Bundesländerstellen Forderungen an Merz: Löcher, die der Booster reißt

vor 1 Tag 1

Die Ministerpräsidenten wollen den von der großen Koalition versprochenen „Investitionsbooster“ für die deutsche Wirtschaft nur dann billigen, wenn ihnen der Bund bei der Finanzierung ihrer Steuerausfälle durch den Booster entgegenkommt. Nach einem Treffen in Berlin machten die Regierungschefs der Länder klar, dass auch sie eine Ankurbelung der Wirtschaft für dringend nötig erachten. Der Booster würde bei Ländern und Kommunen aber zu erheblichen Steuerausfällen führen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU)  verwies darauf, dass sich Deutschland schon das dritte Jahr in einer Rezession befinde - und das die Haushalte von Ländern und Kommunen bereits hart treffe.

Bundeskanzler Friedrich Merz konnte wegen seiner USA-Reise nicht an den Beratungen der Ministerpräsidenten teilnehmen. Am Mittwoch hatte er sich vor seinem Abflug mit den Länderchefs aber immerhin noch zu einem Abendessen getroffen. Es sollte eine Geste des Respekts sein, was offensichtlich auch als solche ankam. Das Klima bei dem Treffen sei gut gewesen, hieß es anschließend auf Länderseite. Merz habe sich gesprächsbereit gezeigt. Es soll jetzt schnell ein weiteres Treffen der Ministerpräsidenten geben – dann mit Kanzler. Es wird am 18. Juni stattfinden.

Ein solches Treffen ist auch dringend nötig, denn die Differenzen zwischen Bund und Ländern sind noch gewaltig. Das zeigt auch ein gemeinsamer Brief der CDU-Ministerpräsidenten. Darin fordern sie, dass der Bund sich an die sogenannte Veranlassungskonnexität halten soll, die im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Dort heiße es: „Wer bestellt, bezahlt.“ Das müsse jetzt zügig umgesetzt werden, so die CDU-Länderchefs. Sie fordern über den Investitionsbooster hinaus auch ein grundsätzliches Umdenken. In ihrem Brief heißt es: „Ziel ist ein regelgebundener, dauerhafter und überprüfbarer Mechanismus, der den finanziellen Ausgleich zugunsten der Länder schafft, wenn Bundesgesetze zu Mehrausgaben oder Mindereinnahmen der Länder und Kommunen führen.“

Nur Söder hat nicht unterzeichnet

Der einzige Unions-Ministerpräsident, der nicht zu den Unterzeichnern gehört, ist Markus Söder. Als CSU-Chef und Mitglied des Koalitionsausschusses hat er allerdings auch eine aktive Rolle auf Bundesebene, würde also in gewisser Weise sich selbst ermahnen. Hinzu kommt: Drei der kostspieligen Vorhaben des Bundes – Mütterrente, Gastrosteuer und Agrardiesel – sind während der Koalitionsverhandlungen auf sein Drängen hin vereinbart worden. Söder forderte seine Kollegen deshalb auf, sich kompromissbereit zu zeigen und nicht um jeden Euro zu feilschen.

Die anderen 15 Ministerpräsidenten wünschen sich zwar ebenfalls eine möglichst schnelle Verständigung. Sie verweisen aber darauf, dass der Investitionsbooster bei Ländern und Gemeinden bis zum Jahr 2029 zu Steuermindereinnahmen von mehr als 25 Milliarden Euro führen würde.

Bei der Vorstellung des Sofortprogramms von Union und SPD in der vergangenen Woche hatte sich Merz noch irritiert von den Forderungen der Länder gezeigt. Er verwies darauf, dass diese ja schon 100 Milliarden Euro aus dem Infrastruktur-Sondervermögen vom Bund bekämen – für Aufgaben, die eigentlich Ländersache seien. Diese Argumentation aber kommt bei den Ländern nicht gut an. Aus ihrer Sicht würden auf diese Weise die Ziele des Sondervermögens ad absurdum geführt – schließlich solle das Sondervermögen Investitionen anreizen und nicht Steuermindereinnahmen kompensieren.

Die Zeit jedenfalls drängt: Geht es nach Merz und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD), soll der Bundesrat dem Entlastungspaket noch in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 11. Juli zustimmen. Die Ministerpräsidenten versicherten am Donnerstag, dass auch sie diesen Termin möglich machen wollen. „Die Zeit ist sehr knapp“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD). Es werde deshalb jetzt eine kleine Arbeitsgruppe aus Vertretern beider Seiten eingesetzt, die so viel wie möglich bereits vor dem nächsten Treffen mit dem Bundeskanzler klären solle.

In der Unionsfraktion gibt es allerdings erhebliche Vorbehalte gegen Zugeständnisse des Bundes. „Länder und Kommunen sind Netto-Profiteure“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Mathias Middelberg. Er verwies darauf, dass der Bund allein die Schulden und Zinslasten für den geplanten 500 Milliarden Euro schweren Sondertopf zur Modernisierung der Infrastruktur in Deutschland trage. Und das, obwohl 100 Milliarden Euro davon an die Länder gingen, ohne dass sie sich an den Zinslasten beteiligen müssten.

Gesamten Artikel lesen