Franzosen haben einen kuriosen Ausdruck für ihre künstlerischen Kultfiguren: „monstres sacrés“. Das Adjektiv steht für die gleichsam sakrale Unberührbarkeit des schöpferischen Genies, das Substantiv für etwas Abnormales, wo nicht gar Unmenschliches im Wesen der betreffenden Figur. Ein „heiliges Monstrum“ ist ein Oxymoron, eine Vermählung von Gegensätzen, jedenfalls eine doppelgesichtige Kreatur. Niemand verkörpert diese Zwitternatur schlagender als Gérard Depardieu. In seinem Heimatland gilt der Schauspieler und Frauenschänder als „poète et paillard“, frei übersetzt als „zartbesaiteter Wüstling“. Zwei Seelen wohnen, ach, in seiner üppigen Brust, von denen die eine – freilich seit langen Jahren zunehmend selten – singt und flötet, derweil die andere grapscht und pupst.