Champions League: FC Bayern München siegt zu zehnt gegen Paris Saint-Germain

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Mann der ersten Hälfte: Die Nachspielzeit der ersten Hälfte am vierten Spieltag der Champions-League-Vorrunde lief bereits und im Prinzenpark waren nur noch ein paar Sekunden zu spielen. Luis Díaz hätte mit breiter Brust in die Kabine gehen können. Der Sommereinkauf hatte die Bayern nach vier Minuten beim Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain in Führung gebracht. In der 32. Minute hatte er zudem PSG-Routinier Marquinhos so genervt, dass der Verteidiger den Ball verlor und der Münchner zum 2:0 erhöhte. Die erste Hälfte gegen Europas stärkstes Team war eine eindrucksvolle Demonstration der Münchner, und sie trug das Gesicht von Díaz.

Der Abflug: Doch dann grätschte der Kolumbianer kurz vor dem Halbzeitpfiff auf Höhe der Mittellinie mit beiden Beinen von hinten. Je öfter man die Szene in der Zeitlupe sah, desto schlimmer wirkte sie, weil Achraf Hakimi sich dabei offenbar schwer verletzt hatte. Nach langer Bedenkzeit und Betrachtung der Videobilder zeigte der italienische Schiedsrichter Maurizio Mariani Diaz die Rote Karte. Jetzt mussten die Münchner noch weitere 45 Minuten in Unterzahl bestehen.

Ergebnis: Und das gelang dem FC Bayern. Zwar wurde es am Ende noch einmal spannend, als PSG zum 1:2 verkürzte, zum Ausgleich reichte es jedoch nicht mehr. Damit baut der FC Bayern seine makellose Saisonbilanz weiter aus und steht nun auch an der Spitze der Champions-League-Tabelle. Hier finden Sie die Übersicht zur Königsklasse und können den Spielverlauf im Liveticker nachlesen.

Frage des Spiels: Wie gut sind die Bayern denn jetzt wirklich? Waren die 15 Siege aus den ersten 15 Pflichtspielen nur Augenwischerei? Vier Minuten benötigten die Münchner, um eine erste Antwort zu finden. Luis Díaz erzielte das 1:0, nachdem Serge Gnabry mit einem exzellenten Hackenpass die komplette PSG-Abwehr überrascht hatte. Es war ein weiterer Beleg für den schönen und schnellen Münchner Offensivfußball, bei dem man fast vergisst, dass der begabteste Offensivspieler der Bayern wegen der Folgen seines Wadenbeinbruchs noch immer fehlt. Jamal Musiala heißt der Mann.

Stadt ohne Fanliebe: Der Münchner Anhang feierte das schöne Tor. Nach den Strapazen hatte er sich die frühe Torparty gewissermaßen auch verdient. Die Pariser Polizei hatte am Montag kurzfristig verlangt, dass sich alle 15 Fanbusse aus München mehrere Stunden vor Anpfiff an einer Mautstelle außerhalb von Paris an einer Autobahn versammeln müssten. Von dort aus ging es vier Stunden vor Anpfiff gemeinsam im Polizeikonvoi weiter Richtung Stadion. Der FC Bayern sprach hinterher von Schikane. Die betroffenen Fans berichteten von desaströsen sanitären Bedingungen an der Mautstelle sowie von zu wenig Getränken und Essen.

Die Abwehrstürmer: Beim Übertragungsdienst Prime überschlugen sie sich vor Anpfiff beinahe mit Lob für Bayern-Trainer Vincent Kompany. Eine enorme Verbesserung des FC Bayern unter dem Belgier ist jedoch nicht von der Hand zu weisen. Man musste sich nur das 1:0 ansehen: Abwehrmann Upamecano rückte weit raus, um bereits an der Mittellinie Druck auf den Ball auszuüben. So wird auch die Verteidigung zum Angriff, so verlor PSG den Ball, so entstand das 1:0. Die Münchner hatten schon in der Vorsaison so gespielt, aber sich dabei gerade zu Beginn unter Kompany die wildesten Kontertore eingefangen. Das ist jetzt anders, jetzt funktioniert die Absicherung immer besser. Die sehr wenigen Gegentore (vier in neun Bundesligaspielen und drei in vier Champions-League-Partien) sind der Beleg dafür.

Kurzeinsatz: Im vergangenen Frühjahr musste der FC Bayern sein Stadion noch für PSG zur Verfügung stellen, als die Pariser in der Münchner Allianz-Arena mit einem Kantersieg gegen Inter Mailand (5:0) die Champions League gewannen. Später siegte PSG gegen die Bayern bei der Klub-WM im Viertelfinale. Damals verletzte sich Musiala und die Münchner kassierten ihre bis dahin letzte Niederlage. Einer, der sowohl im Champions-League-Finale als auch bei der Klub-WM mit großen Auftritten glänzte, war Ousmane Dembélé. Er traf auch an diesem Abend in der 22. Minute, allerdings aus Abseitsposition. Kurz darauf war für den aktuellen Weltfußballer Schluss, er musste offenbar wegen Achillessehnenproblemen vom Feld.

Gierige Bayern: Joshua Kimmich hatte zuletzt gesagt, er spüre in den aktuellen Wochen einen Mannschaftsgeist beim FC Bayern, wie er ihn selten zuvor erlebt habe. Kimmich spielt seit 2015 in München und ist daher ein guter Augenzeuge. Was er damit gemeint haben könnte, sah man in der 40. Minute. Nach einem Pass von Kimmich hatte Josip Stanisic aus zentraler Position eigentlich freie Schussbahn im Strafraum zum 3:0, er ließ aber für Gnabry durch. Doch der Ball kam nicht durch. Die Chance war vertan, auf einmal konterte PSG, würde jetzt das 1:2 entstehen? Luiz Díaz sprintete sofort zurück und holte sich gemeinsam mit Jonathan Tah den Ball am eigenen Strafraum zurück.

Upamecano geschlagen: Mit einem Mann weniger konzentrierte sich der FC Bayern immer mehr aufs Verteidigen. Das funktionierte lange Zeit sehr gut, vor allem der überragende Upamecano schien überhaupt keine Lust zu haben, dem Gegner auch nur einen Meter zu überlassen. In der 74. Minute musste der Franzose nach einer Flanke jedoch plötzlich zwei Gegner decken – und das war einer zu viel: João Neves traf mit einem sehenswerten Seitfallzieher zum 1:2. Nun witterte PSG endgültig seine Chance, doch der FC Bayern verteidigte alles weg.

Ausblick: Wie gut sind die Bayern wirklich? Sehr gut, das kann man sagen, ohne rot zu werden. Doch wie wertvoll war der Sieg? In der Vorsaison hatte der FC Bayern ebenfalls gegen PSG in der Vorrunde der Champions League gewonnen. Gut ein halbes Jahr später schieden die Münchner im Viertelfinale der Königsklasse aus, die Pariser gewannen die Champions League. Jetzt sieht man einen anderen FC Bayern, der sich auch gegen die beste Mannschaft Europas in Unterzahl zu wehren weiß. Wenn man sich richtig erinnert, dann hat PSG die Champions League auch gewonnen, weil das Team so gut verteidigen konnte wie kaum ein anderes.

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