Die Shortlist für den Deutschen Buchpreis steht fest. Die anspruchsvollen Werke nähern sich einem Entsetzen, das sprachlich kaum zu fassen ist.
16. September 2025 DIE ZEIT Nr. 40/2025
Dass mit Dorothee Elmigers Die Holländerinnen und Thomas Melles Haus zur Sonne zwei zu Recht gefeierte Romane des Herbstes auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stehen, ist begrüßenswert. Elmiger erzählt in ihrem literatur- und ideengeschichtlich voraussetzungsreichen Roman von einem Theaterteam, das sich in den mittelamerikanischen Dschungel aufmacht, um auf den Spuren von zwei verschwundenen niederländischen Mädchen das Grauen nachzuempfinden, das sich in der rohen Wildnis, im "Herz der Finsternis" (Joseph Conrad), entfaltet haben muss. Die theoriefeste Erzählerin weiß, dass die Aufklärung die Aufgabe hatte, den Menschen die Furcht zu nehmen. Ihr Bericht von der Reise umkreist mit atemloser Dringlichkeit das Verdrängte, einen Horror des Ausgeliefertseins, der sich der Sprache letztlich entzieht. Man könne "ihn nur umkreisen wie ein schwarzes Loch, einen reißenden Strudel".