Bundeswehr: Diskussion um Pflicht und Anreize im neuen Wehrdienstmodell

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Der Gesetzentwurf für einen neuen Wehrdienst, den das Bundeskabinett heute auf den Weg bringen will, sorgt weiter für Kritik in der Union. »Auf der Basis dieses Gesetzentwurfes wird Deutschland nicht verteidigungsfähig werden«, sagte Unionsfraktionsvize Norbert Röttgen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). »Es fehlt an jeder Zahl und an jeder Frist, was wann zu erreichen ist, so dass Maßnahmen ergriffen werden können, wenn man die Ziele verfehlt«, monierte der CDU-Politiker.

Der neue Wehrdienst soll nach den Plänen von Verteidigungsminister Boris Pistorius zunächst auf Freiwilligkeit beruhen, um die angestrebte Vergrößerung der Bundeswehr um 80.000 auf 260.000 Soldaten zu erreichen. Mit zusätzlichen Anreizen soll um Nachwuchs geworben werden. Die Union wünscht sich eine automatische Wiedereinführung der ausgesetzten Wehrpflicht, wenn bestimmte Zielmarken bei der Truppenstärke nicht erreicht werden. Außenminister Johann Wadephul (CDU) hatte Ende vergangener Woche deshalb ein Veto gegen das Wehrdienstgesetz eingelegt, es aber am Montag wieder zurückgezogen.

Änderungen im parlamentarischen Verfahren verlangt

Röttgen kündigte an, die Unionsfraktion werde im Parlament auf Veränderungen dringen. Auch der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Erndl (CSU), betonte im »Tagesspiegel« zu dem Gesetzentwurf: »Wir werden ihn aber nicht ohne deutliche Änderung im Bundestag passieren lassen.«

Das Argument, die Bundeswehr verfüge nicht über genug Ausbilder und Kasernen für eine herkömmliche Wehrpflicht, ließ Erndl nicht gelten. »Die Bundeswehr soll sagen, wie viel Personal sie braucht, um ihre Aufgaben zu erfüllen, und diese Zahl dann auch garantiert bekommen – nicht mehr, aber auch nicht weniger.« Die Unionsfraktion wolle keineswegs einen ganzen Jahrgang junger Männer einziehen, stellte der Verteidigungsexperte klar.

Gratis-Führerschein: FDP will die Bundeswehr attraktiver machen

Vor der Entscheidung des Bundeskabinetts fordert die FDP, die Bundeswehr für junge Leute attraktiver zu machen. »Dazu gehört, dass mehr Anreize geschaffen werden, wie etwa die Übernahme der Führerscheinkosten für jeden, der sich freiwillig zum Wehrdienst meldet«, sagte der FDP-Vorsitzende Christian Dürr der Nachrichtenagentur dpa.

Aus seiner Sicht sollte die Bundeswehr zudem in jeder Schule über ihren Auftrag aufklären. »Jeder Schüler sollte vor seinem Abschluss über die Angebote der Bundeswehr als Arbeitgeber informiert worden sein«, verlangte Dürr.

Der Entwurf für ein Wehrdienstgesetz von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) soll heute vom Kabinett beschlossen werden. Er setzt auf Freiwilligkeit und einen – auch finanziell – attraktiveren Dienst, um mehr junge Leute für die Bundeswehr zu gewinnen. Die Bundeswehr benötigt etwa 80.000 zusätzliche aktive Soldaten. Für den Fall, dass sich diese mit dem Prinzip der Freiwilligkeit nicht gewinnen lassen, möchte die Union einen Automatismus hin zu einer verpflichtenden Heranziehung junger Leute im Gesetz verankern.

Eine Wehrpflicht, wie es sie früher gab, lehnte der Chef der nicht mehr im Bundestag sitzenden Liberalen ab. »Die Forderungen aus der Union führen uns zurück in die 1980er-Jahre«, sagte Dürr. »Mit der Rückkehr von Grundwehrdienst und Kreiswehrersatzämtern machen wir die Bundeswehr sicherlich nicht zu einer hochprofessionellen Hightech-Armee, die sie sein muss.«

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