Der nicht ganz greifbare Neustart

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Sandro Wagner hat seinen ersten Cheftrainer-Job in der Bundesliga angetreten - und beim FC Augsburg jetzt schon etwas ausgelöst.

 Augsburgs neuer Chefcoach Sandro Wagner.

Gut gelaunt an Tag eins auf dem Trainingsplatz: Augsburgs neuer Chefcoach Sandro Wagner. IMAGO/MIS

Der alte Sandro Wagner ist auf jeden Fall noch da, wenn man ihn denn alt nennen möchte. Was übrigens auch Sandro Wagner durchaus beschäftigt. Als Spieler wäre er jetzt ja schon ziemlich alt, als Trainer ist er stattdessen noch ein "Talent", ein Neuling. In Wahrheit ist er einfach 37. Und eben noch ganz der Alte, zumindest was das öffentliche Auftreten und Sprechen betrifft.

Natürlich ist auch Wagner in den vergangenen Jahren etwas zurückhaltender (und älter) geworden, er ist jetzt schließlich Cheftrainer in der Bundesliga, beim FC Augsburg, und würde natürlich nicht mehr sonntagmorgens im Doppelpass sagen, dass er lieber mit dem Porsche als mit dem Fahrrad zur WWK-Arena fährt.

Er muss und will jetzt von Dingen wie "fluiden" und "abgedeckten Positionsgruppen" und von einem "Baukasten" sprechen, aber er benutzt schon auch noch Wörter wie "Bratwürste" oder erzählt von seinen Punkten in Flensburg. Weshalb er übrigens eine Wohnung in Augsburg bezogen hat und nicht nach jedem langen Arbeitstag zurück nach Unterhaching fährt - oder rast.

Es ist ein interessanter und nicht ganz greifbarer Neustart, den der FCA mit Wagner verlebt. Einerseits weist Geschäftsführer Michael Ströll völlig zu Recht darauf hin, dass natürlich kein Spieler und kein Trainer jemals größer sind als der Verein. Aber natürlich weiß auch er, der Wagners Vorgänger nach der drittbesten Saison der Vereinsgeschichte entlassen hat, dass sich der Wind nun dreht.

Ein Verein im Verborgenen darf der FCA fortan nicht mehr sein, dafür sorgt Wagner allein ob seiner Ausstrahlung. Mancher mag es sogar "Aura" nennen, einen "Hype" hat der ehemalige DFB-Co-Trainer auf jeden Fall ausgelöst. Und das, obwohl er ja noch gänzlich unerfahren ist als Cheftrainer auf dem allerhöchsten Niveau. Klar, er hat Unterhaching in die 3. Liga geführt und an der Seite von Julian Nagelsmann die besten deutschen Fußballer trainiert, das Bundesliga-Rampenlicht wird für ihn dagegen Neuland sein.

Man spürt seine Autorität.

Finn Dahmen über Sandro Wagner

Und trotzdem macht man sich bei diesem Talent - oder Neuling - irgendwie keine Sorgen, dass er eventuell noch nicht bereit sein könnte für diese Bühne, viel zu abgeklärt und klar wirkt Wagner. "Man spürt seine Autorität", sagte zum Beispiel der Torhüter Finn Dahmen nach der ersten Trainingseinheit. Die übrigens nur schlanke 60 Minuten ging, ein erstes Abtasten quasi. "Man muss erst mal gut reinkommen", meint Wagner. "Gute Stimmung erzeugen."

Die war vor der Sommerpause tatsächlich ein bisschen abhandengekommen, obwohl das Endergebnis unter Jess Thorup ja keineswegs schlecht war. Nur fehlte die Fantasie, wie dieser sympathische Däne auch den nächsten Schritt ermöglicht hätte. Denn dieser berüchtigte nächste Schritt soll es jetzt sein unter Wagner, wie auch immer das am Ende aussieht.

Großer medialer Aufschlag bei Wagners erstem Training in Augsburg.

Großer medialer Aufschlag bei Wagners erstem Training in Augsburg. IMAGO/Krieger

Von einer Platzierung spricht beim FCA natürlich niemand. Gott bewahre, wenn man heutzutage ein konkretes Ziel ausruft und am Ende dafür belächelt würde. Es soll halt irgendwie besser werden, ansehnlicher und mitreißender. Chef Ströll würde dem Trainer Wagner sogar einen schlechteren Tabellenplatz als Thorup verzeihen, solange er in anderen Bereichen Fortschritte erkennt (nicht ganz greifbar eben).

Eine neue Euphorie ist auf jeden Fall ausgebrochen rund um diesen kleinen FCA, der endlich mehr sein möchte als nur ein unangenehmer und schwer zu bespielender Gegner.

"Am Ende des Tages geht es um die Fußballspieler, die auf dem Platz das Spiel spielen", sagt Wagner pflichtbewusst, obwohl er selbstverständlich genau weiß, dass sich vieles auf ihn konzentrieren wird. "Natürlich geben wir Trainer Dinge und die Richtung vor, sind vielleicht auch wie jetzt medial im Fokus. Aber spielen tun die Jungs. Mir ist es wichtig, dass die tollen Fußballspieler, die wir in Augsburg haben, im Vordergrund stehen."

Was dann irgendwann vielleicht auch passieren wird, fürs Erste aber ist nun definitiv er das Gesicht des FCA. Und das mit so alten jungen 37 Jahren.

Mario Krischel, Frank Linkesch

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