Bundespolitik: Linnemann: Einigung bei Bürgergeld und Wehrdienst bis Donnerstag

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Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg.

Wichtige Updates

CSU wirft AfD wegen Russlandreise Landesverrat vor – AfD weist Kritik zurück

Pistorius fordert neue Führungs- und Fehlerkultur in der Truppe 

Justizministerin Hubig: „Klare Stoppschilder“ bei voyeuristischen Aufnahmen

Linke erneut nicht ins Geheimdienst-Gremium gewählt

Linken-Spitze kritisiert Israel-Beschluss der Parteijugend

Deutschlandticket: Bundestag sichert Finanzierung bis 2030

Die weitere Finanzierung des Deutschlandtickets für Busse und Bahnen bis Ende 2030 mit dem Anteil des Bundes steht. Der Bundestag beschloss eine Gesetzesänderung, wonach bis dahin jährlich 1,5 Milliarden Euro zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bei Verkehrsanbietern bereitstehen. Bisher war dies nur bis Jahresende geregelt und sollte zunächst auch nur für 2026 neu festgelegt werden. Bund und Länder vereinbarten dann aber eine längere Absicherung. Auch die Länder geben demnach bis 2030 jährlich 1,5 Milliarden Euro dazu.

Dem Gesetz ist nun abschließend noch zustimmungsbedürftig im Bundesrat. Hintergrund der Zuschüsse ist, dass das D-Ticket für den bundesweiten Nahverkehr günstiger ist als übliche regionale Pendler-Abos. Derzeit nutzen es 14 Millionen Kundinnen und Kunden. Vereinbart wurde zugleich eine erneute Preiserhöhung: Ab 1. Januar 2026 kostet das Ticket 63 statt 58 Euro im Monat. Gestartet war es 2023 mit 49 Euro.

Für die regionalen Verkehrsverbünde ist das Deutschlandticket ein Verlustgeschäft. Denn viele Abos für Pendler waren zuvor deutlich teurer. Die Mindereinnahmen sollen durch die jeweils 1,5 Milliarden Euro von Bund und Ländern weitgehend ausgeglichen werden.

Die beschlossene Preiserhöhung hatte zuletzt für Kritik gesorgt. Denn im Koalitionsvertrag der Bundesregierung haben Union und SPD vereinbart, das Deutschlandticket über 2025 hinaus fortzusetzen: „Dabei wird der Anteil der Nutzerfinanzierung ab 2029 schrittweise und sozialverträglich erhöht.“ Von einer Preiserhöhung ab 2026 ist dort keine Rede gewesen. 

Nadja Lissok

Linnemann: Einigung bei Bürgergeld und Wehrdienst bis Donnerstag

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann will noch vor dem Koalitionsausschuss am Donnerstag eine Einigung bei den Themen Bürgergeld und Wehrdienst. In der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ zeigte er sich mit Blick auf das Bürgergeld zuversichtlich: „Da wird es eine Einigung vorher geben, bin ich mir ziemlich sicher.“ Die Gespräche mit dem Koalitionspartner SPD liefen sehr erfolgreich und man sei sich im Kern einig. „Wir wollen Menschen unterstützen, die es dringend brauchen“, sagte Linnemann. „Und auf der anderen Seite darf der Sozialstaat nicht ausgenutzt oder gar missbraucht werden.“

Eine in der SPD angestoßene Mitgliederbefragung zum Erhalt des bisherigen Bürgergeldes gefährde das Vorhaben nicht. Er verwies auf den Koalitionsvertrag. „Die SPD und wir, wir sind uns klar einig, dass dieses Bürgergeld abgeschafft gehört.“ Es brauche eine neue Grundsicherung. „Das Bürgergeld ist nicht gerecht, wir brauchen wieder ein gerechtes Sozialsystem in Deutschland.“ Die geplante Reform sieht mehr Pflichten für Hilfe-Empfänger und härtere Sanktionen bei Verstößen vor. 

Linus Freymark

Weber zu Syrien-Debatte: "Wenn der Krieg beendet wird, musst du zurück"

EVP-Chef Manfred Weber plädiert grundsätzlich für eine Rückkehr von Syrern in ihre Heimat. "Diejenigen, die fähig sind, nach Syrien zurückzugehen und das Land wieder aufzubauen, müssen Deutschland und Europa verlassen und zurückgehen nach Syrien", sagte Weber, der auch Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP) ist, der Bild am Sonntag.

Die Rechtslage für Flüchtlinge aus Syrien sei eindeutig: "Wir helfen in Not, aber wenn der Krieg beendet wird, musst du wieder zurück in dein Heimatland gehen." Weber sprach sich aber gegen übermäßigen Zeitdruck aus: "Wenn Abschiebungen im ersten Monat nicht direkt gelingen, weil wirklich Teile Syriens komplett zerstört sind, dann wird es vielleicht im nächsten Monat gelingen", sagte er. "Aber das Prinzip muss am Ende umgesetzt werden."

Weber hält zugleich Ausnahmen für Syrer, die in einem geregelten Arbeitsverhältnis stehen, für sinnvoll: "Es gibt in Deutschland viele Syrer, die hier einen wichtigen Beitrag leisten. Wollen wir die jetzt alle wieder nach Syrien zurückführen?", fragte er. Menschen mit Migrationshintergrund leisteten einen wesentlichen Beitrag für die Gesellschaft - etwa in Krankenhäusern.

Aussagen von Außenminister Johann Wadephul (CDU), der auf die Zerstörungen in Syrien hinwies, hatten eine Kontroverse in der Union ausgelöst. Beim Besuch einer schwer verwüsteten Vorstadt von Damaskus zweifelte der Außenminister an, dass angesichts der massiven Zerstörung kurzfristig eine große Zahl syrischer Flüchtlinge freiwillig dorthin zurückkehren werde. "Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben", sagte er.

Einige in seiner Partei verstanden das als Distanzierung vom Kurs der Union, dass syrische Straftäter so schnell wie möglich abgeschoben und eine freiwillige Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihr Heimatland gefördert werden soll. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) stellte dann aber klar: "Der Bürgerkrieg in Syrien ist beendet. Es gibt jetzt keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland, und deswegen können wir auch mit Rückführungen beginnen."

CSU wirft AfD wegen Russlandreise Landesverrat vor – AfD weist Kritik zurück

Die geplante Russlandreise mehrerer AfD-Politiker stößt auf scharfe Kritik. CSU-Generalsekretär Martin Huber wirft der Partei Landesverrat vor. „AfD-Abgeordnete fahren nach Russland, um mit dem Kreml über die Durchsetzung russischer Interessen zu sprechen. Das ist Landesverrat“, sagte er dem Handelsblatt. Die AfD sei längst das „Sprachrohr Moskaus“, so Huber.

Wer sich von Putins Schergen seine Politik diktieren lässt, ist kein Patriot, sondern eine Marionette und Risiko für unser Land.

CSU-Generalsekretär Martin Huber

Auch CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter reagierte empört. Russland sei ein „Terrorstaat“; die AfD-Politiker machten sich mit ihrer Reise bewusst zum Instrument im hybriden Krieg gegen Deutschland und Europa. Russland unterstütze gezielt den „Aufbau von Kreml-Parteien wie der AfD“, um die deutsche Demokratie zu schwächen, sagte er dem Handelsblatt.

Konkret geht es um eine geplante Reise der Bundestagsabgeordneten Steffen Kotré und Rainer Rothfuß, Sachsens AfD-Landeschefs Jörg Urban und des Europaabgeordneten Hans Neuhoff zur Konferenz der sogenannten Brics-Staaten im russischen Schwarzmeerort Sotschi. Die AfD-Bundestagsfraktion steht hinter der Reise und übernimmt laut einem Sprecher auch die Kosten. Ziel sei es, Gesprächskanäle nach Russland offenzuhalten – analog zu den bestehenden Kontakten zu US-Republikanern und dem Umfeld von US-Präsident Donald Trump.

Kiesewetter hält es für besonders problematisch, dass Parteispitze und Fraktionsführung die Reise offenbar mittrügen. Er forderte ein Überprüfungsverfahren als Vorstufe zu einem möglichen Parteiverbotsverfahren. „Genügend Anhaltspunkte dafür sehe ich jedoch ganz klar“, so Kiesewetter. Über ein konkretes Verbot könne nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, wies die Kritik der Union zurück. „Wären jetzt Kontakte nach Moskau Landesverrat, hätte schon CSU-Chef Franz Josef Strauß Landesverrat begangen, als er 1987 mit eigenhändig gesteuertem Flugzeug zu Gesprächen nach Moskau flog, mitten in dessen völkerrechtswidrigem Angriffskrieg gegen Afghanistan“, sagte Baumann dem Handelsblatt. Er betonte zudem, die AfD-Bundestagsfraktion habe in einer einstimmigen Resolution den russischen Angriff auf die Ukraine „unmissverständlich als völkerrechtswidrigen Angriffskrieg brandmarkt“. 

Pistorius fordert neue Führungs- und Fehlerkultur in der Truppe 

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat einen Bürokratieabbau in der Bundeswehr angekündigt und zu einer neuen Führungs- und Fehlerkultur in der Truppe aufgerufen. Bis Ostern solle eine Modernisierungsagenda vorgelegt werden, sagte der SPD-Politiker zum Abschluss der diesjährigen Bundeswehrtagung in Berlin. Vorgesetzte in der Bundeswehr dürften nicht verwalten, sie müssten führen. Führung bedeute, auch Fehler zuzulassen. „Wenn niemand mehr wagt, falsch zu liegen, dann wagt auch niemand mehr, richtig zu handeln.“

Pistorius vergab nach eigener Aussage neben der Modernisierungsagenda weitere Aufträge in seinem Ministerium und der Bundeswehr. Dazu sollen in den kommenden Monaten Ergebnisse vorgelegt werden. Dazu zählen eine Evaluierung der Ausbildung von Wehrdienstleistenden, eine Strategie für die Reserve, ein „Aufwuchsplan“ mit konkreten Maßnahmen und Zahlen für die aktive Truppe sowie Reformvorschläge für eine Neustrukturierung des Beschaffungsamts der Bundeswehr in Koblenz.

Justizministerin Hubig: „Klare Stoppschilder“ bei voyeuristischen Aufnahmen

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig will bis Anfang 2026 einen Vorschlag für ein Gesetz vorlegen, das voyeuristische Aufnahmen unter Strafe stellt. „Wir tüfteln an der Norm, weil es nicht einfach ist, soziales Verhalten von strafwürdigem Verhalten abzugrenzen“, sagte die SPD-Politikerin vor der Justizministerkonferenz in Leipzig dem Deutschlandfunk.

Konkret gehe es um Aufnahmen, bei denen zielgerichtet etwa der bekleidete Po einer Frau gefilmt oder fotografiert werde, um sich daran gegebenenfalls sexuell zu erregen. Bei ihrer Herbsttagung wollen die Justizministerinnen und -minister der Länder unter anderem darüber beraten, ob solche voyeuristischen Aufnahmen strafbar werden sollen. Einen entsprechenden Antrag brachten Nordrhein-Westfalen und Hamburg ein.

Es gehe um Verhalten, durch das Frauen erheblich beeinträchtigt würden, Angst hätten und ihr Verhalten änderten, sagte Hubig. Die Gesellschaft müsse „klare Stoppschilder“ aufstellen und sagen: „Bestimmte Dinge sind nicht einfach doof, sondern sie sind strafbar“. Klar sei aus ihrer Sicht aber: Landschaftsfotos, auf denen zufällig eine Joggerin mit abgelichtet worden sei, sollten nicht strafbar werden. „Wir wollen nicht die Sittenpolizei sein.“

Als Beispiel nannte Hubig den Fall der Kölnerin Yanni Gentsch. Während sie im Februar joggte, hatte ein radfahrender Mann ihren Po gefilmt. Gentsch stellte den Mann zur Rede und filmte den Schlagabtausch, der seitdem tausendfach in sozialen Medien geklickt, geteilt und kommentiert wurde. Die Polizei habe ihr jedoch mitgeteilt, dass das Verhalten des Mannes nicht strafbar sei, berichtete die Frau.

„Wir sehen einfach, dass die sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum zunimmt und für viele Frauen und zum Teil für Männer ein echtes Problem geworden ist“, sagte Hubig. Frauen sollten sich frei bewegen können. „Dass sie nicht überlegen: Kann ich abends da noch langgehen? Oder ist das unangenehm, muss ich mich anders anziehen?“

Katja Guttmann

Linke erneut nicht ins Geheimdienst-Gremium gewählt

Die Linke hat es auch im zweiten Anlauf nicht geschafft, einen Sitz im Geheimdienst-Ausschuss des Bundestags zu bekommen. Die Abgeordnete Clara Bünger erreichte bei einer Abstimmung im Plenum nicht die nötige Mehrheit von 316 Stimmen.

Im Juni war bereits die Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek als Kandidatin für das Parlamentarische Kontrollgremium durchgefallen. Auch die damals nominierten AfD-Kandidaten Martin Hess und Gerold Otten verfehlten die nötige Mehrheit. So sitzt neben drei Unions-Abgeordneten und zwei SPD-Vertretern nur ein Vertreter der Opposition in dem Gremium, der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz.

Das Parlamentarische Kontrollgremium überwacht die Geheimdienste, bekommt Zugang zu sensiblen Informationen und tagt deshalb unter strenger Geheimhaltung in einem abhörsicheren Raum. Die Mitglieder werden von ihren Fraktionen nominiert, müssen aber auch im Bundestag gewählt werden. Die AfD war schon in den vergangenen Jahren nicht im Kontrollgremium dabei, die Linke hingegen schon.

Linken-Spitze kritisiert Israel-Beschluss der Parteijugend

Die Spitze der Linken übt scharfe Kritik an einem gegen Israel gerichteten Beschluss der Parteijugendorganisation Solid. „Im Parteivorstand herrschte eine sehr breite Einigkeit darüber, dass der verabschiedete Antrag inhaltlich nicht mit den Positionen der Linken vereinbar ist“, heißt es in einer Stellungnahme der Parteivorsitzenden Ines Schwerdtner und Jan van Aken.

Die Beschlusslage der Partei sei eindeutig: „Die Kritik der aktuellen israelischen Regierungspolitik ist absolut notwendig. Sie darf jedoch niemals den Schutz jüdischen Lebens infrage stellen oder die Existenz Israels delegitimieren.“ Zuvor hatten nach einem Bericht der Welt auch 17 Bundestagsabgeordnete der Linken in einem Brief an die Partei- und Fraktionsspitze gegen den Beschluss der Linksjugend protestiert, darunter die früheren Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch und Gregor Gysi.

Die Linksjugend Solid hatte bei einem Bundeskongress am vergangenen Wochenende den Beschluss „Nie wieder zu einem Völkermord schweigen“ mit rund 70 Prozent Zustimmung angenommen. Darin ist die Rede von einem „kolonialen und rassistischen Charakter des israelischen Staatsprojekts, der sich von seinen Anfängen bis heute in der Eroberung neuer Gebiete und in der Vertreibung ihrer Einwohner:innen ausdrückt“. Israel wird in dem Text ein „Apartheidsystem“ und ein „Genozid in Gaza“ vorgeworfen.

Weiter heißt es: Die „Befreiung Palästinas“ müsse als „Teil einer breiteren demokratischen und sozialistischen Revolution“ betrachtet werden. Es sei die Aufgabe deutscher Sozialisten, die „revolutionären demokratischen und sozialistischen Bewegungen in der Region“ zu unterstützen.

Stahlindustrie setzt auf Schulterschluss mit der Bundesregierung

Die Stahlindustrie hat sich nach dem Gipfeltreffen mit Bundeskanzler Friedrich Merz für ein gemeinsames Vorgehen zur Unterstützung der Schwerindustrie ausgesprochen. "Es war eine große Runde, aber ich glaube, es war gut und richtig, dass wir aus allen Perspektiven die Themen beleuchtet haben", sagte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Gunnar Groebler. Es sei klargeworden, dass das Thema Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie ganz vorne anstehe. "Der Handlungsdruck ist groß." Die Situation sei dramatisch. Notwendig sei unter anderem ein fairer Wettbewerb statt Marktverzerrung und ein robuster Handelsschutz.

Bundestag beschließt Sparpaket gegen höhere Kassenbeiträge

Der Bundestag hat ein Sparpaket beschlossen, das den Druck für erneute Anhebungen der Krankenkassenbeiträge im nächsten Jahr mindern soll. Das Gesetz von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sieht dafür Ausgabenbremsen vor allem bei den Kliniken vor, um eine für 2026 ermittelte Finanzlücke von zwei Milliarden Euro bei den gesetzlichen Krankenkassen zu schließen.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Ministerium, Georg Kippels (CDU), sagte in der Debatte, die Koalition stabilisiere so die Beitragssätze und halte ihr politisches Versprechen. „Seit 2019 ist es damit das erste Mal, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag nicht erhöht werden muss.“

Die Opposition warnte dagegen vor dennoch steigenden Beiträgen 2026. Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sprach von Etikettenschwindel und warf der Regierung vor, den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Linke-Fachpolitiker Ates Gürpinar sagte, das Versprechen sei nichts wert.

Konkret sollen bei den Kliniken 1,8 Milliarden Euro eingespart werden. Dafür soll der Anstieg der Vergütungen auf die tatsächlichen Kostensteigerungen der Krankenhäuser begrenzt werden. Bei den Verwaltungskosten der Krankenkassen sollen 100 Millionen Euro eingespart werden, etwa bei Porto oder Werbeaktionen. Weitere 100 Millionen Euro bringen soll eine Halbierung der Einzahlungen aus Kassenmitteln in einen Fonds zur Versorgungsforschung.

Direkt stabile Beiträge festlegen kann die Politik nicht. Über die Zusatzbeiträge für 2026 für ihre Versicherten entscheiden die Kassen je nach ihrer Finanzlage in den kommenden Wochen selbst. Ein zuständiger Schätzerkreis hatte für 2026 einen rechnerischen Wert von 2,9 Prozent ermittelt – das ist das aktuelle Niveau. Nicht berücksichtigt in der Prognose ist aber, wenn Kassen ihre Reserven auf vorgeschriebene Mindestniveaus auffüllen müssen.

Deutschland als „Bordell Europas“: Warken will neue Regeln für Sexarbeit

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) spricht sich für ein "Sexkaufverbot" in Deutschland aus. Deutschland brauche ein solches strafbewehrtes Verbot, wie es andere Länder bereits hätten, sagte Warken der Rheinischen Post. Prostituierte sollten straffrei bleiben und umfassende Ausstiegshilfen erhalten. „Deutschland darf nicht länger das Bordell Europas sein“, pflichtete Warken ihrer Parteikollegin und Bundestagspräsidentin Julia Klöckner bei. 

Klöckner hatte sich ebenfalls für schärfere Regeln gegen Prostitution in Deutschland ausgesprochen. Die bisherige Gesetzgebung in Deutschland schütze Prostituierte nicht ausreichend, so Klöckner. Wörtlich sagte sie, Deutschland sei der „Puff Europas“. 

Warken, die auch Vorsitzende der Frauen Union ist, sprach sich für das sogenannte Nordische Modell aus. Dieses stellt den Kauf sexueller Dienstleistungen sowie deren organisierte Vermittlung unter Strafe, entkriminalisiert aber die Prostituierten selbst und bietet ihnen umfassende Unterstützung beim Ausstieg und Neuanfang. Schweden, Norwegen, Island, Kanada, Nordirland, Frankreich, Irland und Israel setzten den Ansatz bereits um.

Prostitution ist in Deutschland zulässig, solange sie freiwillig von Erwachsenen ausgeübt wird. 2017 trat hierzulande das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft. Für Prostituierte besteht demnach eine Anmeldepflicht, für Prostitutionsgewerbe wie etwa Bordelle eine Erlaubnispflicht. 

Carina Seeburg

Merz lädt zu Stahlgipfel ins Kanzleramt

Bei einem Stahlgipfel berät Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) heute mit Vertretern der Branche und aus den Bundesländern, wie die kriselnde Stahlindustrie gestützt werden kann. An dem Treffen nehmen weitere Regierungsmitglieder wie Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD), Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sowie Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) teil. Daneben kommen Regierungschefs von Ländern mit einer starken Stahlbranche, wie Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Brandenburg und dem Saarland – sowie Unternehmenschefs und Arbeitnehmervertreter.

Die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Sachsen und Saarland haben einen Tag vor dem Gipfel einen umfangreichen Forderungskatalog an die Bundesregierung veröffentlicht. Sie pochen in dem Papier etwa darauf, dass ein EU-Zollkontingent für Stahlimporte eingeführt wird. Zudem sollen Importe von Stahl- und Stahlprodukten aus Russland einem Einfuhrverbot in die EU unterliegen.

Merz betonte, dass Deutschland die Stahlindustrie brauche, und zwar „wettbewerbsfähig, zukunftssicher, modern“. Die Branche liege im strategischen Interesse des Landes, schrieb er auf der Plattform X. „Das sichert Arbeitsplätze und Wertschöpfungsketten. Das sichert den Wohlstand unseres Landes."

Hintergrund sind die wirtschaftlichen Probleme in einer von Überkapazitäten geprägten Branche. Im Westen machen europäischen Stahlfirmen die US-Importzölle von 50 Prozent zu schaffen. Im Osten hat China große Überkapazitäten aufgebaut und drückt seinen Stahl auch auf den europäischen Markt. Politiker von CDU und SPD beklagen Dumpingpreise, um die europäische Konkurrenz auszuschalten. Um die angeschlagene Branche vor einem unfairen internationalen Wettbewerb zu schützen, sollten außerdem die EU‑CO₂‑Grenzzölle für Einfuhren aus Ländern ohne vergleichbare Umweltanforderungen verschärft werden, fordern die fünf Landesregierungen in ihrem Katalog.

CDU-Verteidigungspolitiker Röwekamp will alle jungen Männer mustern lassen

In der Diskussion über das neue Wehrdienstmodell plädiert der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Thomas Röwekamp, dafür, alle jungen Männer zu mustern. „Wenn wir unsere Verteidigungsfähigkeit ernst nehmen, führt kein Weg an einer flächendeckenden Musterung vorbei. Nur wenn wir wissen, über welches personelle Potenzial wir im Ernstfall verfügen, können wir unsere Streitkräfte zielgerichtet stärken“, sagte der CDU-Politiker der Rheinischen Post.

„Gleichzeitig müssen wir die Frage beantworten, wie wir aus den gemusterten Jahrgängen diejenigen auswählen, die tatsächlich ihren Dienst leisten“, sagte Röwekamp. „Wenn wir unsere Truppenstärke auf 260 000 erhöhen wollen, reicht es nicht, nur zu wissen, wer tauglich ist – wir müssen auch festlegen, nach welchen Kriterien eingezogen wird.“ Das könne über ein transparentes Losverfahren, über eine abgestufte Tauglichkeitsbewertung oder über definierte Bedarfsprofile erfolgen, die sich an den Anforderungen der Streitkräfte orientierten, sagte er.

Röwekamp hatte sich am Anfang der Woche bereits in der Augsburger Allgemeinen hinter einen entsprechenden Vorstoß des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Carsten Breuer, gestellt. Dieser hatte dem RND gesagt: „Aus militärischer Sicht ist es entscheidend, dass jeweils der gesamte Jahrgang gemustert wird. Nur so wissen wir, wer zur Verfügung steht und auf wen wir im Verteidigungsfall, den wir verhindern wollen, zugreifen könnten.“ Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will eine flächendeckende Musterung aller jungen Männer.

Das neue Wehrdienstgesetz soll zum 1. Januar in Kraft treten, der Bundestag hat sich bereits in erster Lesung damit befasst. Der Wehrdienst soll zunächst auf Freiwilligkeit beruhen. Fachpolitiker von Union und SPD hatten in der Debatte um das neue Wehrdienstgesetz vorgeschlagen, junge Männer per Losverfahren zur Musterung und, wenn nötig, später auch per Zufallsauswahl für einen Pflichtdienst heranzuziehen, wenn die Freiwilligenzahlen zu gering bleiben. Auch Röwekamp hatte diesen Weg zunächst verteidigt. Eine abschließende Haltung hierzu hat die Koalition nicht.

Linus Freymark

800 Millionen Euro für Neubauförderung

Die Bundesregierung will den Wohnungsbau ankurbeln und reaktiviert dafür eine vor Jahren abgeschaffte, sehr beliebte Neubauförderung. 800 Millionen Euro sollen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur zur Verfügung stehen, um von Mitte Dezember an wieder Effizienzhäuser mit dem Standard EH55 zu fördern. Das sind Gebäude, die 55 Prozent der Energie verbrauchen, die ein Standardhaus benötigt.

Die Ampel-Regierung hatte diese Förderung 2022 eingestampft mit dem Argument, dieser Energiestandard habe sich längst auf dem Markt durchgesetzt. Daher sollte fortan der strengere und teurere Energieeffizienzhaus-40-Standard gefördert werden. In der Folge legten viele Investoren ihre Planungen für EH55-Häuser auf Eis und bauten überhaupt nicht.

Sina-Maria Schweikle

Erste Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates

Am Mittwochabend kam in Berlin erstmals der Nationale Sicherheitsrat zusammen. Mit der konstituierenden Sitzung setzte die Bundesregierung ein zentrales Vorhaben des Koalitionsvertrags und ein zentrales Anliegen von Bundeskanzler Merz (CDU) um. In dem geheim tagenden Gremium werden künftig die wesentlichen Fragen der nationalen Sicherheit in einem abhörsicheren Konferenzraum behandelt. 
 
Wie aus einer Mitteilung der Bundesregierung hervorgeht, stand in der ersten Sitzung vor allem der „Beschluss eines ressortübergreifenden Aktionsplans zur Abwehr hybrider Bedrohungen” im Mittelpunkt. Dieser Aktionsplan umfasst demnach unter anderem Maßnahmen zur Spionageabwehr und zum Schutz kritischer Infrastrukturen. Damit reagiert die Bundesregierung auf die Zunahme hybrider Bedrohungen für Deutschland, „die insbesondere von Russland ausgehen”. 

Ferner hat sich der Nationale Sicherheitsrat mit der Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen beschäftigt. „Die Maßnahmen umfassen unter anderem die Bereiche Kreislaufwirtschaft, Lagerhaltung und Stärkung des heimischen Bergbaus”, heißt es in der Presseerklärung. Bis zum Jahresende will die Bundesregierung einen Aktionsplan zur Diversifizierung und Stärkung der Resilienz der Rohstoffversorgung erarbeiten. Nachdem China schwere Seltene Erden auf seine Exportkontrollliste setzte – Rohstoffe, die für den Bau von Elektroautos und Rüstungsgütern relevant sind –, wurde in den vergangenen Wochen deutlich, wie sehr Deutschland  und Europa von diesen Rohstoffen abhängig ist. 

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