Die paramilitärischen RSF im Sudan sollen seit Sonntag Ärzten zufolge mehr als 1.500 Zivilisten getötet haben. Laut WHO starben alleine in einer Klinik 460 Menschen.
Aktualisiert am 29. Oktober 2025, 17:08 Uhr Quelle: DIE ZEIT, dpa, epd, bam
Nach der Einnahme der sudanesischen Großstadt Al-Faschir durch die paramilitärische Miliz RSF (Rapid Support Forces) hat sich die Lage für die Bevölkerung Experten zufolge extrem verschlechtert. Die RSF habe innerhalb von drei Tagen mindestens 1.500 unbewaffnete Zivilisten in der Stadt getötet, teilte das Sudanesische Ärztenetzwerk mit.
Die Miliz hatte am Wochenende die Kontrolle über die stark umkämpfte Stadt in der Region Darfur nach langer Belagerung gewonnen. Die Zivilisten wurden nach Angaben des Ärztenetzwerks getötet, als sie versuchten, aus Al-Faschir zu fliehen. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden alleine in einem Krankenhaus in Al-Faschir mehr als 460 Menschen getötet. Die Opfer soll es in einer Geburtsklinik gegeben haben, wie WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus mitteilte. Bei den Toten handelte es sich demnach mutmaßlich um Patientinnen und deren jeweilige Begleitung. Tedros äußerte sich entsetzt.
Das Sudan-Ärztenetzwerk, eine Gruppe Mediziner, die den Krieg dokumentiert, teilte mit, RSF-Kämpfer hätten am Dienstag "kaltblütig jeden ermordet, den sie in dem saudischen Krankenhaus gefunden haben". Die Ärzte bezeichneten die Handlungen der RSF als "Genozid" gegen die nicht-arabische Bevölkerung im Land. Justin Lynch, Sudan-Forscher und Geschäftsführer der Conflict Insights Group, sagte dem US-Sender CNN, die Einnahme von Al-Faschir durch die RSF könnte der Beginn eines Massakers an Zivilisten sein.
Gewalt gegen nicht-arabische Volksgruppen
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) berichteten Flüchtende von willkürlicher Gewalt, Morden und Hinrichtungen von Zivilisten, sowie von Videos, die Dutzende unbewaffnete Männer zeigen, die erschossen wurden. Tom Fletcher, der Leiter des UN-Nothilfebüros Ocha, sagte, es seien weiterhin Hunderttausende Zivilisten in Al-Faschir eingeschlossen, ohne Nahrung und medizinische Versorgung. Fluchtwege seien aufgrund "intensiver Bombardierungen und Bodenangriffe" blockiert. Offiziell hatten die RSF mitgeteilt, sie wollten die Zivilisten in Al-Faschir schützen und denjenigen, die die Stadt verlassen wollen, sichere Korridore zur Verfügung zu stellen.
Experten befürchten eine deutliche Verschlechterung der Lage für die noch in Al-Faschir lebenden geschätzt rund 300.000 Zivilisten. Die Großstadt war mehr als 500 Tage von den RSF belagert worden. Die Miliz hatte verhindert, dass Lebensmittel und Hilfsgüter die hungernden Menschen erreichen. Die UN beschreiben die Lage in dem Land als die größte humanitäre Krise der Welt.
Verschiedenen Organisationen zufolge sind in den vergangenen Tagen rund 260.000 Menschen aus Al-Faschir geflohen, um Schutz in umliegenden Orten zu suchen. Ein Ziel ist die Stadt Tawila, die bereits bis Ende September nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration mehr als 650.000 Geflüchtete aufgenomen hatte. Die Welthungerhilfe bezeichnete die Versorgungssysteme für die vielen Geflüchteten als "längst überfordert". Wasser- und Lebensmittelversorgung seien zusammengebrochen, sanitäre Einrichtungen unzureichend. Außerdem reiche die medizinische Betreuung bei Weitem nicht aus. Besonders gefährdet seien Frauen und Mädchen.
Vorwürfe gegen die Vereinigten Arabischen Emirate
In dem ostafrikanischen Land am Horn Afrikas herrscht seit April 2023 ein brutaler Machtkampf zwischen De-facto-Machthaber Abdel-Fattah al-Burhan und seinem einstigen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, der die RSF kommandiert. In der westlichen Region Darfur ist der Konflikt maßgeblich von ethnischen Faktoren geprägt, die eng mit Fragen von Landrechten, Ressourcenverteilung und politischer Marginalisierung verwoben sind. Dabei geht es vor allem um Konkurrenz um Land und Wasser zwischen traditionell nomadischen, arabischen Volksgruppen und sesshaften, nicht-arabischen Gruppen. Die RSF sind eine Nachfolgeorganisation arabischer Milizen und gehen Berichten von UN-Vertretern zufolge gezielt gegen den nicht-arabischen Teil der Bevölkerung vor.
Experten kritisieren, dass westliche Regierungen bislang nur Appelle an die RSF richteten und keine Sanktionen gegen Unterstützerstaaten verhängten. "Es ist ein weiterer Freibrief an die RSF, an ihre Unterstützer in den Vereinigten Arabischen Emiraten, dass sie solche Massenhinrichtungen und ethnische Säuberungen durchführen können, ohne mit internationalen Maßnahmen rechnen zu müssen", sagte Annette Hoffmann von der Denkfabrik Clingendael Institut dem ZDF.
Die VAE weisen eine Einmischung in den Konflikt zurück. Nach Berichten des Wall Street Journals, das sich auf US-Geheimdienste beruft, die VAE hätten in diesem Jahr zunehmend Waffen an die RSF geliefert. Darunter seien unter anderem moderne chinesische Drohnen, aber auch Maschinengewehre, Fahrzeuge, Artillerie, Mörser und Munition. Dies sei das jüngste Beispiel dafür, wie die Emirate ihre Macht ausspielten, um ihre Interessen durchzusetzen, hieß es im Bericht des Wall Street Journal.

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