskop so präzise wie nie zuvor jene Region der Sonne beobachten, in der die Eruptionen entstehen: die sichtbare Oberfläche der Sonne, Photosphäre genannt, und Chromosphäre, das ist die Schicht der Sonnenatmosphäre darüber. Durch die Beobachtung des Zusammenspiels von heißen Plasmaströmen und den veränderlichen Magnetfeldern erhoffen sich die Wissenschaftler ein besseres Verständnis der Vorgänge, die die Sonneneruptionen auslösen.
Neue Phase der erdgebundenen Sonnenbeobachtung
"VTF ermöglicht Aufnahmen bisher unerreichter Qualität und läutet so eine neue Phase der erdgebundenen Sonnenbeobachtung ein", sagte Sami Solanki, Direktor der Abteilung Sonne und Heliosphäre am MPS.
Das DKIST, benannt nach einem ehemaligen Senator für den Bundesstaat Hawaii, ist mit einem vier Meter großen Hauptspiegel das derzeit größte Sonnenteleskop. Der Testbetrieb begann Ende 2019, seit 2022 ist es regulär in Betrieb. Um die Sonne noch besser beobachten zu können, wird es sukzessive mit weiteren Instrumenten ausgestattet, die das einfallende Licht weiterverarbeiten, indem sie beispielsweise einzelne Wellenlängenbereiche oder Schwingungsrichtungen des Lichtes getrennt untersuchen. Das VTF ist das vierte und vorletzte dieser Instrumente.
Das VTF ist noch in der Testphase, doch die Bilder machen schon jetzt sehr kleine Strukturen sichtbar. Wenn das Instrument im regulären wissenschaftlichen Betrieb ist, werden die Daten noch nachbearbeitet, sodass die Auflösung noch höher sein wird.
(wpl)